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Niedersachsen

Protest gegen Stationsapotheker

16.08.2017  09:35 Uhr

Von Daniela Hüttemann / In Niedersachsen war geplant, alle Krankenhäuser zur Beschäftigung von Stationsapothekern zu verpflichten. Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) bezweifelt jedoch, dass genügend qualifizierte Pharmazeuten zur Verfügung stehen. Aufgrund der geplanten vorgezogenen Neuwahl des Landtags liegt das Vorhaben derzeit ohnehin auf Eis.

Der NKG zufolge würden 180 Stationsapotheker gebraucht, sollte die geplante Novellierung des Landes-Kranken­hausgesetzes umgesetzt werden – eine Konsequenz aus den sogenannten Pflegemorden in zwei Kliniken des Bundeslands. Pro 300 Krankenhausbetten soll demnach ein Apotheker für eine höhere Arzneimitteltherapiesicherheit sorgen. 

 

Die Krankenhäuser bestreiten nicht, dass der Einsatz eines Apothekers auf Station mit Blick auf die Patientensicherheit und Versorgungsqualität von Vorteil ist. Streitpunkt ist jedoch, wie die zusätzlichen Stellen finan­ziert werden sollen und ob genügend Apotheker mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung stehen.

 

Sollten die Krankenhäuser die Vorgabe innerhalb von 36 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht erfüllen können, drohen Strafen. »Die Krankenhäuser werden in spätestens drei Jahren gegen das Gesetz verstoßen müssen«, teilte die NKG vergangene Woche mit. Denn es seien nicht genügend Stationsapotheker auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. Die NKG hat deshalb in der vergangenen Woche in einer Protestaktion 180 lebensgroße Apotheker-Pappfiguren mit fehlendem Gesicht vor dem Niedersächsischen Landtag aufgestellt und eine symbolischen Stellenanzeige geschaltet.

 

Komfortable Übergangsfrist

 

Die Apothekerkammer Niedersachsen sieht dagegen aus gleich mehreren Gründen kein Problem. »Diese Vorgabe geht mit einer mehrjährigen Übergangsfrist von momentan 48 bis 72 Monaten einher. Auch stellt der Schlüssel von 1:300 einen Orientierungswert dar, der sich nach den Gegebenheiten des jeweiligen Krankenhauses richtet« sagte Frank Dombeck, pharmazeutischer Geschäftsführer der Kammer gegenüber der PZ. Die in der Begründung zum Gesetzentwurf kalkulierten 134,5 Stellen mal eben auf 180 aufzublähen, sei mit Blick auf die tragischen Patientenmorde unangemessen.

 

In den vergangenen zwanzig Jahren hat sich die Anzahl an Krankenhausapotheken in Niedersachsen nahezu halbiert. »Um jede Apothekerstelle im Krankenhaus muss hart mit der Verwaltung gerungen werden, da bislang erst wenige Krankenhausleitungen den Mehrwert über die bloße Arzneimittelogistik hinaus zu erkennen scheinen«, so Dombeck. Nicht umsonst seien laut niedersächsischem Landesamt für Statistik zum 31. Dezember 2015 auf 14 490 hauptberufliche Ärzte nur 143 Apotheker in niedersächsischen Krankenhäusern gekommen. »Der Stationsapotheker ist aber ein wesentlicher Qualitätsfaktor in der Patientenversorgung«, betonte Dombeck.

 

Viele Bewerber

 

Laut Kammerpräsidentin Magdalene Linz ist der Beruf des Krankenhausapothekers bei Pharmazeuten sehr beliebt. Auf entsprechende Stellen würden sich stets viele Kandidaten bewerben. Dombeck zufolge belegen das auch Zahlen der ABDA. Für die wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Arznei­mitteltherapiesicherheit wie Dosis­anpassungen und Interaktionschecks seien grundsätzlich alle Apotheker qualifiziert, sagte er. Darüber hinaus liege die Weiterbildungsquote zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie bei den Krankenhausapothekern fast bei 100 Prozent.

 

Ob und wann die Gesetzesänderung Realität wird, ist durch den Verlust der Regierungsmehrheit der rot-grünen Koalition im niedersächsischen Landtag derzeit ungewiss. Die Neuwahl ist für den 15. Oktober angesetzt. Bis dahin nicht abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren verfallen. »Das ist sehr schade, denn im fraktionsübergreifenden Sonderausschuss waren sich noch alle einig und wir waren bereits sehr weit«, so Dombeck. Die Apothekerkammer Niedersachsen hofft, dass das Vorhaben auch für die künftige Landesregierung ein Thema bleibt. /

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