Bei Kindern oft nicht die beste Wahl |
Klinische Daten liegen für die Anwendung bei bestimmten neurologischen Erkrankungen vor. Kinder und Jugendliche mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) können laut einigen randomisierten placebokontrollierte Studien von Melatonin profitieren. Für sie und zwei- bis 18-Jährige mit dem Smith-Magenis-Syndrom steht mit Slenyto® seit Januar 2019 ein zugelassenes Melatonin-haltiges Arzneimittel zur Verfügung. Es ist indiziert, wenn bei der genannten Patientengruppe nicht medikamentöse Maßnahmen den Schlaf nicht ausreichend verbessern.
Die Wirksamkeit lässt sich dadurch erklären, dass Menschen mit ASS eine abnormale zirkadiane Rhythmik der Melatoninfreisetzung aufweisen können. Gemäß einem Review aus dem Jahr 2014 ist die Gabe von exogenem Melatonin bei abnormalen Schlafparametern bei ASS als evidenzbasiert zu betrachten. Die Autoren berichteten von höchstens minimalen Nebenwirkungen (»Current Clinical Pharmacology«, DOI: 10.2174/15748847113086660072).
Es gibt auch Hinweise, dass Melatonin Kindern bei Schlafstörungen im Rahmen von anderen neurologischen Auffälligkeiten wie der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder geistiger Behinderung helfen kann sowie bei einigen genetisch bedingten Entwicklungsstörungen wie dem Rett-Syndrom und chronischen Erkrankungen wie der atopischen Dermatitis. Dabei ist allerdings zu beachten, dass an erster Stelle immer die Therapie der eigentlichen Ursache der Schlafprobleme stehen sollte. Bei Kindern mit atopischer Dermatitis ist entsprechend primär der Juckreiz zu behandeln, der am Einschlafen hindert.
Beim Syndrom der verzögerten Schlafphasen (DSPD) sezerniert der Körper verzögert Melatonin, so dass die abendliche Schläfrigkeit später einsetzt. Die natürliche morgendliche Aufwachzeit ist ebenfalls später, wird aber durch soziale Rahmenbedingungen wie Schule oder Kindergarten schon früher erzwungen. Das Syndrom tritt häufig in der Pubertät und vor allem bei Jungen auf. Betroffene leiden infolge des gestörten Rhythmus unter Tagesschläfrigkeit. Hier kann Melatonin einer Metaanalyse zufolge Erleichterung verschaffen (»Sleep« 2010, DOI: 10.1093/sleep/33.12.1605). Probleme mit dem zirkadianen Rhythmus bei blinden Menschen werden als Non-24-Syndrom bezeichnet. In kontrollierten Studien wurde aber noch nicht untersucht, ob Melatonin auch bei betroffenen Kindern wirksam ist.