Ärzte enttäuscht über Vergütungsplus |
27.09.2017 10:48 Uhr |
Von Stephanie Schersch / Die Honorarzuschläge der Ärzte für das kommende Jahr stehen fest. Die Krankenkassen sind zufrieden, die Vertragsärzte tief enttäuscht. Sie sehen mit dem Ergebnis langfristig sogar die Versorgung in Gefahr.
Am Ende musste wieder einmal der Erweiterte Bewertungsausschuss ran. Er kommt nur dann als eine Art Schiedsstelle zum Zug, wenn Krankenkassen und Ärzte gemeinsam keine Lösung finden können.
Die Ärzte fühlen sich abgehängt von der wirtschaftlichen Entwicklung.
Foto: Imago/Jochen Tack
Der Ausschuss fällte seinen Beschluss letztlich gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Um 1,18 Prozent steigt der sogenannte Orientierungswert demnach im kommenden Jahr. »Völlig unzulänglich« nannte KBV-Chef Andreas Gassen das Ergebnis. Die Ärzte hätten sich weit mehr erhofft, die Kassen hingegen sogar eine Nullrunde ins Spiel gebracht. »Ein absurdes Vorgehen«, so Gassen.
Der Orientierungswert bestimmt zusammen mit dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) maßgeblich die Vergütung der Ärzte. Jeder Behandlung weist der EBM je nach Art und Umfang der Leistung eine bestimmte Punktzahl zu, diese wird anschließend mit dem Orientierungswert multipliziert. Durch die geplante Anhebung erhalten die Ärzte nach Angaben der Krankenkassen im kommenden Jahr 410 Millionen Euro mehr. Hinzu kommt demnach ein Betrag von 100 Millionen Euro, den die Kassen aufgrund des steigenden Behandlungsbedarfs in der Bevölkerung zahlen müssen. Zur Finanzierung extrabudgetärer Leistungen wie Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen hat der Erweiterte Bewertungsausschuss ein Plus von 400 Millionen Euro veranschlagt.
Noch einmal 50 Millionen Euro sollen die Ärzte dem GKV-Spitzenverband zufolge erhalten, um nichtärztliches Praxispersonal aufzustocken. »Das ist eine maßvolle Entscheidung, die sowohl den Honorarinteressen der niedergelassenen Ärzte als auch denen der Beitragszahler gerecht wird«, sagte der Vizechef des Verbands, Johann-Magnus von Stackelberg. Die Ärzte sehen das ganz anders. Mit Blick auf das Finanzpolster der GKV sowie auf deutliche Steigerungen bei Löhnen und Gehältern würden die Ärzte »sukzessive abgehängt«, so KBV-Chef Gassen. Per
spektivisch sehe man daher die Versorgung in Gefahr und weiterhin Probleme mit einem Investitionsstau in den Praxen.
Eigene Praxis unattraktiv
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Hartmannbunds, Klaus Reinhardt. Die Selbstständigkeit mit eigener Praxis werde für junge Ärzte auf Dauer an Attraktivität verlieren, wenn »einem unbegrenztem Leistungsversprechen der Krankenkassen an ihre Versicherten ein rigide eingeschränktes Honorarvolumen ohne jeden Bezug zum Leistungsumfang gegenübersteht«.
Nachdem die Entscheidung auf Bundesebene gefallen ist, müssen nun die Kassen- und Ärzteverbände in den Ländern ran. Sie verhandeln dann auf Basis der Bundesbeschlüsse die konkreten Honorarzuschläge der Ärzte in den verschiedenen Regionen. /