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Grußworte Expopharm

Hoffen auf Ende des Spardiktats

24.09.2013  18:18 Uhr

Nicht nur die Apotheker hatten in der vergangenen Legislaturperiode mit zunehmender Bürokratie und gesetzlich verordneten Einsparungen zu kämpfen. Das machten Vertreter der Marktpartner der Apotheker in ihren Grußworten anlässlich der Eröffnung der Expopharm deutlich. Klar wurde aber auch, dass die Branchenpartner auch weiterhin zum Dialog mit den Apothekern bereit sind.

Wenige Tage vor der Bundestagswahl zog Martin Weiser, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH), in seinem Grußwort eine durchwachsene Bilanz der schwarz-gelben Regierungsarbeit. »Kaum eine andere Regierung hat den Arzneimittelherstellern, aber auch Großhandel und Apotheken so hohe Belastungen zugemutet wie die christlich-liberale Koalition.« Die Hersteller haben vor allem unter dem seit 2011 geltenden Preismoratorium, dem erhöhten Zwangsrabatt und stetig steigenden regulatorischen Anforderungen zu leiden. Die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sei jedoch nicht zum Nulltarif möglich. »Hier braucht es nach der Bundestagswahl ein Umdenken bei den politisch Verantwortlichen und eine Kurskorrektur«, forderte Weiser.

Weiser, der selbst Apotheker ist, sprach sich zudem klar für die Beibehaltung des Arzneimittel-Distributionsweges über freiberuflich inhabergeführte Apotheken aus. »Es braucht in Deutschland weder Apothekenbusse noch Arzneimittel an der Tankstelle«, sagte er unter dem Applaus der anwesenden Vertreter des Berufsstands. Um das Profil des Apothekers als Arzneimittelfachmann zu schärfen, aber auch für den wirtschaftlichen Erfolg der Apotheken sei die Selbstmedikation ein wichtiger Faktor. Sie wolle der BAH gemeinsam mit den Apothekern weiterentwickeln.

 

Wie gut die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Apothekern funktioniere, zeige bereits Securpharm, die gemeinsame Initiative gegen Arzneimittelfälschungen. Securpharm habe den Praxistest bestanden, das belege unter anderem die Anerkennung von EU-Kommissar Tonio Borg. Eine Umsetzung des Modells in die Praxis sei damit in greifbare Nähe gerückt.

 

Rabattverträge blähen das Lager auf

 

Im Namen des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) gratulierte dessen Vorstandsvorsitzender Thomas Trümper den Apothekern. Sie hätten in ihren Verhandlungen mit den Krankenkassen einen Erfolg erzielen können, der zu einer Erhöhung des Fixhonorars geführt habe. Damit seien die mit dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) den Apothekern aufgebürdeten Zwangssparmaßnahmen beendet. »Dagegen ist der Sparbetrag des Großhandels weiter festgeschrieben, was bei objektiver Betrachtung sicher nicht länger Bestand haben kann«, so Trümper. Ebenso wie die Apotheker benötige auch der Großhandel eine leistungsgerechte Vergütung.

Die mittlerweile mehr als 16 000 Rabattverträge bedeuten nicht nur für Apotheker einen erheblichen Mehraufwand in der Beratung. Sie zwingen auch die Großhändler zu erheblichen Prozessumstellungen, um die Apotheken möglichst unverzüglich mit all den unterschiedlichen Generika beliefern zu können. »Hierüber haben wir uns noch nie lautstark beschwert, was vielleicht ein Fehler war«, sagte Trümper.

 

Bürokratieabbau ja, Wirkstoffverordnung nein

 

Sowohl Präsenz-Apotheken als auch vollversorgende Großhandlungen müssten mit einer ausgewogenen Mischkalkula­tion ihr Leistungsniveau sichern. Diese müsse notwendigerweise von Zeit zu Zeit angepasst werden. Nach dem Versorgungsstrukturgesetz und dem Apothekennotdienst-Sicherstellungsgesetz sei er davon überzeugt, dass auch der Politik der Erhalt der flächendeckenden wohnortnahen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung wichtig ist.

 

Genauso wie Apotheken konnten sich auch Generikaunternehmen in den vergangenen Jahren nicht über mangelnde Regulierung beklagen. Das stellte Wolfgang Späth, Vorstandsvorsitzender von Pro Generika, klar. Als Beispiele nannte er zusätzliche gesetzliche Vorgaben bei der Pharmakovigilanz und Anforderungen an die Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen. Diese und andere Maßnahmen des sogenannten Pharma-Packages habe ein neutraler Gutachter einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Das Ergebnis: In der Mehrzahl haben diese Maßnahmen keinen relevanten Zusatznutzen für Patienten. »Für wen aber wird Regulierung gemacht, wenn nicht zum Nutzen des Patienten«, fragte Späth.

Im Folgenden ging Späth darauf ein, dass die Bürokratie zweifelsohne auch in Apotheken überhandgenommen habe. Als »größten Zeitfresser« bezeichnete er die Rabattverträge. Eine Verordnung auf Wirkstoffbasis ist für ihn aber keine Alternative und nicht zielführend. Zum einen identifiziere der Patient sein Arzneimittel in der Regel nicht über den Wirkstoffnamen, sondern über Packungsdesign, Aussehen der Tablette oder Handelsnamen. Zum anderen sei Beratung eine Domäne der Apotheke. »Jeder Ansatz, der darauf abzielt, die Beratungsarbeit zu reduzieren, schwächt zwangsläufig die Stellung der Apotheke«, so Späth. Last but not least stellte er die Frage, ob sich Apotheken seit Jahrzehnten mit Bioverfügbarkeit und Bioäquivalenz befasst hätten, um jetzt Arzneimittel und Wirkstoff gleichzusetzen.

 

Späths Resümee: Ein klares Ja zur Forderung nach mehr Freiräumen in der Apotheke durch überfälligen Bürokratieabbau und ein klares Nein zum Wunsch nach einer Wirkstoffverordnung.

 

Fairplay bei der Nutzenbewertung

 

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA), Birgit Fischer, blickte in ihrem Grußwort auf die vergangene Legislaturperiode zurück. In dieser habe es massive Regulierungsmaßnahmen gegeben.

Für Fischer wäre es kein Wunder, wenn AMNOG eines Tages zum Unwort des Jahres gekürt würde – zumindest innerhalb der Branche. Fischer bekräftigte, dass die VFA-Mitgliedsunternehmen akzeptieren, dass es eine Nutzenbewertung und Verhandlungen zu Erstattungsbeträgen gibt. Allerdings müssten die Verfahren der Nutzenbewertung fair sein. Hier sieht sie deutlichen Optimierungsbedarf.

 

Als besonders problematisch stellte sie die Rolle des GKV-Spitzenverbandes heraus, der ausschließlich die Kosten im Blick habe. Er sei als Regelgeber, Schiedsrichter und Spieler gleichzeitig im AMNOG-Prozess beteiligt. Diese Dominanz steht Fischer zufolge einer fairen Nutzenbewertung und Erstattungsverhandlung entgegen und müsse daher dringend aufgelöst werden.

 

Letztlich betreffe dieses Vorgehen nicht nur die pharmazeutischen Unternehmen, sondern auch die Patienten. Einige Medikamente seien trotz Zulassung nicht auf dem Markt eingeführt worden. »Das Vorenthalten von Innovationen führt zu einer Versorgungslücke«, kritisierte Fischer. Zunehmend schlügen auch Fachgesellschaften und Patientenorganisationen Alarm, dass der Zugang zu innovativen Arzneimitteln schwieriger wird. »Innovationen früh in die Versorgung zu bringen, gelingt in Deutschland momentan gar nicht«, so Fischer. Nur 10 Prozent der infrage kommenden Patienten würden rechtzeitig mit den als innovativ attestierten Arzneimitteln behandelt.

 

Um zu verhindern, dass die Arzneimittelversorgung in Deutschland nachhaltigen Schaden nimmt, müssten die Rahmenbedingungen für Forschung, Entwicklung und Versorgung verbessert werden. Fischer hofft nunauf die nächste Legislaturperiode. Man tue gut daran, zukünftig die Qualität im Gesundheitswesen und nicht die Kosten in den Vordergrund zu stellen. /

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