Aluminium in Impfstoffen |
29.09.2015 09:09 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Aluminium ist in vielen Impfstoffen als Adjuvans enthalten und immer wieder Anlass zu Fragen nach möglichen Risiken. Deshalb hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) jetzt eine aktuelle Sicherheitsbewertung vorgenommen und im »Bulletin zur Arzneimittelsicherheit« veröffentlicht.
Aluminiumsalze werden seit vielen Jahrzehnten als Adjuvanzien in inaktivierten beziehungsweise Toxoidimpfstoffen verwendet. Bei diesen Absorbatimpfstoffen sind die Impfantigene wie Diphtherie- oder Tetanustoxoide an schwerlösliches Aluminiumhydroxid oder Aluminiumphosphat absorbiert, was zu einer Wirkverstärkung führt. Ohne den Zusatz von Aluminiumsalzen wäre es kaum oder gar nicht möglich, eine ausreichende Impfantwort zu erzielen.
In der Monografie »Impfstoffe für den Menschen« legt das Europäische Arzneibuch den Grenzwert für Aluminium auf 1,25 mg pro Impfdosis fest. In Europa zugelassene Impfstoffe enthalten Aluminium in Konzentrationen von 0,125 bis 0,82 mg pro Dosis und liegen damit weit unter dem definierten Grenzbereich. Die genauen Aluminiumkonzentrationen der einzelnen Impfstoffe sollten laut einer europaweiten Empfehlung in den Produktinformationen ausgewiesen sein.
Impfstoffe sind sicher
Seit etwa 80 Jahren werden Aluminiumsalze in Totimpfstoffen als Wirkverstärker eingesetzt.
Foto: Fotolia/Eisenhans
Die Autoren um Dr. Karin Weißer vom PEI kommen in ihrer Sicherheitsanalyse zu dem Schluss, dass sich weder aus Studien noch aus Spontanmeldungen Hinweise auf eine relevante aluminiumbedingte Impfstofftoxizität ergeben. Die kumulative systemische Exposition durch die in Deutschland empfohlenen aluminiumhaltigen Impfungen in den ersten beiden Lebensjahren bewege sich im Bereich der tolerierbaren Aufnahme durch die Nahrung, und der Beitrag der Impfungen zur geschätzten lebenslangen Nettoakkumulation von Aluminium sei verglichen mit anderen Quellen gering. Zwar sind lokale und systemische Nebenwirkungen von Aluminumadjuvanzien möglich, diese seien aber angesichts des dokumentierten Impfnutzens als vertretbar einzustufen.
Welche Nebenwirkungen können auftreten? Adsorbatimpfstoffe, die intramuskulär verabreicht werden, können an der Einstichstelle subkutane Granulome hervorrufen, die als Reaktion auf das Adsorbens gewertet werden. Offenbar sind kleinste Aluminiummengen in der Lage, diese knötchenförmigen Neubildungen in der Subkutis zu provozieren, aus denen sich sterile Abszesse oder Zysten entwickeln können. In der Regel heilen diese spontan aus, in seltenen Fällen ist eine chirurgische Intervention erforderlich. In einer kürzlich publizierten schwedischen Studie an fast 5000 Säuglingen wurden nach Gabe eines DTaP-Kombinationsimpfstoffs, der allein oder zusammen mit einer ebenfalls aluminiumhaltigen Pneumokokkenvakzine verabreicht wurde, juckende Granulome bei 0,83 Prozent der Impflinge beobachtet. Bei 85 Prozent der betroffenen Säuglinge war eine Kontaktallergie auf Aluminium nachweisbar.
Risiko für makrophagische Myofasciitis
Seit Ende der 1990er-Jahre wird als weitere lokale Reaktion die makrophagische Myofasciitis (MMF) mit aluminiumhaltigen Impfungen in Zusammenhang gebracht. Dabei handelt es sich um eine auf die Impfregion begrenzte entzündliche Veränderung der Muskulatur. Mukelbiopsien zeigen eine persistierende Ansammlung von Makrophagen mit kristallinen Aluminiumeinschlüssen. Laut PEI ist der Verdacht, die makrophagische Myofasciitis könne mit klinischen Symptomen wie Myalgien, chronischer Müdigkeit und kognitiver Dysfunktion einhergehen, als rein spekulativ anzusehen. Entsprechend hat auch das Impfkomitee der Weltgesundheitsorganisation die MMF als asymptomatische lokal begrenzte Gewebeveränderung eingestuft. In Deutschland ist dem PEI bislang nur ein biopsiegesicherter MMF-Verdachtsfall bekannt.
Grundsätzlich wird das Risiko systemischer toxischer Aluminiumeffekte nach Adsorbatimpfstoffen als gering veranschlagt. Es ist bekannt, dass eine kritische Aluminiumbelastung – etwa bei langjähriger Hämodialyse – zu neurotoxischen Effekten und Störungen im Knochenstoffwechsel führen kann. Studien zur diesbezüglichen Sicherheit von aluminiumhaltigen Impfstoffen gibt es nicht, sie wären methodisch auch äußerst schwierig. Die Aluminiummenge, die nach intramuskulärer Injektion eines Adsorbatimpfstoffs ins System gelangt und sich dort langfristig ablagert, ist allenfalls rechnerisch abzuschätzen. Hochrechnungen kommen zu dem Schluss, dass der kumulative Beitrag von aluminiumhaltigen Impfstoffen im Vergleich zur Aluminiumaufnahme aus anderen Quellen kaum zu Buche schlägt. In diesem Sinne haben sich verschiedene internationale Impfgremien geäußert, und die Experten des Paul-Ehrlich-Instituts schließen sich dieser Einschätzung an /
Literatur: Bulletin zur Arzneimittelsicherheit, Ausgabe 3, September 2015.