Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Schmerzmittel

Placebo-Effekt wird immer stärker

Datum 13.10.2015  15:04 Uhr

Von Annette Mende / Arzneistoffe gegen neuropathische Schmerzen schneiden in den vergangenen Jahren in randomisierten, placebokontrollierten Studien immer schlechter ab. Das liegt aber nicht an einer nachlassenden Wirkung der Analgetika, sondern an einer Zunahme des Placebo-Effekts, wie kanadische Wissenschaftler jetzt belegen konnten.

Die Autoren um Alexander H. Tuttle und Sarasa Tohyama von der McGill Univer­sity Montreal hatten die Beobachtung gemacht, dass der Placebo- Effekt in Studien mit Antidepressiva und Antipsychotika über die Jahre stetig wuchs. Da die Intensität chronischer neuropathischer Schmerzen ebenso wie die depressiver oder psychotischer Symptome einer subjektiven Einschätzung des Patienten unterliegt, vermuteten sie auch hier einen Anstieg des Placebo-Effekts.

Arzneimittel-Werbung in den USA

 

Die Auswertung von 84 Studien mit 92 verschiedenen Arzneimitteln, publiziert in den Jahren 1990 bis 2013, bestätigte diese Vermutung: Der Placebo-Effekt stieg in diesem Zeitraum signifikant an. Die Effektstärke der Analgetika blieb jedoch stabil bei etwa 35 Prozent und so schrumpfte der Unterschied zwischen beiden von gut 27 Prozent im Jahr 1996 auf nur noch knapp 9 Prozent dreizehn Jahre später. Das berichten die Autoren im Fachjournal »Pain« (DOI: 10.1097/j.pain.0000000000000333).

 

Bemerkenswerterweise waren hiervon ausschließlich US-amerikanische Studien betroffen und keine Untersuchungen in anderen Ländern. Die Forscher stellen fest, dass die Stu­dien in den USA – und nur dort – immer länger dauerten und immer mehr Teilnehmer rekrutierten. Diese Veränderungen korrelieren mit der Zunahme des Placebo-Effekts.

 

Dr. Jeffrey S. Mogil, Leiter der Arbeitsgruppe und Seniorautor der Publikation, stellte gegenüber dem Nachrichtenportal »Nature News« Mutmaßungen über die Gründe dieses Phänomens an. Er glaubt, dass die immer größer, länger und teurer werdenden Studien die Erwartung der Probanden hinsichtlich der Wirksamkeit der getesteten Mittel erhöhen. Auch direkt an Patienten gerichtete Arzneimittelwerbung, die nur in den USA und Neuseeland erlaubt ist, könnte dabei eine Rolle spielen.

 

Erwartung ist eine wichtige Komponente des Placebo-Effekts. Das hat der Neurowissenschaftler Fabrizio Benedetti, der seit Jahren an der Universität Turin über die Wirkung der Scheinmedikamente forscht, schon mehrfach gezeigt. Er macht den jetzt gezeigten Anstieg der Placebo-Wirkung dafür verantwortlich, dass es Pharmafirmen zunehmend schwerfällt, die Wirkung neuer Schmerzmittel in Studien zu belegen. In den vergangenen zehn Jahren seien mehr als 90 Prozent der Arzneistoffkandidaten zur Behandlung von neuropathischen oder krebsbedingten Schmerzen in fortgeschrittenen Phasen der klinischen Prüfung durchgefallen, sagte er »Nature News«.

 

»Viele Schmerzforscher glauben, dass die getesteten Substanzen eigentlich funktionieren, die Studien das aber nicht zeigen können«, bestätigt Mogil. Er führt noch eine weitere mögliche Erklärung für die verbesserte Placebo-Wirkung an: Patienten werden im Rahmen großer klinischer Studien mit entsprechender personeller Ausstattung meist besser betreut als bei kleineren Untersuchungen, wie sie früher an der Tagesordnung waren. »Unsere Daten belegen: Je größer die Studie, desto größer ist auch der Placebo-Effekt.«

 

Die Hersteller entsprechender Mittel befinden sich also in einem Wettbewerb mit einem stärker werdenden Gegner, den sie durch das Design ihrer Studien selbst stark gemacht haben. Wie lässt sich dieser Wettstreit zugunsten der Analgetika entscheiden? Benedettis Lösungsvorschlag ist so simpel wie schwierig: »Die Firmen müssen einfach wirksamere Arzneistoffe entwickeln.«

 

Reizverarbeitung im Gehirn verändert sich

 

Er glaubt nicht, dass mehr Studien erfolgreich wären, wenn es gelänge, den Placebo-Effekt zu senken. Denn dieser wird zwar durch psychische Faktoren ausgelöst. Die Schmerzlinderung an sich beruht dann jedoch auf einer Veränderung der Reizverarbeitung im Gehirn, die objektiv messbar ist. Das bestätigt die jetzt vorgelegte Studie, in der die Wirkung von Placebos ebenso wie die der Vera über acht bis zwölf Wochen anhielt. In keinem Fall kam es zu einem Abfall der Placebo-Wirkung, die man jedoch erwarten würde, wenn diese lediglich auf einer Konditionierung beruhen würde. /

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa