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Morbus Alzheimer

Tarenflurbil enttäuscht in Phase III

22.07.2008  10:48 Uhr

Morbus Alzheimer

<typohead type="3">Tarenflurbil enttäuscht in Phase III

Von Kerstin A. Gräfe

 

Der US-Hersteller Myriad hat die klinische Entwicklung des Wirkstoffs Tarenflurbil eingestellt. Unter dem Präparatenamen Flurizan® sollte der Arzneistoff das erste Medikament werden, das gezielt in die Pathogenese der Erkrankung eingreift. In Phase III kam nun das Aus.

 

Überraschend war das Ergebnis nicht: Erste Hinweise lieferte bereits die Phase-II-Studie, an der 210 Patienten mit mildem Morbus Alzheimer teilgenommen hatten (Lancet Neurology 7, 2008, 483-493). Zwar verlangsamte Tarenflurbil in der Dosierung von täglich 800 mg die allmähliche Verschlechterung in den Aktivitäten des täglichen Lebens und in der Globalfunktion. Einen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse in den kognitiven Tests hatte der Arzneistoff jedoch nicht.

 

Angesichts der bislang nicht therapierbaren Krankheit war dies dennoch als kleiner, erster Fortschritt zu werten, dessen sichtbare Erfolge man sich aus der laufenden Phase-III-Studie erhoffte. Immerhin verfolgte man mit Tarenflurbil einen neuen Wirkansatz (Nature 453, 2008, 925-929). Das Team um Dr. Thomas L. Kukar und Professor Dr. Todd E. Golde von der Mayo Clinic in Jacksonville/Florida, konnte aufzeigen, dass der Arzneistoff die Bildung jener Amyloid-β-Proteine (Aβ) beeinflusst, die im Gehirn von Alzheimer-Patienten das Ausgangsmaterial für die krankheitsspezifischen Plaques bilden. Zur Erinnerung: Die Amyloid-β-Proteine werden mittels der Sekretasen (α-, β- und γ-Sekretasen) aus dem Vorläuferprotein Amyloid-Precursor-Protein (APP) freigesetzt. In der Regel entsteht dabei als Haupttyp Aβ-40 mit 40 Aminosäuren und ein kleinerer Anteil an Aβ-42 mit 42 beziehungsweise Aβ-38 mit 38 Aminosäuren. Die Länge des Aβ ist von zentraler pathologischer Bedeutung, da das längere Aβ-42 eine wesentlich höhere Tendenz zur Aggregation aufweist. Es lagert sich ab und bildet die Plaques, die neben den neurofibrillen Fasern charakteristisch für Morbus Alzheimer sind.

 

Laut Golde ist Tarenflurbil in der Lage, die Menge des gefährlichen, längeren und klebrigen Aβ-42 im Gehirn zu senken und gleichzeitig die Menge der kürzeren Aβ-Proteine zu steigern, die vor Alzheimer schützen können. Zunächst vermuteten die Forscher den Ansatzpunkt des Arzneistoffs an der γ-Sekretase, sodass sie ihn als γ-Sekretase-Modulator (γSM) bezeichneten. Inzwischen konnten sie jedoch aufzeigen, dass Tarenflurbil nicht am Enzym, sondern am Substrat, also am APP angreift. Resultat der ungewöhnlichen Substratbindung ist eine Konformationsänderung, sodass sich die Schnittstelle für die γ-Sekretase verschiebt, was letztendlich in der verminderten Freisetzung von Aβ-42 resultiert.

 

In der Praxis schien sich dieser Effekt jedoch nicht niedergeschlagen zu haben. In der Pressemitteilung des Herstellers Myriad ist lediglich zu lesen, dass die Daten der 18-monatigen Phase-III-Studie, an der 1684 Patienten mit mildem Morbus Alzheimer teilgenommen hatten, nicht mit denen der Phase II korrespondierten und man die klinische Entwicklung einstelle.

 

Auf den Optimismus der Forscher wird dieses Ergebnis keinen Einfluss haben. So ließ Golde bereits im Vorfeld auf der Internetseite der Mayo Clinic verlauten: »Selbst für den Fall, dass die Test-Resultate von Tarenflurbil und anderer γSM unerwarteterweise weniger vorteilhaft ausfallen, können diese Entdeckungen den Entwicklern von Arzneimitteln trotzdem helfen, neue, wirkungsvollere Mittel herzustellen. Immer wenn wir größeres Verständnis der exakten molekularen Funktion eines Wirkstoffes gewinnen, erhöht dies unsere Fähigkeit, bessere Medikamente herzustellen.«

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