Angriff und Abwehr |
07.12.2010 16:47 Uhr |
Viren, Bakterien, Pilze – der menschliche Körper ist ständigen Angriffen aus der Umwelt ausgesetzt. Um diese abzuwehren, hat sich ein hochkomplexes und fein reguliertes System aus Abwehrzellen und Botenstoffen entwickelt: das Immunsystem. In den meisten Fällen arbeitet die körpereigene Abwehr so gut, dass der Mensch von den Angriffen nichts mitbekommt. Bei schwereren Angriffen treten allerdings Symptome wie Husten, Schnupfen oder Fieber auf. Täglich stehen Betroffene in der Apotheke und fragen um Rat, wie sie ihr Immunsystem unterstützen können.
Doch in einigen Fällen braucht die Abwehr nicht Hilfe, sondern muss eher gebremst werden. Beispiele hierfür sind Autoimmunerkrankungen, Allergien und Gewebeabstoßung nach Transplantationen. Sie sind die andere Seite der Medaille. Einige interessante Aspekte dieses weiten Feldes hat die Redaktion für dieses Schwerpunktheft »Immunologie« herausgegriffen und vorgestellt. So hat zum Beispiel jeder Mensch das Potenzial, Autoimmunerkrankungen zu entwickeln, weil er fortwährend Autoantikörper bildet. Diese werden aber in der Regel durch verschiedenen Toleranzmechanismen aussortiert (siehe dazu Autoimmunerkrankungen: Sich selbst feind). Trotz dieser Vorsichtsfunktionen steigt die Zahl der Autoimmuner-
krankungen seit Jahren an. Zwei häufige und für Patienten sehr belastende Formen sind die Rheumatoide Arthritis (siehe dazu RA: Wechselspiel von Immunreaktion und Entzündung) und die Psoriasis (siehe dazu Psoriasis: Krankheit mit vielen Gesichtern).
Auch die Zahl der Allergien steigt stetig an. Das Immunsystem wehrt sich hier gegen eigentlich harmlose Stimuli aus der Umwelt, als wenn es mit einem Feind zu tun hätte. Neben Pollen, Nahrungsbestandteilen oder Schimmelpilzen können auch Chemikalien oder Arzneistoffe allergische Reaktionen auslösen und zum Beispiel zu schweren Reaktionen der Haut führen (siehe dazu Allergisches Kontaktekzem: Hautkrank bis zur Berufsunfähigkeit). Bei Allergikern kann die Reaktion entweder mit Medikamenten gedämpft werden, oder man kann versuchen, das Immunsystem umzuprogrammieren: Dies ist das Ziel der spezifischen Immuntherapie (siehe dazu Spezifische Immuntherapie: Allergene gegen Allergien).
Ein weiterer Fall, bei dem das Immunsystem in Schach gehalten werden muss, sind Organtransplantationen: Die immunsuppressive Therapie befindet sich hier auf einem schmalen Grat zwischen dem Vermeiden von Infektionen und dem Vermeiden der Gewebeabstoßung (siehe dazu Interview: Schmaler Grat zwischen Infektion und Abstoßung). Die lebensrettende Schutzfunktion muss daher in Einzelfällen heruntergefahren werden, um Leben zu retten.
Christina Hohmann
Ressortleitung Medizin