Auf der Seite der Apotheker |
02.10.2007 12:01 Uhr |
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So viel Zustimmung für die Apotheker ist man von vergangenen Apothekertagen nicht gewöhnt. Zur Eröffnung der diesjährigen Veranstaltung in Düsseldorf waren sich die Vertreter aller Parteien einig: Sie sprachen sich gegen den Fremdbesitz aus und stellten sich auf die Seite der unabhängigen freiberuflichen Apotheker.
Angesichtes dieses Zuspruchs sagte der Präsident der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Heinz-Günter Wolf, sei ihm nicht bange um die Zukunft der deutschen Apotheken. Doch die freundlichen Grußworte seien vorsichtig zu interpretieren: »Es gibt auch Zwischentöne, und da müssen wir genau hinhören.« Gemeinsam mit der Politik und den anderen Beteiligten im Gesundheitssystem müssten die Apotheker nun die Arzneimittelversorgung weiterentwickeln und weiterhin einen guten Dialog pflegen.
In seinem Lagebericht hob Wolf hervor, dass nicht Preiswettbewerb, sondern Qualitätswettbewerb die Gesundheit fördere. Der Gesetzgeber habe in den vergangenen Jahren sichergestellt, dass die Beratung in den Apotheken unabhängig vom Verkaufspreis stattfindet. Damit habe er den Preiswettbewerb dorthin verlagert, wo die Preise gemacht werden: zwischen Hersteller und Krankenkassen. Die Apotheker würden sich dagegen dem Wettbewerb um Qualität stellen. Um die Qualität weiter zu verbessern, setze sich der Berufsstand derzeit für mehr Diskretion in der Beratung ein und fördere die Prävention, vor allem die Ernährungs-, Reise- und Impfberatung. Die Qualität der Arzneiversorgung sichere zudem die funktionierende Selbstverwaltung der freiberuflichen Apothekerschaft, die eine Berufsgerichtsbarkeit mit einschließt. Wie gut dieses System funktioniert, zeige der aktuelle Zytostatika-Vorfall. »Schließlich waren wir es, die zur Aufklärung aktiv beigetragen haben«, betonte Wolf. Wenn sich der Verdacht auf vorsätzlichen Betrug bestätige, sei ein Berufsverbot die konsequente Folge.
Mit den Rabattverträgen finde der Preiswettbewerb auf der richtigen Ebene statt, was die Apotheker ausdrücklich unterstützen, erklärte Wolf. Doch 2008 dürften sich die Startprobleme der Rabattverträge keinesfalls wiederholen. »Es kann nicht sein, dass wir Apotheker und Patienten Lieferengpässe der Hersteller ausbaden müssen«, sagte Wolf. Er forderte, dass die Wahl neuer Rabattpartner optimiert werden soll, dass nicht nur Apotheker, sondern vor allem Krankenkassen und Hersteller die Patienten über ihre Rabattvertragsregelungen informieren und der erhebliche Mehraufwand in der Apotheke vergütet werden soll. Insgesamt schrumpfe die finanzielle Basis der Apotheker, kritisierte Wolf. »Der Wertschöpfungsanteil, den wir Apotheker für die ordentliche Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln bekommen, ist mittlerweile unter das Niveau der Mehrwertsteuer-Einnahmen gesunken.« So verdiene der Staat nun mehr als die 144.000 Mitarbeiter in Apotheken.
Trotz der freundlichen Worte der anwesenden Politiker sieht Wolf die Gefahr der drohenden Liberalisierung des Arzneimittelmarktes. Vor dem Europäischen Gerichtshof sei ein Verfahren zum Fremdbesitzverbot gegen Deutschland anhängig. Doch vor der Entscheidung des EuGH Ende 2008 bestehe kein Handlungsbedarf, das Verbot in vorauseilendem Gehorsam zu kippen, betonte Wolf. »Hier droht die Gefahr, dass der Arzneimittelbereich zum Spielball inländischer und ausländischer Kapitalgeber wird.« Dieser Fremdkapitalisierung stelle sich die Apothekerschaft mit ihren pharmazeutischen Leistungen entgegen. »Der unabhängige freiberufliche Apotheker ist der bessere Pharmazeut als ein von Befehlen abhängiger Kapitalmaximierer.« Dies sieht auch die Bundesregierung so, und verteidigt in ihrer Stellungnahme die bestehenden Regeln zum Fremdbesitz, da diese die professionelle Unabhängigkeit des Apothekers gewährleisten und somit dem Gesundheits- und Verbraucherschutz dienen.
Welche negativen Folgen ein vorauseilender Gehorsam haben kann, zeige das Beispiel Versandhandel. Der Gesetzgeber habe mehr ermöglicht, als der EuGH später gefordert hatte. So hält der EuGH es nicht für erforderlich, dass rezeptpflichtige Arzneimittel über Versand bezogen werden müssen. Jetzt werde der Versandhandel für den Systembruch genutzt, sagte Wolf. Als Beispiel nannte er das dm-Konzept zur Abholung von Arzneimitteln in Drogeriemärkten. Die Apothekenbetriebsordnung würde so umgangen und der Verbraucherschutz bleibe auf der Strecke. So weit dürfe es nicht kommen. Die ABDA unterstütze daher die Initiative des Ministers Karl Josef Laumann aus Nordrhein-Westfalen, den Versand von rezeptpflichtigen Arzneimittel wieder zu verbieten - zum Schutz der Patienten. »Wir sind unabhängige, weisungsungebundene Partner des Patienten«, sagte Wolf. Eine zukunftsfähige Arzneimittelversorgung könne es daher nur mit der freiberuflichen Präsenzapotheke geben.
Vor Jahren diskutierte die Politik intensiv über Steuerungsinstrumente, die auch den Versicherten anhalten sollten, über seinen Arzneimittelverbrauch nachzudenken. Nur über eine Härtefallklausel konnte eine Befreiung erreicht werden. Heute wird die Zunahme von Zuzahlungsbefreiungen durch die Rabattverträge und Preissenkungen als Erfolg der Politik gefeiert, wie es Dr. Carola Reimann von der SPD in ihrem Grußwort zur Eröffnung des Deutschen Apothekertages getan hat. Damit haben die Zuzahlungen ihren Steuerungseffekt verloren und sind zum Wettbewerbsinstrument der Krankenkassen geworden. Die Folgen sind schon sichtbar. Der Arzneimittelverbrauch im Niedrigpreis-Sektor steigt. Wenn man wirklich den Steuerungseffekt nicht mehr haben will, sollte man das offen sagen und die Zuzahlungen ganz streichen. Den Krankenkassen ist ja die Möglichkeit gegeben, über Wahltarife ihre Wohltaten anders zu vermarkten.
Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur