Ausbildung weiterentwickeln |
06.12.2017 10:30 Uhr |
Von Birgit Vogt und Berit Winter / Bundesapothekerkammer (BAK), Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG), Konferenz der Fachbereiche Pharmazie und Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) haben gemeinsam den Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie – Perspektivpapier Apotheke 2030 (KLP-P) erarbeitet. Damit wird ein moderner Ansatz zur kompetenzorientierten Ausbildung verfolgt.
Mit der Verabschiedung des Perspektivpapiers Apotheke 2030 im Herbst 2014 wurde auch die Diskussion über die Weiterentwicklung der Apothekerausbildung angestoßen. Um den Entwicklungen in der Gesellschaft sowie Veränderungen im Gesundheitssystem zu begegnen, stehen im Perspektivpapier unter anderem patientenorientierte pharmazeutische Dienstleistungen im Vordergrund.
Kommunikation ist einer der sechs zentralen Kompetenzbereiche, die der KLP-P aus dem Perspektivpapier Apotheke 2030 abgeleitet hat.
Foto: iStock/stevecoleimages
Infolgedessen sollen Inhalte zur Durchführung dieser Dienstleistungen wie Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sowie Medikationsanalyse und Medikationsmanagement in der Ausbildung der Apotheker gestärkt werden. Bei der Umsetzung wurden die in der gültigen Ausbildungsordnung vorhandenen Spielräume genutzt. Daher befinden sich im Kompetenzorientierten Lernzielkatalog Pharmazie – Perspektivpapier Apotheke 2030 (KLP-P) Ausbildungsinhalte, die sich aus dem Perspektivpapier ableiten und in der Ausbildung der Apotheker intensiviert beziehungsweise neu eingeführt werden sollen, ohne dass die Ausbildungsordnung geändert werden muss.
Gültige AAppO als Rahmen
Grundlage für die Qualifikation der Apotheker ist der universitäre Hochschulstudiengang Pharmazie, der naturwissenschaftliche und heilberufliche Inhalte verbindet. Anschließend folgt die zwölfmonatige praktische Ausbildung.
Der Kompetenzorientierte Lernzielkatalog Pharmazie – Perspektivpapier Apotheke 2030 (KLP-P) wurde gemeinsam von Bundesapothekerkammer (BAK), Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), Konferenz der Fachbereiche Pharmazie und Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) erarbeitet. Er hat Empfehlungscharakter und soll den pharmazeutischen Hochschulinstituten sowie den Organisatoren, Lehrenden und Ausbildern während des Dritten Ausbildungsabschnittes Hilfestellung für die kompetenzorientierte Ausrichtung der Ausbildung geben. Der KLP-P ist auf der ABDA-Homepage unter www.abda.de/themen/apotheke/berufe/apotheker/ausbildung/ abrufbar.
Die Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) ist der bundeseinheitlich rechtliche Rahmen für die Apothekerausbildung. Sie gibt auch Inhalte vor, ohne jedoch deren Tiefe zu beschreiben. Dadurch gewährleistet sie eine gewisse Flexibilität, um die Anpassung an den Stand von Wissenschaft und Technik zu ermöglichen sowie zeitnah auf Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren.
Perspektivpapier Apotheke 2030 | Apothekerliche Kompetenzbereiche | |
---|---|---|
Näher am Patienten | Heilberufliches Netzwerk | Kommunikation, Intra- und interprofessionelle Zusammenarbeit Apothekerliche Haltung, Ethik |
Leistungen und Angebote | Information und Beratung | Pharmazeutisches Fachwissen |
Medikationsanalyse und Medikationsmanagement | ||
Pharmakovigilanz: Arzneimitteltherapiesicherheit | ||
Pharmakovigilanz: Arzneimittelsicherheit | ||
Individuelle Arzneimittel | ||
Prävention | ||
Qualifikation | Wissenschaftliches Arbeiten und Forschen | |
Heilberuflicher Auftrag | Qualität und Wirtschaftlichkeit | Management |
Diese Gestaltungsspielräume werden genutzt, um mit Einführung des KLP-P die Apothekerausbildung im Rahmen der gültigen AAppO weiterzuentwickeln. Die Grundidee für die Entwicklung des KLP-P ist nicht nur auf den Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) zurückzuführen, sondern auch auf ausländische Konzepte für die kompetenzorientierte Apothekerausbildung, zum Beispiel aus der Schweiz, aus Kanada und Australien.
Mit dem KLP-P haben wir Neuland betreten. Umso mehr freut es mich, dass DPhG, Konferenz der Fachbereiche Pharmazie, BPhD und BAK diesen Schritt gemeinsam gewagt haben. Ein großes Lob an alle, die daran mitgearbeitet haben! Wir haben Spielräume der gültigen Ausbildungsordnung genutzt, um notwendige Ausbildungsinhalte zu intensivieren, die aufgrund des Perspektivpapiers erforderlich sind. Und zum ersten Mal werden Ausbildungsinhalte nicht nur aufgelistet. Vielmehr wird beschrieben, was der angehende Apotheker nach der Lehreinheit können muss. Der KLP-P ist eine Empfehlung. Jetzt muss er mit Leben erfüllt werden. Ich bin zuversichtlich, dass dies gelingt.
Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer
Apothekerliches Kompetenzverständnis
Die Vermittlung pharmazeutischen Fachwissens ist ein wesentlicher Grundpfeiler der universitären Ausbildung der Apotheker. Der Wissenschaftsrat (WR) erachtet jedoch auch die Persönlichkeitsbildung sowie Arbeitsmarktvorbereitung für weitere wichtige Dimensionen akademischer Bildung.
Der KLP-P erhält auf jeden Fall die Zustimmung des BPhD. Eine besonders gute Idee für die universitäre Lehre stellt das deutliche Hervorheben alternativer kompetenzorientierter Lehr- und Lernmethoden dar, wie das Problemorientierte Lernen (POL). Jedoch muss betont werden, dass er sich lediglich auf das Perspektivpapier Apotheke 2030 bezieht und in dessen Rahmen Spielräume der Approbationsordnung für Apotheker aufzeigt. Im Hinblick auf eine Approbationsordnungsänderung kommt der Katalog durch seinen Empfehlungscharakter den Forderungen und Wünschen des BPhD kaum nach. Dennoch ist er ein guter Schritt in die richtige Richtung.
Elisabeth Schwarz, Beauftragte für Lehre und Studium beim BPhD
Mit Blick auf die Patientenorientierung in der Arzneimittelversorgung durch die öffentliche Apotheke ist neben der unstrittigen Vermittlung naturwissenschaftlicher und heilberuflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten auch der Aufbau personaler und sozialer Kompetenzen in der pharmazeutischen Ausbildung von Bedeutung. Mit dem KLP-P wird ein moderner Ansatz zur kompetenzorientierten Ausbildung der Apotheker verfolgt.
Der KLP-P Pharmazie ist ein gemeinsames Papier von BAK, DPhG, BPhD und Konferenz der Fachbereiche Pharmazie (Verband der Pharmazieprofessoren). Die Professorenschaft hat eine große Verantwortung für die Ausbildung der Apotheker und das Berufsfeld der öffentlichen Apotheke. Die Vermittlung des zugrundeliegenden Wissens bildet dabei die Voraussetzung für eine kompetenzorientierte Tätigkeit. Der Katalog fokussiert auf Anforderungen des Tätigkeitsbereichs Öffentliche Apotheke. Für uns Hochschullehrer ist er ein Leitfaden auf diesem Gebiet. Zusammen mit den noch zu erarbeitenden Katalogen für andere Berufsfelder kann eine abschließende Bewertung unserer jetzigen Ausbildung vorgenommen werden.
Professor Dr. Bernd Clement, Vorsitzender der Konferenz der Fachbereiche Pharmazie (Verband der Pharmazieprofessoren)
Kompetenz – also vorhandenes Wissen sowie damit verknüpfte Fertigkeiten, Fähigkeiten und Einstellungen – wird durch zielorientiertes Handeln in unterschiedlichen Situationen des beruflichen Alltags sichtbar. Die Fähigkeit, als Apotheker während der Berufsausübung Probleme zu lösen, Entscheidungen zu treffen und komplexe Aufgaben selbstständig zu bearbeiten, beruht demnach nicht allein auf abrufbarem Fachwissen.
Mit dem KLP-P liegt für den Tätigkeitsbereich Öffentliche Apotheke eine abgestimmte Meinung vor. Für andere Tätigkeitsbereiche wird das noch folgen. Der DPhG als Vertreterin der wissenschaftlichen Pharmazie war es wichtig, umfassendes und fundiertes Wissen als Basis jeglicher Kompetenz zu sehen. Die Pharmazie ist eine breite naturwissenschaftliche Dachwissenschaft und schlägt mit ihrem Wissen zum Arzneimittel die Brücke zur Medizin und dem Patienten. Die Ausgangslage war durchaus kontrovers, trotzdem konnten sich diesem Ziel alle Beteiligten – ABDA, BAK, Studenten, Professoren und DPhG – in einem ausgesprochen konstruktiven Prozess nähern.
Professor Dr. Stefan Laufer, Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG)
Auch Aspekte wie Kommunikation und Kooperation, aber auch apothekerliche Wertehaltungen bestimmen das verantwortliche berufliche Handeln. Auf Basis dieses bildungspolitisch sowie hochschuldidaktisch anerkannten Kompetenzmodells definiert der KLP-P die apothekerliche Kompetenz folgendermaßen: »Pharmazeutische Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Einstellungen, die zur verantwortlichen Ausübung des Apothekerberufes führen.«1
Sechs Kompetenzbereiche
Zwar fokussiert der KLP-P (derzeit) auf den Tätigkeitsbereich »Öffentliche Apotheke«. Die Grundsätze des apothekerlichen Kompetenzverständnisses sind jedoch auf alle pharmazeutischen Tätigkeitsbereiche übertragbar.
Universität | Projekt |
---|---|
Berlin | Medikations-Management-Center |
Bonn | Lehrkonzept der Klinisch-pharmazeutischen Ausbildung |
Braunschweig | »Flipped-Classroom-Modell« – Terminologiekurs Minisymposium Wahlpflichtarbeiten |
Erlangen-Nürnberg | Teacher-Practitioner-Projekt |
Frankfurt | Fertigarzneimittelseminar |
Greifswald | »Greifswalder Lehrapotheke« |
Mainz | OSCE-Prüfung in Klinischer Pharmazie Lehrkonzept Trainingsapotheke und Virtuelles Praktikum |
München | Lernprojekt »Patientenorientierte Pharmazie für Ärzte und Apotheker« |
Münster | PharmSchool-Projekt |
Insgesamt wurden aus dem Perspektivpapier Apotheke 2030 sechs zentrale Kompetenzbereiche abgeleitet (Tabelle 1). Diesen sind im KLP-P jeweils übergeordnete Kompetenzen, Lernziele und Ausbildungsinhalte zugeordnet. Für die Vermittlung der aufgezeigten Lernziele und Ausbildungsinhalte gibt es in der AAppO verschiedene Anknüpfungspunkte, die im KLP-P benannt werden. Es wird der konkrete Bezug zur AAppO und den darin aufgeführten Stoffgebieten hergestellt. Den Übersichten im Anhang des KLP-P werden dabei die beschriebenen Lernziele und Ausbildungsinhalte zu verschiedenen Zeitpunkten, in unterschiedlicher Niveaustufe und in mehreren fachlichen Zusammenhängen in der Ausbildung zugeordnet.
Umsetzung in die Praxis
Für die Umsetzung des KLP-P in der Ausbildung eignen sich insbesondere kompetenzorientierte Lehr- und Lernformate, wohl wissend, dass deren Umsetzung angesichts der für das Studium insgesamt zur Verfügung stehenden Zeit und der Ressourcen an den pharmazeutischen Instituten Grenzen haben. Der Kompetenzerwerb soll für die Studierenden erfahrbar sein und in regelmäßigen Abständen reflektiert werden. Die Entwicklung und Einführung innovativer Lehr- und Lernkonzepte, vor allem in der universitären Ausbildung der angehenden Apotheker, ist entscheidend, um den KLP-P in der Praxis umzusetzen. In Tabelle 2 sind exemplarisch einige Best-Practice-Beispiele für kompetenzorientierte Studiengangsgestaltung in der Pharmazie aufgeführt. /