Vorbereitungen laufen noch |
07.12.2010 13:10 Uhr |
Von Daniel Rücker, Bonn / Ab Anfang 2011 können Pharmaunternehmen die Preise für neue Arzneimittel nicht mehr allein festlegen. Der Nutzen entscheidet, wie viel die Gesetzliche Krankenversicherung für das Präparat bezahlen muss. Das genaue Prozedere der Nutzenbewertung ist wenige Wochen vor dem Start noch nicht endgültig geklärt.
Der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), Dr. Rainer Hess, ist nicht leicht aus der Ruhe zu bringen. Das ist auch gut so. Mittlerweile gibt es zwar die ersten Anfragen von Pharmaunternehmen. Die Rechtsverordnung für die Frühnutzenbewertung steht noch aus. Sie soll noch im Dezember verabschiedet werden. Die Verfahrensordnung lässt sogar bis Januar auf sich warten. Sie regelt, wie das Dossier aussehen soll, in dem die Pharmafirmen Daten zusammenstellen, anhand derer der GBA seine Bewertzung des Nutzens eines neuen Arzneimittels abgibt. Die Nutzenbewertung startet im Februar. Hess rechnet nicht mit Verzögerungen. »Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz ist für uns eine Herausforderung, die wir jetzt angehen«, sagte er bei einer Veranstaltung am 3. Dezember in Bonn.
Der Hersteller muss das Dossier spätestens bei der Markteinführung des neuen Präparates einreichen. Legt er es trotz Aufforderung des GBA nicht vor, gilt der Zusatznutzen als nicht belegt. Für die Bewertung des Nutzens bleiben drei Monate Zeit. Der GBA beauftragt damit das IQWiG um anschließend eine Entscheidung zu treffen, ob das neue Medikament einen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie hat. Maßstab dafür sind patientenrelevante Endpunkte, zum Beispiel eine längere Lebensdauer des Patienten oder eine bessere Verträglichkeit des Medikaments. Wird ein Zusatznutzen festgestellt, müssen Hersteller und GKV-Spitzenverband über den Erstattungspreis verhandeln, wobei der Grad des Zusatznutzens über die Höhe des Erstattungspreises entscheidet. Ist kein Zusatznutzen erkennbar, dann wird das Medikament in eine Festbetragsgruppe eingeordnet. Gibt es keine, dann darf der Preis der im Markt befindlichen Medikamente in dieser Indikation nicht überschritten werden.
Die neu eingeführte Frühnutzenbewertung erfordert eine gute Zusammenarbeit von GBA und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Denn der GBA will und darf auch die Zulassungsunterlagen nutzen. Dabei ist es unerheblich, ob ein Pharmahersteller dem BfArM die Weitergabe der Daten erlaubt. GBA und IQWiG verwenden die Informationen so oder so. Zusammenarbeit wollen GBA und BfArM auch bei der Beratung der Pharmaunternehmen. Vor Beginn der klinischen Studien der Phase III will man mit den Herstellern sprechen, damit diese ihre Untersuchungen an den Anforderungen der Behörden festmachen können.
Eine gemeinsame Beratung ist auch deshalb sinnvoll, weil BfArM und GBA/IQWiG zwar beide den Nutzen eines Medikamentes bewerten, dabei aber durchaus unterschiedliche Anforderungen haben können. So reicht dem BfArM für die Zulassung der Nutzen im Vergleich zur Verträglichkeit und Sicherheit des Arzneimittels, dem GBA geht es dagegen auch um einen Mehrnutzen gegenüber anderen Medikamenten und nicht medikamentösen Behandlungen.
Auch für Fachleute wird es nach der mit dem AMNOG eingeführten Nutzenbewertung schwierig sein, die Übersicht zu behalten. Denn parallel zu dieser Frühnutzenbewertung gibt es weiterhin die bereits existierende Nutzenbewertung, die das IQWiG in den vergangenen Jahren für verschiedene Arzneimittelgruppen vorgenommen hat. Sie finden erst dann statt, wenn ein Medikament längere Zeit im Markt ist. Die Untersuchung dauert länger als die Frühnutzenbewertung und kann zu Erstattungsausschlüssen führen. Im Gegensatz zum GBA beschäftigt sich das BfArM naturgemäß nur mit Arzneimitteln. In der Konsequenz bedeutet dies, dass ein Medikament zwar bei BfArM erfolgreich sein kann, beim GBA aber durchfällt. /