Behörden haben bald direkten Zugriff auf Securpharm-Alarme |
Jennifer Evans |
27.04.2022 09:00 Uhr |
Seit Februar 2019 müssen Apotheken vor Abgabe einer Rx-Packung den darauf aufgedruckten Data-Matrixcode scannen. Weil dabei noch immer zu viele Fehlalarme entstehen, wollen die Behörden jetzt härter durchgreifen. / Foto: Adobe Stock/pikselstock
Inzwischen ist die Alarmquote im Fälschungsschutzsystem für Arzneimittel zwar zurückgegangen, doch sie ist noch immer zu hoch. Laut aktuellem Securpharm-Statusbericht lag die Quote für Apotheken und Großhandel im Jahr 2021 bei 0,14 Prozent bei durchschnittlich 39 Millionen Transaktionen pro Woche. Im Vorjahr waren es noch 0,28 Prozent auf 34 Millionen Transaktionen. Die Zielmarke für die gesamt-europäische Alarmquote beträgt allerdings 0,05 Prozent, was hierzulande rund 3500 Alarmen pro Tag entspricht. Derzeit gibt es nach Angaben der ABDA aber noch knapp 8000 Alarme täglich.
Die Ursache für viele Alarme ist oft auf Handhabungsfehler, falsch eingestellte Scanner oder unvollständig hochgeladene Packungsdaten zurückzuführen. Die PZ hatte schon mehrfach über die häufigen Fehlerquellen berichtet. In den vergangenen zwei Jahren waren die Behörden mit anderen Themen beschäftigt. Doch künftig werden sie die verantwortlichen Marktteilnehmer genauer unter die Lupe nehmen. Das grundsätzliche Recht dazu ist bereits in der Delegierten Verordnung der EU-Kommission aus dem Jahr 2015 verankert. Derzeit ist es den Behörden schon auf Anfrage in der Securpharm-Geschäftsstelle möglich, Informationen zu den Alarmen zu erhalten. Bei dieser Abfrage handelt es sich aber noch um einen mehrstufigen Prozess.
Das wird sich in diesem Jahr ändern: »Voraussichtlich 2022 sollen mit der Vereinbarung zur Systemnutzung und Legitimation auch die weiteren Zugangsvoraussetzungen abgeschlossen werden«, heißt es nun ziemlich konkret im Statusbericht. Mit anderen Worten: Die Behörden bekommen selbst Zugang zum System, um Prüfpfade selbstständig abzufragen. Im vergangenen Jahr hatten sie bereits in 445 Fällen die Geschäftsstelle um Auskunft gebeten.
Außerdem dürfen die Behörden künftig auch Berichte zur Überwachung der Marktteilnehmer sowie zur Pharmakovigilanz und Pharmakoepidemiologie einsehen. Diese Reports existieren im Übrigen gleichermaßen in den anderen EU-Ländern, um unter anderem Verstößen gegen die Fälschungsschutzrichtlinie auf die Spur zu kommen. Denn damit sind die Aktionen einzelner Akteure nachvollziehbar. Derzeit arbeitet Securpharm außerdem an einer Verknüpfung der nationalen Alert-Systeme über eine standardisierte Schnittstelle, um die Prozesse international zu vereinheitlichen.
Zu Erinnerung: Seit dem 9. Februar 2019 sind Apotheken verpflichtet, vor Abgabe von Rx-Präparaten den Data-Matrix-Code auf der Schachtel zu scannen, um diese auf Echtheit zu überprüfen. Der europaweite Überwachungsmechanismus, hinter dem hierzulande die Organisation Securpharm steht, soll die Sicherheit im legalen Arzneimittelhandel wahren.
Zehn Jahre liegt inzwischen die Gründung der deutschen Organisation für die Echtheitsprüfung zurück. Auch deshalb hielt es die ABDA wohl für einen guten Zeitpunkt, das Design der Securpharm-Website zu modernisieren und die Informationen für die Nutzer kompakter zu präsentieren, um ihnen künftig die Suche nach Antworten zum Fälschungsschutzsystem etwa mit kleinen Erklärtexten zu erleichtern.
Auch die richtigen Ansprechpartner bei Problemen, Wünschen oder Kritik sind nach Angaben der Bundesvereinigung nun online besser auffindbar. Darüber hinaus bündelt der aktualisierte FAQ-Katalog die Einzeldokumente und erläutert im Detail, wie sich ein Alarm rekonstruieren lässt und welcher Akteur im System welchen Statuts setzen kann. Zudem gibt es Antworten darauf, wie sich mittels der Transaktionshistorie erkennen lässt, wie doppelte Ausbuchungen oder Rückbuchungen zustande gekommen sind oder wie Arzneimittel zu lagern sind, die unter einem konkreten Fälschungsverdacht stehen.
Die ABDA weist gegenüber der PZ noch einmal darauf hin, wie wichtig es ist, Fehlalarmen in der eigenen Offizin auf den Grund zu gehen. Nicht nur mit Blick auf die neuen Zugriffsmöglichkeiten der Behörden, sondern auch, weil sich der E-Rezept-Code in Zukunft mit demselben Scanner auslesen lässt wie der Data-Matrix-Code einer Rx-Packung. Eine Apotheke sei also gut beraten, wenn alles reibungslos funktioniere, heißt es seitens der Bundesvereinigung.