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Spinnenphobie

Weniger ängstlich durch Betablocker

15.12.2015  14:28 Uhr

Von Annette Mende / Eine einmalige Behandlung mit dem Betablocker Pro­pranolol ist in einer kleinen Studie bei Patienten mit Spinnenphobie bemerkenswert erfolgreich gewesen.

 

Die Autoren Dr. Marieke Soeter und Professor Dr. Merel Kindt von der Universität Amsterdam nutzten den Arzneistoff, um die sogenannte Rekonsolidierung der Phobie bei den Patienten zu unterbrechen. In dieser Phase stabilisieren sich Erinnerungen, nachdem sie durch die Reaktivierung eines Gedächtnisinhalts in einen labilen Zustand überführt wurden. 

Durch gezielte Einflussnahme während der Rekonsolidierung können Erinne­rungen verstärkt oder abgeschwächt werden. Erstmals konnte nun in der im Fachmagazin »Biological Pschiatry« erschienenen Arbeit gezeigt werden, dass das nicht nur bei Versuchstieren im Labor funktioniert, sondern auch bei Patienten mit einer Phobie (DOI: 10.1016/j.biopsych.2015.04.006).

 

Im Rahmen der Studie wurden 30 Pa­tienten mit Spinnenphobie zunächst zwei Minuten lang mit einer Spinne konfrontiert und erhielten anschließend zu jeweils der Hälfte doppelblind und randomisiert entweder 40 mg Propranolol oder Placebo. Eine dritte Gruppe mit ebenfalls 15 Patienten erhielt den Betablocker ohne vorherige Spinnen­exposition. Bei denjenigen, die zuvor dem Gegenstand ihrer Phobie ausgesetzt gewesen waren, hatte Propranolol eine starke und anhaltende Wirkung: Sie vermieden nicht mehr länger die Begegnung mit Spinnen, sondern konnten sich ihnen im Gegenteil sogar nähern; ein Effekt, der über mindestens ein Jahr anhielt – wohlgemerkt nach einer einmaligen Intervention.

 

In einer begleitenden Pressemitteilung vergleicht Kindt die Wirkung mit der einer Operation, als habe man den Patienten die Angst herausoperiert. Sollte sich die Wirksamkeit in größeren Studien bestätigen, könnte das die Behandlung von Patienten mit Phobien oder auch mit posttraumatischer Belastungsstörung drastisch verkürzen. Mit der heute üblichen Verhaltens­therapie dauert es oft sehr lange, bis eine Besserung erreicht werden kann. /

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