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Unglücklich zu sein ist kein Sterberisiko

15.12.2015  16:35 Uhr

Von Annette Mende / Eigentlich klang es immer schon zu schön, um wahr zu sein: Glückliche Menschen haben nicht nur mehr vom Leben, sondern sollen durch ihre positive Grundeinstellung angeblich auch noch länger leben als Miese­peter.

 

Stimmt nicht, sagen jetzt Forscher um Dr. Bette Liu von der University of New South Wales im australischen Sydney im Fachjournal »The Lancet« (DOI: 10.1016/S0140-6736(15)01222-2). Sie begleiteten mehr als 700 000 britische Frauen im mittleren Alter zehn Jahre lang und fanden heraus: Glück an sich wirkt nicht lebensverlängernd. Der vielfach beobachtete Effekt, dass unglückliche Menschen früher sterben, beruht lediglich darauf, dass diese häufiger krank sind und ein ungesünderes Leben führen als die Gutgelaunten. Offenbar wurden hier bislang Ursache und Wirkung vertauscht.

Für die Analyse wurden Teilnehmerinnen der Million Women Study, einer prospektiven Langzeitunter­suchung in Großbritannien, zunächst gebeten, anhand eines Fragebogens Gesundheit, Zufriedenheit, Stress, Entspanntheit sowie das Gefühl der Kon­trolle über das eigene Leben bei sich selbst einzuschätzen. In den folgenden zehn Jahren erfassten die Forscher kardiovaskuläre, krebsbedingte und Gesamtsterblichkeit in diesem Kollektiv. Das Ergebnis: Schlechte Gesundheit drückte den Teilnehmerinnen auf die Stimmung, auch waren Raucherinnen häufiger unglücklich als Nichtraucherinnen. Frauen, die sich selbst als unglücklich einstuften, waren zudem häufiger einsam und trieben weniger Sport. Wurden jedoch diese Faktoren sowie andere, die bekanntermaßen das Sterberisiko erhöhen, heraus­gerechnet, verschwand die Assoziation zwischen Unglücklichsein und erhöhter Mortalität. Für selbst berichteten Stress und mangelnde Kontrolle galt dasselbe.

 

»Krankheit macht unglücklich, aber Unglücklichsein macht per se nicht krank«, fasst Liu zusammen. Streng genommen ist diese Aussage allerdings nur für Europäerinnen mittleren Alters möglich, da keine anderen Menschen in dieser Studie untersucht wurden. Dennoch kann das Ergebnis vermutlich all jene Unglücklichen trösten, die aufgrund ihrer Niedergeschlagenheit auch noch um ihre körperliche Gesundheit fürchten. /

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