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Synthetische Bakterien

Killerkeim als Antibiotikum

23.08.2011  16:24 Uhr

Von Daniela Biermann / Forscher haben Escherichia-coli-Bakterien gentechnisch so aufgerüstet, dass sie den gefährlichen Krankenhauskeim Pseudomonas aeruginosa aufspüren und eliminieren können. In ersten In-vitro-Versuchen haben sich die künstlichen Killer bewährt.

Dabei schlagen die genmanipulierten Keime die Pseudomonas-Bakterien mit ihren eigenen Waffen. Die Pathogene produzieren eigene Antibiotika, sogenannte Pyocine, die sich gegen konkurrierende Stämme richten – und zwar höchst spezifisch. Das Team um Matthew Chang von der Nanyang Technological University in Singapur pflanzte E.-coli-Bakterien das von Pseudomonas aeruginosa stammende Gen für Pyocin S5 ein. Dieses tötet nur humanpathogene Pseudomonas-Stämme, aber nicht die normale bakterielle Flora des Menschen. Die Forscher hoffen, so den Einsatz von Breitspektrumantibiotika zu minimieren und Resistenzbildung zu umgehen. Bislang sind noch keine Pyocin-Resistenzen bekannt. Die synthetischen Keime beherrschen zudem einen Trick: Sie setzen nur Pyocine frei, wenn sie Botenstoffe wittern, die Pseudomonas-Bakterien zur Kommunikation untereinander verwenden. Erst dann startet Escherichia coli die Pyocin-Produktion und lysiert die anderen Bakterien.

In ersten in-vitro-Versuchen konnten die synthetischen E. coli die Krankheitserreger zu 99 Prozent abtöten. Außerdem verhinderten sie zu fast 90 Prozent die Bildung von Biofilmen, schreibt die Arbeitsgruppe im Fachjournal »Molecular Systems Biology« (doi: 10.1038/msb.2011.55).

 

Allerdings müssen die künstlichen Killer derzeit noch 4 zu 1 in der Mehrzahl sein, um die Pseudomonien zu schlagen. Daran wollen die Wissenschaftler noch arbeiten, bevor sie ins Tiermodell gehen. Außerdem wollen sie das Modell wie einen Lego-Bausatz auch gegen andere Bakterien verwenden, zum Beispiel den Cholera-Erreger. Ob sich die künstlichen Bakterien wirklich zur Therapie von Lungen- und Wundinfektionen bei Menschen eignen, wird sich wohl erst in einigen Jahren zeigen. /

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