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Europäische Arzneimittelagentur

Neue Wirkstoffe, neue Bewertungen

27.09.2011  16:57 Uhr

Von Daniela Biermann / Es tut sich was auf dem europäischen Arzneimittelmarkt. Unter anderem könnte bald ein neuartiges Antibiotikum zugelassen werden, während Lacosamid, Dronedaron und Lenalidomid strenger bewertet wurden. Auch dem Abmagerungsmittel Orlistat drohen Einschränkungen.

Mehrere neue Arzneistoffe und Kombinationspräparate haben eine Zulassungsempfehlung durch die europä­ische Arzneimittelbehörde EMA erhalten. Der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA beurteilte unter anderem ein neues Antibiotikum positiv. Fidaxomicin (DificlirTM von Optimer Pharmaceuticals und Astellas) ist der erste Vertreter der makrozyklischen Antibiotika. Es ist wirksam bei Entzündungen des Darms und bei schwerer Diarrhö, verursacht durch Clostridium difficile.

 

Dieses Bakterium führt häufig zu nosokomialen Infektionen. Als Opportunist vermehrt es sich ungehemmt im Darm, wenn andere Antibiotika die Darmflora aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Die EU schätzt die jährlich durch Clostridien verursachten Kosten auf 3 Milliarden Euro. Durch Resistenzbildung haben sich immer virulentere Stämme entwickelt. Die einzigen Therapieoptionen, Vancomycin und Metronidazol, sind häufig mit deutlichen Nebenwirkungen verbunden. Auch ist ein Therapieversagen mit anschließender Rückkehr der Infektion nicht selten. Fidaxomicin richtet sich spezifisch gegen Clostridium difficile, ohne die natürliche Darmflora nennenswert zu schädigen. Es hemmt RNA-Polymerasen und blockiert damit die Vermehrung des Keims. In den USA ist das oral verfügbare Antibiotikum bereits seit Mai 2011 zugelassen.

 

Neben Fidaxomicin hat der Ausschuss eine Zulassungsempfehlung für das Sartan-Derivat Azilsartan-Medoximil (EdarbiTM von Takeda) sowie den antiretroviralen Wirkstoff Rilpivirin (EdurantTM von Janssen-Cilag) ausgesprochen. Rilpivirin ist ein nicht nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor. Es soll auch als Kombinationspräparat mit Emtricitabin und Tenofovir-Disoproxil (Eviplera® von Gilead Sciences) auf den Markt kommen. Zudem könnten bald folgende Kombinationen verfügbar sein: Saxagliptin und Metformin (KomboglyzeTM von Bristol-Myers-Squibb und Astra-Zeneca), Telmisartan und Amlodipin (Onduarp® von Boehringer Ingelheim) sowie Aliskiren plus Amlodipin und Hydrochlorothiazid (Rasitrio® von Novartis)

 

Drei zugelassene Arzneimittel hat die EMA neu bewertet: Lacosamid, Dronedaron und Lenalidomid. Demnach soll das Antiepileptikum Lacosamid als Sirup (Vimpat® 15 mg/ml) vom Markt genommen werden. Hintergrund sind anhaltende Schwierigkeiten bei der Formulierung. Der Wirkstoff flockt aus, sodass es zu einer ungleichmäßigen Verteilung im Sirup und damit zu möglichen Dosierungenauigkeiten kommt. Vimpat bleibt in Form von oralen Filmtabletten und intravenöser Lösung auf dem Markt. Zudem hat Hersteller UCB eine Zulassung für eine flüssige orale Formulierung mit 10 mg/ml beantragt.

 

Das Antiarrhythmikum Dronedaron (Multaq®) soll demnächst zurückhaltender eingesetzt werden, und zwar nur noch bei Patienten mit anfallsartigem (= paroxysmalem) oder anhaltendem (= persistierendem) Vorhofflimmern, um den Sinusrhythmus nach erfolgreicher Kardioversion stabil zu halten. Auch bei diesen Patienten sollten zunächst andere Therapien erwogen werden. Denn unter Dronedaron steigt das Risiko für unerwünschte Effekte an Leber, Lunge sowie Herz und Gefäßen. Die Nebenwirkungen traten vor allem bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern auf, sodass diese das Mittel überhaupt nicht erhalten sollten. Für die anderen stellt es trotz der Risiken unter Umständen eine gute Therapiemöglichkeit dar.

 

Positiv bewertete die EMA das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Lenalidomid (Revlimid®). Das Thalidomid-Analogon ist Teil der Therapie bei Patienten mit multiplem Myelom. Es können allerdings als Folge Zweittumoren auftreten. Das Risiko war bei Patienten, für die Lenalidomid eigentlich nicht zugelassen war, um das Vierfache erhöht. Bei Patienten mit der zugelassenen Indikation traten Zweittumoren zwar auch häufiger auf als unter anderen Therapien, aber seltener als bei der Off-Label-Nutzung. Dafür verlängerte sich das Gesamtüberleben. Die Indikationsstellung ist demnach streng zu beachten.

 

Zudem empfahl die EMA strengere Kontraindikationen für Suppositorien mit terpenoiden Inhaltsstoffen, die in einigen Ländern als Hustenmittel für Kinder auf dem Markt sind. In Deutschland sind solche Zäpfchen nicht erhältlich.

 

Orlistat unter der Lupe

 

Aufgrund einiger Fälle von Leberschäden bewertet die EMA das Nutzen-Risiko-Profil von Orlistat neu. Das Mittel zur Gewichtsreduktion ist seit 1998 als Xenical® in Deutschland auf dem Markt, seit 2009 auch als OTC-Produkt Alli®. Seit der Zulassung beobachtet die Behörde, wie häufig Leberreaktionen auftreten. Entsprechende Warnhinweise sind in Fach- und Gebrauchsinformationen bereits vermerkt. Laut EMA sind die meisten gemeldeten Fälle nicht schwerwiegend. Selten treten jedoch auch schwere Leberschäden auf. Hier wertet die EMA nun die Daten neu aus.

 

So wurden den Behörden seit der Zulassung des rezeptpflichtigen Produktes mit 120 Milligramm Wirkstoff im Jahr 1998 bis Januar 2011 21 schwere Fälle von Lebertoxizität gemeldet, bei denen ein kausaler Zusammenhang mit der Medikamenteneinnahme nicht ausgeschlossen werden kann. Zwischen Mai 2007 und Januar 2011 gab es zudem neun Verdachtsmeldungen schwerer Leberschäden für das OTC-Produkt mit 60 Milligramm Orlistat. Bei einigen dieser Fälle könnte es jedoch auch andere Erklärungen für die Leberschäden geben. /

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