Kaliumretinierende Diuretika und Kaliumsalze |
17.12.2007 13:23 Uhr |
Kaliumretinierende Diuretika und Kaliumsalze
Von Andrea Gerdemann, Nina Griese und Martin Schulz
Die Interaktion zwischen kaliumretinierenden Diuretika und Kaliumsalzen wird von der ABDA-Datenbank als schwerwiegend eingestuft. Es besteht die Gefahr, dass sich eine im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Hyperkaliämie entwickelt. Typische Symptome dafür sind Parästhesien, Muskelschwäche und Herzrhythmusstörungen.
Spironolacton, das zu den kaliumsparenden Diuretika gehört, ist ein kompetitiver Antagonist des Mineralocorticoids Aldosteron. Durch die Verminderung der Resorption von Natriumionen im Tubulussystem wird die Ausscheidung von Natriumionen und Chlorid verstärkt, während die Ausscheidung von Kaliumionen gesenkt wird. Hauptindikationen für Spironolacton sind die Behandlung des primären oder sekundären Hyperaldosteronismus sowie die Therapie von Ödemen bei chronischer Herzinsuffizienz. In den Ergebnissen der RALES-Studie von 1999 zeigte sich, dass gleichzeitig zur Standardtherapie gegebenes niedrig dosiertes Spironolacton die Mortalität der schweren Herzinsuffizienz senken konnte (1). Durch die Ergebnisse der Studie lassen sich die in den vergangenen Jahren kontinuierlich ansteigenden Verordnungszahlen von Spironolacton-Monopräparaten erklären. 2006 wurden 72 Millionen definierte Tagesdosen (DDD) verordnet, im Vergleich dazu waren es 1998 32 Millionen (2). Ein weiterer Aldosteronantagonist, der seit 2004 erhältlich ist, ist Eplerenon. Diese Substanz hat allerdings in Europa nur eine eingeschränkte Zulassung. Zugelassen ist die Anwendung zusätzlich zu einer Standardtherapie, die Betablocker einschließt, zur Verringerung des Risikos der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität bei stabilen Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion und klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz nach kürzlich aufgetretenem Herzinfarkt.
Weitere kaliumretinierende Diuretika sind Triamteren und Amilorid. Sie wirken über eine direkte Hemmung der Natriumpumpe, die die Ausscheidung von Natriumionen, Chlorid und auch Hydrogencarbonat steigert sowie die Kaliumsekretion hemmt. Anwendungsgebiete von Triamteren sind arterielle Hypertonie, kardiale, hepatogene oder nephrogene Ödeme und chronische Herzinsuffizienz. Amilorid ist wie Triamteren nur als Kombinationspräparat, in der Regel kombiniert mit Hydrochlorothiazid auf dem Markt. Es wird bei arterieller Hypertonie sowie kardialen und hepatischen Ödemen eingesetzt.
Kaliumsalze werden bei Kaliummangelzuständen (Serumkaliumionenkonzentration kleiner als 3,5 mmol/l) oder auch vorbeugend angewendet bei gleichzeitiger Einnahme von Diuretika, die zu einer vermehrten Kaliurese führen, wie Schleifendiuretika und Thiazide.
Mechanismus
Bei der Interaktion zwischen kaliumretinierenden Diuretika und Kaliumsalzen handelt es sich um eine indirekte pharmakodynamische Interaktion, bei der die einzelnen Wirkmechanismen der Substanzen zu einem additiven Effekt führen.
Die Aldosteronantagonisten erhöhen den Serumkaliumionenspiegel durch die Hemmung der Natriumionen-Rückresorption im Tubulus. Triamteren und Amilorid reduzieren die Kaliumsekretion durch eine Hemmung der Natriumpumpe des tubulären Systems. Die Erhöhung des Serumkali-umionenspiegels durch Aldosteronantangonisten erfolgt dosisabhängig (3, 4). Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die die Entwicklung einer Hyperkaliämie begünstigen können; insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter glomerulärer Filtrationsrate (5):
hohe Dosierungen von Spironolacton (mehr als 25 mg/d) und Eplerenon (mehr als 50 mg/d)
Serumkaliumionenwerte vor Therapiebeginn von mehr als 4,5 mmol/l
zusätzliche Kaliumionenzufuhr, zum Beispiel Mineralstoffpräparate, Salzersatzprodukte
Diabetes mellitus
fortgeschrittene Herzinsuffizienz, häufig verbunden mit eingeschränkter Nierenfunktion (Kreatininclearance kleiner als 50 ml/min)
Volumenverlust (Einnahme von Schleifen- oder Thiaziddiuretika, gastrointestinale interkurrente Erkrankungen)
eingeschränkte glomeruläre Filtrationsrate
hohes Lebensalter (Minderung der Nierenfunktion)
Einnahme von Arzneimitteln, die Einfluss auf die Kaliumionen-Homöostase haben, zum Beispiel ACE-Hemmer, Angiotensin-Antagonisten, nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR), Kaliumsalze
Bei Einnahme von Spironolacton und Kaliumionen beträgt die Inzidenz einer Hyperkaliämie je nach Untersuchung zwischen 15 und 50 Prozent (6). Allerdings kann nicht nur die gleichzeitige Behandlung mit kaliumsparenden Diuretika und Kaliumsalzen, sondern auch die Monotherapie mit Spironolacton zur Hyperkaliämie führen. Bei alleiniger Gabe von Spironolacton liegt die Inzidenz dafür bei etwa 5 Prozent (6). Häufig geht sie einher mit einer Minderung der glomerulären Filtrationsrate, die bei der Einnahme von Spironolacton beobachtet wurde und nach Absetzen reversibel war (5). Von einer Hyperkaliämie spricht man ab Kaliumionenwerten von mehr als 5 mmol/l. Eine Hyperkaliämie kann sich schnell entwickeln, Kaliumionenwerte von mehr als 6,5 mmol/l sind bedrohlich, Werte über 8 mmol/l oft tödlich. Symptome sind Herz-Kreislauf-Beschwerden wie Arrhythmien, Blutdruckabfall, Herzstillstand sowie neuromuskuläre Beschwerden wie Muskelschwäche und Parästhesien. Insbesondere zu Beginn einer Hyperkaliämie kann diese allerdings bei vielen Patienten symptomarm verlaufen.
Die gleichzeitige Behandlung mit Kaliumsalzen und kaliumretinierenden Diuretika sollte vermieden werden. Auch dann, wenn zusätzlich kaliuretische Diuretika wie Schleifen- oder Thiaziddiuretika eingenommen werden. Dies gilt insbesondere für eine Selbstmedikation mit Kaliumsalzen, die grundsätzlich kritisch zu hinterfragen ist. Sollte aufgrund einer ausgeprägten Hypokaliämie die gleichzeitige Gabe indiziert sein, dann ist dies nur bei einem engmaschigen Monitoring möglich.
Interventionen
Während der Therapie mit Spironolacton muss grundsätzlich der Serumkaliumspiegel kontrolliert werden. Auch bei gleichzeitiger Behandlung mit Thiaziden oder Schleifendiuretika kann eine Hyperkaliämie auftreten (2). Vor allem bei Therapiebeginn mit einem Aldosteronantagonisten sollte ein engmaschiges Monitoring sowohl des Serumkaliumionenwertes als auch der Kreatininclearance durchgeführt werden. Die beiden Werte sollten im Abstand von einer, vier und zwölf Wochen nach Therapiebeginn bestimmt werden. Bei einem Serumkaliumionenwert zwischen 5,0 und 5,5 mmol/l sollte die Dosis des Aldosteronantagonisten halbiert werden; bei Werten über 5,5 mmol/l ist das Präparat abzusetzen (7). Bei gleichzeitiger Gabe von Kaliumsalzen ist das Monitoring noch wichtiger.
Bei dieser Interaktionsmeldung in der Apotheke sollte daher immer abgeklärt werden, ob eine Erst- oder Wiederholungsverordnung vorliegt, wer die Arzneimittel verschrieben hat und ob ein Monitoring der Serumkaliumionenspiegel durchgeführt wird.
Der Patient sollte bei der Einnahme eines Aldosteronantagonisten darauf hingewiesen werden, dass er sich möglichst kaliumarm ernähren sollte (cave: Salzersatzprodukte). Erkrankt der Patient während der Therapie, zum Beispiel mit Spironolacton, an Diarrhö und/oder Erbrechen, kann es zu einem Flüssigkeitsverlust kommen, der das Risiko für die Entstehung einer Hyperkaliämie erhöht. Bei Auftreten einer akuten Hyperkaliämie können zur Behandlung je nach Schweregrad Dialyseverfahren, Natriumhydrogencarbonat- und/oder Glucose-Altinsulin-Infusionen, Furosemid oder Kationenaustauscher eingesetzt werden (8).
Literatur
... bei den Verfassern
Kontakt:
Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis (ZAPP) der ABDA
Jägerstraße 49/50
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