Behandlung bleibt Herausforderung |
22.08.2018 10:51 Uhr |
Von Nicole Schuster / Sie bleiben nach Verwundungen zurück und können funktionelle Einschränkungen, Symptome wie Juckreiz oder Schmerzen und ästhetische Mängel verursachen. Moderne Techniken ermöglichen es, Narben zu reduzieren und ihre Optik zu verbessern. Eine Therapie, die das alte Hautbild wiederherstellen kann, gibt es aber bisher nicht.
Ob durch Verletzungen oder als Folge von Operationen: Im Laufe des Lebens sammeln sich so manche Narben auf dem Körper eines Menschen an. Die gutartigen Bindegewebsvermehrungen entstehen im Zuge der physiologischen Wundheilung. Sie sind weniger elastisch als normale Haut, zudem weichen sie meist farblich vom umgebenden Gewebe ab. Ein fehlender Haarwuchs sowie eine wulst- oder kordelförmige Gestalt sind weitere Merkmale.
Narben entstehen, wenn Wunden heilen. Pathologisch sind sie nur, wenn sie zu Funktionseinschränkungen oder Missempfindungen führen.
Foto: Shutterstock/Sunwand24
Pathologisch werden Narben, wenn sie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen verursachen. Experten unterscheiden dann zwei Typen: Hypertrophe Narben sind auf den Bereich der ursprünglichen Verletzung beschränkt. Optisch sind sie an ihrer rötlichen Farbe zu erkennen und daran, dass sie sich wulstartig über das sie umgebende Hautniveau erheben. Sie entstehen bei mangelnder Ruhigstellung oder auch bei Komplikationen wie Infektionen. Die selteneren Keloide erscheinen als lippenförmige Stränge und bilden sich über die Grenze der ursprünglichen Wunde hinaus. Das Risiko für diese Narben ist umso höher, je pigmentierter die Haut ist. Wie hypertrophe Narben erheben sie sich über das Hautniveau und können verschiedene Farben von zartrosa bis tiefrot annehmen. Sie sind hart-elastisch bis hart und verursachen häufig Symptome wie Juckreiz, Berührungsempfindlichkeit und Dysästhesien.
Einschränkung der Lebensqualität
Für die Behandlung ist wichtig: Hypertrophe Narben treten ohne genetische Prädisposition auf. Anders als Keloide können sie sich im Verlauf spontan oder durch Therapie zurückbilden. Eine genetische Veranlagung spielt hingegen bei Keloiden eine Rolle, zudem sind häufiger Rezidive zu befürchten.
Untersuchungen zeigten, dass die Lebensqualität bei Patienten mit hypertrophen Narben und Keloiden erheblich beeinträchtigt sein kann. Bei entsprechendem Leidensdruck ist eine Behandlung indiziert. Dazu sollten Narben zwar ausgereift sein, was ungefähr sechs bis zwölf Monate dauert, zu lange warten sollten Patienten aber nicht. Zudem sollte ihnen bewusst sein, dass aktuell keine Therapie eine Narbenreduktion beziehungsweise eine Verbesserung der funktionellen und/oder kosmetischen Symptomatik garantieren kann.
Zur Behandlung von hypertrophen Narben und Keloiden wenden Ärzte meist eine Kombination verschiedener Methoden an, die sie nach Merkmalen wie Lokalisation, Alter und Art der Narbe auswählen. An der Therapie sind nicht nur Dermatologen beteiligt. »Dem multidisziplinären Ansatz tragen wir bei der Neuerstellung der Leitlinie zur Narbenbehandlung – geplante Fertigstellung ist 2019 – Rechnung und binden andere beteiligte Fachgesellschaften, etwa Chirurgen und Nuklearmediziner, mit ein«, sagt Leitlinien-Mitautor Professor Dr. Alexander Nast, Leiter der Narbensprechstunde an der Klinik für Dermatologie, Venerolgie und Allergologie der Charité Berlin der PZ. Bleiben nach drei bis sechs Behandlungen die angestrebten Erfolge aus, sollte die Therapiestrategie überdacht werden.
Bewährte Methoden werden auch in der aktualisierten Version der Leitlinie eine Rolle spielen. »Für die meisten hypertrophen Narben werden das Injizieren von Cortison und die Anwendung von flüssigem Stickstoff, die Kryotherapie, weiterhin der Therapiestandard bleiben«, berichtet Nast. Die Injektion von Glucocorticoiden wie Triamcinolonacetonid (TAC) wirkt dem überschießenden Narbenwachstum entgegen. Die Ansprechraten sind gut, allerdings sind oft längere Behandlungsserien erforderlich. Bei falscher Injektion können unerwünschte optische Effekte wie Pigmentstörungen auftreten, außerdem ist die Prozedur schmerzhaft. Eine rein topische Anwendung von Glucocorticoiden in Form von Cremes oder Salben ist nicht zu empfehlen.
Kälte lässt Zellen absterben
Verschiedene Lasertechniken werden zur Narbenbehandlung eingesetzt.
Foto: Shutterstock/ZephyrMedia
Bei dem ebenfalls bewährten Verfahren Kryotherapie lässt die zugeführte Kälte Zellen absterben. Dabei besteht das Risiko, dass kältesensible Melanozyten zerstört werden. Es kommt dann zu einer – meist nur vorübergehenden – Depigmentierung. »Bei der intraläsionalen Kryotherapie wird das Keloid mit einer dickeren Nadel durchstochen und mit flüssigem Stickstoff, der in der Nadel zirkuliert, von innen durchgefroren«, erklärt der Dermatologe. Er glaubt, dass dieses Verfahren, das die umgebende Haut schont, in Zukunft verstärkt gefragt sein wird. »Die Therapie ist aus meiner Erfahrung besonders für sehr große und besonders schmerzhafte Keloide geeignet.«
Während auf die intraläsionale Injektion von TAC vor allem kleinere, frische Narben ansprechen, kombinieren Ärzte bei älteren Narben das Glucocorticoid mit einer Kryotherapie. Zwischen den einzelnen Behandlungen sollten bis zu vier Wochen Pause eingeplant werden.
Anstelle von flüssigem Stickstoff können bei therapieresistenten Keloiden auch das Zytostatikum Fluorouracil oder in Einzelfällen das kostenintensive Interferon-α-2b in Kombination mit TAC intraläsional injiziert werden.
In der Dermatologie und auch in der Narbenbehandlung sind verschiedene Lasertechniken verbreitet. Die Bestrahlung kann ablativ erfolgen, wobei Gewebe abgetragen wird, oder nicht ablativ, beispielsweise zur Reduktion einer starken Rotfärbung der Narbe. Das Verfahren ist aber kein Allheilmittel, wie Nast bekräftigt: »Die Laserbehandlung bringt nur für ausgewählte Narben einen Vorteil. Bei aktiven hypertrophen Narben und flachen Keloiden kann sie als schmerzarme Therapie eingesetzt werden.« Wichtig ist die Auswahl des Lasers. »Es kommt vor allem der fraktionierte CO2-Laser zum Einsatz, der Laserstrahlen nur ›wie durch ein Sieb gefiltert‹ durchlässt«, so der Dermatologe. Durch die punktuelle Bestrahlung erreichen Ärzte eine Normalisierung der in Narben unregelmäßigen Bildung von Kollegenfasern. »Direkt nach der Laserbehandlung kann Cortison aufgetragen werden. Der Wirkstoff kann dann durch die mit dem Laser erzeugten Kanäle besser in die Haut einziehen«, weiß der Experte.
Eine bewährte, aber aufwendige Methode bei frischen Narben ist die Druckbehandlung. Dazu stehen spezielle Hilfsmittel wie Kompressionsanzüge oder -bandagen zur Verfügung. Die Behandlung kann bis zu zwei Jahre dauern und erfordert ein gutes Durchhaltevermögen des Patienten. Ziel ist es, über den Druck eine Abflachung der Narbe herbeizuführen.
Chirurgische Interventionen sind bei ausgereiften Narben eine Option, wenn andere Therapien nicht Erfolg versprechend sind. Dabei können Ärzte eine erhöhte Zugspannung des Narbengewebes reduzieren oder durch den Eingriff eine Wunde mit verkürzter und verbesserter Abheilung herbeiführen. Ein Risiko ist, dass sich die Narbe durch die Behandlung vergrößert; außerdem kann es zu Rezidiven kommen.
An die chirurgische Intervention schließen sich üblicherweise Behandlungen wie die adjuvante Radiotherapie, eine Drucktherapie oder eine intraläsionale Steroidgabe an. Ionisierende Strahlung hemmt zum einen die Zellneubildung, zum anderen reduziert sie Entzündungsvorgänge. Ähnlich wirkt als Zusatztherapie oder präventiv bei frischen Narben die Applikation von Cremes mit Zwiebelextrakt. Silikonanwendungen in Form von Gelen, Cremes, Kissen, Auflagen oder Folien können vor allem bei Patienten mit Veranlagung zur Keloidbildung ebenfalls vorbeugend nach Operationen angewendet werden. Bei bestehenden Narben dienen sie dazu, die Elastizität des Gewebes zu verbessern. Ein Vorteil ist die schmerzlose und einfache Anwendung. /