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Follikuläres Lymphom

Obinutuzumab steigt auf

26.09.2017  13:31 Uhr

Von Elke Wolf, Frankfurt am Main / Seit wenigen Tagen besitzt Obinutuzumab (Gazyvaro®) auch die Zulassung zur Erstlinien­therapie für Patienten mit follikulärem Lymphom. Damit dürfte der Anti-CD20-Antikörper dem bisherigen Therapiestandard Rituximab (Mabthera®) den Rang ablaufen.

Das follikuläre Lymphom, eine Erkrankung des höheren Lebensalters, ist mit etwa 20 bis 35 Prozent aller neu dia­gnostizierten malignen Lymphome das häufigste indolente Non-Hodgkin-Lymphom in der westlichen Welt. Der klinische Verlauf ist sehr variabel. Über­lebenszeiten reichen von einigen Jahren bis zu mehr als zwei Jahrzehnten.

Es ist vor allem die Antikörper-­basierte Chemotherapie, die die Pro­gnose dieser Erkrankung in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten signifikant verbessert hat. Therapiestandard dabei war der Anti-CD20-Antikörper ­Rituximab bei Patienten in den fort­geschrittenen Stadien III und IV, bei denen eine Behandlungsoption besteht. Obinutuzumab, eine Weiterentwicklung des Anti-CD20-Prinzips, zeigte nun in einer direkten Vergleichsstudie, »dass es auch für unbehandelte Lymphom-Patienten der stärkere Antikörper ist«, sagte Professor Dr. Wolfgang Hiddemann vom Klinikum der Universität München-Großhadern auf einer Presseveranstaltung von Roche in Frankfurt am Main. Die aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämato­logie und Onkologie spiegelten den Stellenwert des neuen Therapieregimes wider, da sie bereits auf die positiven Studiendaten verweisen.

 

Zweite Generation

 

Obinutuzumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen CD20, ein Oberflächen-Antigen auf B-Lymphozyten. Man bezeichnet Obinutuzumab als Anti-CD20-Antikörper der zweiten Generation. Durch das Erkennen eines anderen Epitops und Glykosylierung des Fc-Teils zeichnet es sich im Vergleich zu Rituximab durch eine gesteigerte direkte und Antikörper-vermittelte zelluläre Zytotoxizität aus, verfügt jedoch über eine geringere Komplement-vermittelte Zytotoxizität. Obinutuzumab ist seit 2014 bei chronischer lymphatischer Leukämie und seit Juni 2016 auch bei follikulärem Lymphom zugelassen, wenn die Patienten auf eine Behandlung mit einem Rituximab-haltigen Regime nicht angesprochen haben oder nach der Behandlung progredient wurden.

 

In der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie GALLIUM senkte Obinutuzumab das Risiko eines Rezidivs um 34 Prozent gegenüber Rituximab, jeweils in Kombination mit Chemotherapie. Die Studie verglich die beiden Anti-CD20-Antikörper bei 1400 Patienten mit indolentem Non-Hodgkin-Lymphom, darunter 1202 Patienten mit follikulärem Lymphom. Das Zytostatika-Regime zur Induktionstherapie bestand entweder aus Bendamustin, CHOP oder CVP. Patienten, die hierauf ansprachen, erhielten anschließend eine Erhaltungstherapie alle zwei ­Monate über zwei Jahre mit einem der beiden Antikörper.

 

Bereits die Zwischenauswertung nach 34,5 Monaten ergab einen signifikanten Vorteil bezüglich des pro­gressionsfreien Intervalls im Gazyvaro-Arm. Der Antikörper reduziere das Risiko für Progression oder Tod um 34 Prozent, was einem 1,5-fach längeren ­medianen progressionsfreien Über­leben entspricht. »Zuvor unbehandelte Lymphom-Patienten könnten hoch­gerechnet von einem um drei Jahre verlängerten progressionsfreien Überleben profitieren«, erklärte Hiddemann. Unter Rituximab habe dieses im ­Median sechs Jahre betragen, unter Obinutuzumab neun.

 

Akzeptables Sicherheitsprofil

 

Was das Nebenwirkungspotenzial betrifft, kam es unter dem neueren Antikörper in allen drei Chemotherapie-Gruppen häufiger zu unerwünschten Ereignissen, so etwa Neutropenien, Thrombozytopenien oder Infektionen. Dr. Rüdiger Liersch, niedergelassener Hämatoonkologe, bescheinigte Obinutuzumab dennoch ein akzeptables Sicherheitsprofil. Die Nebenwirkungen seien in der täglichen Praxis zu managen und mit bekannten Toxizitäten von Antikörpern vergleichbar. /

 

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