Pharmazeutische Zeitung online
Bundestagswahl

Konsequenzen für Apotheker offen

27.09.2017  10:48 Uhr

Von Stephanie Schersch / Nach der Bundestagswahl läuft alles auf ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen hinaus. Den Parteien stehen nun zunächst zähe Koalitionsverhandlungen bevor. Auch in der Gesundheitspolitik gibt es viele Steine aus dem Weg zu räumen.

Am Ende war die Wahl eine krachende Niederlage für Union und SPD. Beide Parteien fuhren ein historisch schlechtes Ergebnis ein (Union: 33 Prozent, SPD 20,5 Prozent). Drittstärkte Kraft ist die AfD (12,6 Prozent), die erstmals in den Bundestag einzieht, auch die FDP (10,7 Prozent) sitzt wieder im Parlament. Leicht hinzugewinnen konnten Linkspartei (9,2 Prozent) und Grüne (8,9 Prozent).

Jamaika oder Groko

 

Rein rechnerisch lässt das Wahlergebnis zwei Möglichkeiten zu: Union, FDP und Grüne könnten die erste Jamaika-Koalition auf Bundesebene schmieden oder es kommt zu einer Neuauflage der Großen Koalition. Das allerdings hat SPD-Chef Martin Schulz bereits kurz nach der Wahl ausgeschlossen. In Zukunft will die Partei stattdessen als stärkste Kraft in der Opposition den Takt vorgeben.

 

Damit werden nun aller Voraussicht nach Grüne, FDP und Union Koalitionsgespräche aufnehmen. Einfach dürften diese Verhandlungen keinesfalls werden, zu unterschiedlich sind die Positionen der Parteien in vielen Bereichen. Das gilt auch für die Gesundheitspolitik. Am deutlichsten wird dies sicher mit Bezug auf das Versicherungssystem. Während die Grünen für eine Bürgerversicherung plädieren, ist das für Union und FDP undenkbar. Sie wollen am dualen System aus Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung festhalten.

 

Auf Apotheker dürften mit einer Jamaika-Koalition unsichere Zeiten zukommen. Das gilt besonders mit Blick auf das Rx-Versandhandelsverbot. Mit großen Worten hatte sich die Union im Wahlkampf für dieses Thema starkgemacht. In Bayern hatte CSU-Chef Horst Seehofer sogar persönlich erklärt, das Verbot nach der Wahl in jedem Fall umzusetzen. Nun aber hat die Bundestagswahl seiner Partei eine regelrechte Blamage beschert. Die Union zieht deutlich geschwächt in Sondierungsgespräche ein – und trifft dort auf eine sehr selbstbewusste FDP. Mit den Liberalen ist das Versandverbot kaum umzusetzen, zu sehr hatten sie zuletzt für den Erhalt des Rx-Versandhandels plädiert. Auch die Grünen wollen den Vorstoß der Union nicht mittragen und hatten vor Monaten stattdessen ein Höchstpreis-Modell inklusive Boni-Deckelung ins Spiel gebracht.

 

Hinzu kommt: Die FDP wirbt offen für die Aufhebung des Fremdbesitzverbots. Auch die Grünen haben sich in der Vergangenheit immer wieder mal für Apothekenketten ausgesprochen. Die Union wird sich auf eine solche Deregulierung sicher nicht einlassen, doch wächst der Druck auf die Partei, den potenziellen Koalitionspartnern an anderer Stelle entgegenzukommen. Hier könnte dann das Versandverbot auf den Verhandlungstisch kommen.

 

Unbeliebter Posten

 

Immerhin, alle drei Parteien können sich vorstellen, die Präsenzapotheke etwa über die Einführung eines Beratungshonorars zu stärken. Wie genau das aussehen könnte und was am Ende in einem möglichen Koalitionsvertrag steht, bleibt abzuwarten. Das gilt auch für die Frage, wer neuer Gesundheitsminister wird. Das Amt ist sicher eines der schwierigsten und zugleich unbeliebtesten im Kabinett. Nicht umsonst ist die Gesundheitspolitik auch als Haifischbecken verschrien, beim Bürger punkten kann ein Gesundheitsminister zudem nur in den seltensten Fällen. Hermann Gröhe (CDU) hat sich mit dem Posten dennoch nie sonderlich schwergetan – im Gegenteil. Bereits im Vorfeld der Wahl hatte er durchblicken lassen, dass er sich eine zweite Amtszeit durchaus vorstellen kann, sollte das Ressort erneut der Union zufallen.

 

Für die Apotheker wäre das sicher eine gute Nachricht. Ein Gesundheitsminister aus den Reihen der FDP dürfte hingegen deutlich mehr Unwägbarkeiten mit sich bringen. Unklar ist zudem, wen die Liberalen für ein solches Amt ins Rennen schicken könnten. Ein erfahrener Gesundheitsfachmann wie der frühere FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr fehlt Parteichef Christian Lindner in seinem Team. Für Gesundheitsfragen ist zurzeit die Vizevorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann zuständig, die bislang vor allem Kommunalpolitik in Düsseldorf gemacht hat.

 

Die Grünen sind da schon etwas besser aufgestellt. Gesundheitspolitische Erfahrungen auf Bundesebene können etwa die Sprecherin für Gesundheitspolitik, Maria Klein-Schmeink, die unter anderem für das Apothekenwesen zuständige Kordula Schulz-Asche sowie der Drogen- und Suchtexperte Harald Terpe vorweisen. /

 

 

Mehr von Avoxa