Bumerang |
29.10.2007 11:40 Uhr |
Die Beziehung von Wettbewerb und Gesundheitswesen bleibt schwierig. Leistungserbringer, Krankenkassen und die Politik werden zwar nicht müde, die grundsätzliche Bedeutung des Wettbewerbs für die Effizienz der Gesundheitsversorgung zu betonen, der Spaß endet aber schnell, wenn eigene Interessen gefährdet sind. Jetzt hat es die AOK getroffen und damit einen, der aus einer monopolartigen Position seine Marktpartner in Konkurrenzsituationen untereinander getrieben hat. Jetzt kehrt der Bumerang zurück und trifft die Ortskrankenkassen weitgehend unvorbereitet. Denn Wettbewerb gibt es nur im Doppelpack mit dem Wettbewerbsrecht.
Nach dem aktuellen Stand wird die zweite Runde der Rabattverträge wohl nicht ab Januar 2008 umgesetzt (siehe dazu AOK-Rabattverträge: Starttermin für zweite Runde fraglich). Die Vergabekammer beim Bundeskartellamt wird erst am 16. November darüber entscheiden, ob das Zuschlagsverbot für die AOK aufgehoben wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist eher gering. Legt die AOK Widerspruch ein, wird das Urteil frühestens Mitte Dezember, wahrscheinlich aber erst im nächsten Jahr gefällt. Eventuell sind die AOK-Rabattverträge gar nicht mit Vergabe- und Wettbewerbsrecht vereinbar. Auch mit gesunden Menschenverstand ist es nachvollziehbar, dass an den AOK-Rabattverträgen etwas nicht stimmt. Sie sind keine Vereinbarung auf Augenhöhe zwischen zwei Marktbeteiligten. Die eine Seite, nämlich die AOK, diktiert die Bedingungen, die Pharmahersteller haben keine Wahl, sie müssen mitmachen, wollen sie im Markt bleiben. Selbst die drei großen deutschen Generikaunternehmen hatten keine Chance, sich gegen die Krankenkasse zu wehren.
Das mögliche Scheitern dieser Verträge wäre keine Katastrophe. Nicht für die Krankenkassen, nicht für die Apotheker und schon gar nicht für die Patienten. Es gibt nämlich Alternativen: Andere Rabattverträge haben nicht das Misstrauen der Wettbewerbshüter erregt. Die von Apothekern favorisierten Zielpreisvereinbarungen erscheinen auch unverdächtig. Bei ihnen dürften auch keine Lieferprobleme auftreten.
Sollte die AOK die wettbewerbs- und vergaberechtlichen Bedenken nicht ausräumen können, dann wäre dies ein guter Anlass, nach anderen Wegen zu suchen, die Arzneimittelausgaben unter Kontrolle zu halten. Am Ende gäbe es zahlreiche Gewinner und eventuell gar keinen Verlierer.
Daniel Rücker
Stellvertretender Chefredakteur