6. Nachtrag zum Europäischen Arzneibuch |
27.08.2007 13:42 Uhr |
6. Nachtrag zum Europäischen Arzneibuch
Von Karsten Albert
Am 1. September 2007 tritt der 6. Nachtrag zum Europäischen Arzneibuch in Kraft. Der Band 5.6 enthält 30 neue Monographien für Ausgangsstoffe sowie zahlreiche Änderungen der allgemeinen und speziellen Vorschriften.
Der Nachtrag Ph. Eur. 5.6 ist die deutsche Übersetzung des am 1. Januar 2007 implementierten »European Pharmacopoeia Supplement 5.6« (1). Mit der amtlichen Bekanntmachung der deutschen Übersetzung dieses Nachtrags erfüllt die Bundesrepublik Deutschland ihre Verpflichtung, von der Europäischen Arzneibuch-Kommission beschlossene Texte entsprechend § 55 Abs. 2 Arzneimittelgesetz in geltende Normen zu überführen.
Das Europäische Arzneibuch besteht jetzt aus dem zweibändigen Grundwerk Ph. Eur. 5.0 und den Nachträgen Ph. Eur. 5.1 bis 5.6. Die Monographien und Texte der Nachträge sind nicht kumulativ, das heißt, die gültige Ph. Eur. umfasst mittlerweile acht Bände. Kumulativ sind dagegen Inhaltsverzeichnis und Register. Die Suche nach den aktuell gültigen Vorschriften ist in einem achtbändigen Werk naturgemäß schwierig und umso wichtiger ist es deshalb, stets das Inhaltsverzeichnis und das Register des neuesten Nachtrags zu verwenden.
Neue Monographien
Die neuen Regelungen des Nachtrags 5.6 betreffen im allgemeinen Teil des Arzneibuches zum Beispiel die Kontrolle biologischer Produkte, die Bestimmung der scheinbaren Lösungsgeschwindigkeit und die Charakterisierung von Feststoffen durch Röntgenpulverdiffraktometrie. Fünf neue Einzelmonographien legen Spezifikationen für Impfstoffe fest.
Der spezielle Teil des Arzneibuches wurde um folgende Stoffmonographien erweitert:
Alverincitrat
Sumatra-Benzoe
Sumatra-Benzoe-Tinktur
Eingestellter Cascaratrockenextrakt
Quantifiziertes, raffiniertes Cayennepfefferölharz
Eingestellte Cayennepfeffertinktur
Cefepimdihydrochlorid-Monohydrat
Cladribin
Dembrexinhydrochlorid-Monohydrat für Tiere
Dopexamindihydrochlorid
Eisenkraut
Enalaprilat-Dihydrat
Fluconazol
Gemcitabinhydrochlorid
Guajacol
Letrozol
Loratadin
Mandarinenschalenöl
Wasserhaltiges Manganglycerophosphat
Eingestellter, gereinigter Mariendistelfrüchtetrockenextrakt
Modafinil
Naproxen-Natrium
Oxitropiumbromid
Pyrrolidon
Purpur-Sonnenhut-Kraut
Purpur-Sonnenhut-Wurzel
Hämatopoetische Stammzellen vom Menschen
Terazosinhydrochlorid-Dihydrat
Tropisetronhydrochlorid
Von-Willebrand-Faktor vom Menschen
Die europäischen Vorschriften für Eingestellte Cayennepfeffertinktur und Eisenkraut ersetzen die entsprechenden Monographien im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC). Sie werden Mitte nächsten Jahres im DAC 2008 gestrichen.
Revidierte Monographien
Mit dem Nachtrag Ph. Eur. 5.6 werden zahlreiche bestehende Monographien der Ph. Eur. aktualisiert (2). Von den Änderungen sind auch einige Analysenmethoden und Ausgangsstoffe betroffen, die für die Prüfung von Arzneimitteln in der Apotheke wichtig sind:
Optische Drehung (2.2.7): Nach der Entwicklung empfindlicherer Polarimeter kann der Drehwinkel nicht nur bei der D-Linie des Natriums (l = 589,3 nm), sondern auch bei anderen Wellenlängen gemessen werden. Die Anwendung des neuen Verfahrens muss allerdings in den Stoffmonographien jeweils vorgesehen sein.
UV-Vis-Spektroskopie (2.2.25): Die Messungen müssen nicht mehr bei 20 ± 1 °C durchgeführt werden, weil die Absorption bei normaler Raumtemperatur praktisch konstant ist.
Sulfatasche (2.4.14): Die Einwaage soll so gewählt werden, dass unter Berücksichtigung des jeweils geltenden Grenzwerts eine Auswaage von etwa 1 mg resultiert, die auf der Analysenwaage mit hinreichender Genauigkeit gemessen werden kann. Normalerweise beträgt die erforderliche Einwaage 1 bis 2 g.
Monographien zu Darreichungsformen: In der Rahmenmonographie »Flüssige Zubereitungen zum Einnehmen« werden »Tropfen zum Einnehmen« künftig von der Prüfung auf »Gleichförmigkeit der Masse der abgegebenen Dosen aus Mehrdosenbehältnissen (2.9.27)« ausgenommen.
Monographien zu Ausgangsstoffen: In der Ph. Eur. 5.6 hat die Europäische Arzneibuch-Kommission ihr Bestreben fortgesetzt, bei der Prüfung von Wirkstoffen auf verwandte Substanzen halbquantitative dünnschichtchromatographische Verfahren durch die genauer auszuwertende Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) oder die Gaschromatographie (GC) zu ersetzen. In sechs weiteren Monographien, darunter so wichtige Stoffe wie Bisacodyl, Diazepam und Levodopa, wird nunmehr die HPLC zum Nachweis von Syntheseverunreinigungen und Zersetzungsprodukten verwendet.
Diazepam: Die zweite Identifikationsreihe für einfacher ausgerüstete Laboratorien ist entfallen, sodass die Substanz in der Apotheke bei Bedarf mithilfe von Alternativverfahren nachgewiesen werden muss. Ein geeignetes Verfahren ist zum Beispiel im Deutschen Arzneimittel-Codex beschrieben (3).
Levodopa: Die Substanz muss möglichst frei sein vom Enantiomer D-Dopa, das eine Granulocytopenie hervorrufen kann (4). Zur empfindlicheren Prüfung auf enantiomere Reinheit wird die Bestimmung der optischen Drehung durch eine HPLC mit einem Grenzwert von höchstens 0,5 Prozent D-Dopa ersetzt. Auch in dieser Monographie wurden die Alternativverfahren zur Identifizierung gestrichen.
Prednisolonacetat: Die HPLC-Prüfung auf verwandte Substanzen wurde verbessert, sodass drei zusätzliche Verunreinigungen erfasst werden. In der für Apotheken vorgesehenen zweiten Identifikationsreihe ist die langwierige und wenig aussagekräftige Dünnschichtchromatographie der verseiften Substanz gestrichen worden. Im Abschnitt »Eigenschaften« ist außerdem wegen mangelnder Spezifität die unter Zersetzung einhergehende Schmelztemperatur von etwa 230 °C entfallen.
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European Pharmacopoeia, Supplement 5.6 to the 5th Edition, Council of Europe, 67075 Strasbourg Cedex, France, 2006.
N. N., Comments concerning some revised/corrected texts published in supplement 5.6, Pharmeuropa 18 (2006) 340-343.
Deutscher Arzneimittel-Codex, Band 3, S. 147, Hrsg.: ABDA-Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Govi-Verlag, Eschborn, 2007
M. Rueping und B.J. Nachtsheim, Von der Natur lernen, Forschung Frankfurt 1/2007,
S. 43-47
Anschrift des Verfassers:
Dr. Karsten Albert
Deutscher Arzneimittel-Codex
Carl-Mannich-Straße 20
65760 Eschborn