Harmlose Infektionen mit Herpesviren |
10.10.2006 15:30 Uhr |
Harmlose Infektionen mit Herpesviren
Von Christina Hohmann
Über drei Tage hält das hohe Fieber des Kindes an, schließlich klingt es abrupt ab. Tritt dann ein Hautausschlag auf, steht die Diagnose fest: Dreitagefieber, eine akute Infektion mit humanen Herpesviren.
Masern, Röteln und Windpocken sind jedem ein Begriff. Doch wer noch keine Kinder hat, dürfte zumindest außerhalb der Fachkreise - das Dreitagefieber kaum kennen. Die auch als Exanthema subitum oder Roseola infantum bezeichnete Erkrankung ist eine akute Virusinfektion im Säuglings- und Kleinkindalter. Da sie hauptsächlich bei Kindern von sechs Monaten bis drei Jahren auftritt, zählt sie zu den typischen Kinderkrankheiten.
Erreger der Erkrankung sind die beiden humanen Herpesviren HHV6 und HHV7. Die doppelsträngigen DNA-Viren sind eng mit dem Cytomegalievirus verwandt. Von HHV6 existieren zwei Serotypen (6A und 6B). Die Viren sind weltweit verbreitet, für Erkrankungen in Europa ist fast ausschließlich der Virustyp HHV6B verantwortlich. Die Erreger werden in der Regel durch Tröpfcheninfektion, also beim Niesen, Husten oder Spucken, übertragen. Selten treten Infektionen auch nach Transfusion von Blutprodukten oder durch Stillen auf.
Fieber als einziges Symptom
Die Inkubationszeit beträgt zwischen 5 und 15 Tage. Die Erkrankung beginnt mit plötzlich einsetzendem Fieber, das etwa 40 Grad Celsius beträgt und drei bis vier Tage anhalten kann. Selten leiden die Kinder zusätzlich an Erbrechen, Übelkeit oder zeigen erkältungsähnliche Symptome. Relativ häufig sind dagegen Fieberkrämpfe, die bei rund 10 Prozent der erkrankten Kinder auftreten. Diese tonisch-klonischen Krämpfe sehen lebensgefährlich aus, sind aber harmlos und hören nach etwa zehn Minuten wieder auf.
Im typischen Verlauf klingt das Fieber nach drei Tagen ebenso plötzlich ab, wie es aufgetreten ist, und ein blassroter Röteln-ähnlicher Hautauschlag erscheint. Das Exanthem breitet sich von Rumpf und Nacken auf Arme und Beine aus, spart das Gesicht aber aus. Nach ein bis drei Tagen verschwindet auch der Ausschlag wieder.
Bei etwa 20 Prozent der Kinder verläuft die Erkrankung asymptomatisch oder in abgeschwächter Form, sodass sie nicht als Dreitagefieber erkannt wird. Bis zum Ende des zweiten Lebensjahrs haben etwa 95 Prozent der Kinder die Erkrankung bemerkt oder unbemerkt durchgemacht.
Exanthem ermöglicht Diagnose
Die Diagnose der Erkrankung ist im Fieberstadium relativ schwierig. Zwar lässt anhaltend hohes Fieber bei Säuglingen oder Kleinkindern, die keine weiteren Krankheitszeichen zeigen, ein Dreitagefieber vermuten. Doch erst die Entfieberung und das gleichzeitige Auftreten des Exanthems bestätigen die Diagnose. Dann ist die Erkrankung aber bereits überstanden. Eine HHV-Infektion lässt sich aber auch serologisch durch den Nachweis spezifischer IgM-Antikörper erkennen.
Die Prognose ist sehr gut, die Erkrankung heilt nach etwa fünf Tagen ohne Folgeschäden aus und hinterlässt eine lebenslange Immunität. Gegebenenfalls können Fieber senkende Medikamente (zum Beispiel Paracetamol) und antikonvulsive Substanzen (Diazepam) eingesetzt werden.
Bei Kindern mit erworbenen oder angeborenen Immunschwächeerkrankungen kann das Dreitagefieber zu schweren Komplikationen wie Hepatitis, Pneumonie, Enzephalitis, Knochenmarkssuppression oder Retinitis führen. In solchen Fällen ist häufig eine antivirale Therapie mit Ganciclovir oder Foscarnet notwendig.
Wie bei anderen Herpesviren auch persistieren HHV6 und HHV7 nach einer überstandenen Infektion im Körper und können gelegentlich reaktiviert werden. Gesunde Menschen entwickeln keine Symptome, scheiden aber das Virus mit dem Speichel aus und stellen somit eine Infektionsquelle für Säuglinge und Kleinkinder dar.
Da die Erreger quasi überall vorkommen und fast alle Menschen über zwei Jahren infiziert sind, ist es nicht nötig, erkrankte Kinder zu isolieren. Eine Schutzimpfung oder andere prophylaktische Maßnahmen gibt es nicht.
Zur Unterscheidung des Dreitagefiebers von Masern oder Röteln ist wichtig, dass das Fieber bei Masern zusammen mit dem Ausschlag einsetzt. Beim Dreitagefieber sinkt das Fieber wieder, wenn das Exanthem auftritt.
Die Erkrankung beginnt anders als bei Masern nicht mit Husten, Schnupfen, Kopfschmerzen oder Lichtscheu.
Ab einer Körpertemperatur von 38,5 Grad Celsius sollten Antipyretika eingesetzt werden. Alternativ können Bauch- oder Wadenwickel das Fieber senken.
Das Kind sollte ausreichend trinken, da der Flüssigkeitsverlust bei Fieber sehr hoch ist.
Bei Fieberkrämpfen sollte das Kind so liegen, dass es nicht stürzen und sich nicht verletzen kann. Auch bei kurzen Anfällen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
Hochfieberhafte Infekte unklarer Ursache sollten auf jeden Fall vom Kinderarzt abgeklärt werden.