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Kokosöl

Gutes Image dank unpassender Studien

05.09.2018  10:22 Uhr

Von Annette Mende / Erst gehypt, dann verteufelt: Das Öl aus dem Fruchtfleisch der Kokosnuss erfährt gerade einen radikalen Imagewechsel.

 

Kokosöl sei »das reine Gift« sagte kürzlich die Freiburger Professorin Dr. Karin Michels in einem Vortrag, der bei YouTube mittlerweile mehr als 1,3 Millionen Mal angeklickt wurde. Michels begründete ihre Aussage mit dem hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren im Kokosöl – in der Tat ein Nachteil des Öls gegenüber anderen Pflanzenölen.

Doch woher kommt dann der gute Leumund des Kokosöls, es helfe beim Abnehmen, stärke das Immunsystem, wirke kardioprotektiv und schütze vor Alzheimer? Hierzu liefert jetzt die Harvard School of Public Health in Massachusetts – vielleicht nicht zufällig eine frühere Wirkungsstätte von Michels – in einem Newsletter Hintergründe. Viele positive Aussagen zu den Effekten von Kokosöl beruhten auf Studien, in denen nicht das Öl selbst, sondern aus diesem gewonnene mittelkettige Triglyceride verwendet wurden, heißt es dort. Diese hätten aber im Körper andere Effekte; sie würden beispielsweise schneller aufgenommen und sättigten dadurch schneller als die zwölfkettige ungesättigte Laurinsäure, der Hauptbestandteil nativen Kokosöls.

 

Auch in Ländern wie Indien, den ­Philippinen und Polynesien, in denen Kokosöl traditioneller Bestandteil der Ernährung ist, unterscheide sich das Öl von dem, das man in westlichen Supermärkten kaufen kann. Anstelle von prozessiertem Kokosöl werde dort das Fruchtfleisch der Kokosnuss ganz oder gepresst in Form einer Creme verwendet. Zudem sei die Kost in diesen Regionen reich an Ballaststoffen und arm an verarbeiteten und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln, was neben anderen Lebensstilfaktoren die beobachteten niedrigen Raten an kardiovaskulären Erkrankungen erklären könnte.

 

Generell sei zu empfehlen, den Anteil gesättigter Fettsäuren an der Ernährung zugunsten von ungesättigten zu reduzieren. Kokosöl solle daher nur ab und zu und in Maßen genossen werden, immerhin enthält ein Teelöffel voll ganze 14 g Fett und 120 Kilokalorien. Berücksichtigt man diesen Ratschlag, sei aber gegen eine sporadische Verwendung beim Backen und beim Kochen nichts einzuwenden. /

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