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Strategieempfehlungen

Big Data als Service

01.07.2015  09:47 Uhr

Von Sven Siebenand, Düsseldorf / Wie geht es mit der Medizin in Zeiten von Big Data und Digitalisierung weiter? Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) hat ein Trendforschungs­institut beauftragt, diese Frage mit einer Studie zur personalisierten Medizin zu beantworten. Für die Zukunft geben sie Heilberuflern fünf Strategie-Empfehlungen an die Hand.

Zuerst muss ein Missverständnis umschifft werden: Der Begriff »personalisierte Medizin« steht in dieser Studie nicht allein für eine individuell auf einen Patienten zugeschnittene Arzneimitteltherapie. In dem von der Apobank initiierten Pressegespräch in Düsseldorf ging es hauptsächlich um datenzentrierte Medizin und das Gesundheitswesen der Zukunft, welches individuelle Faktoren auf allen Stufen der Gesundheitsversorgung berücksichtigt.

 

Individuelle Angebote

 

Die vom Unternehmen 2b Ahead ThinkTank umgesetzte Studie fußt auf der sogenannten Delphi-Methode. Dabei werden mehrere Fachleute mit spezialisiertem Wissen um ihre Einschätzung gebeten, erklärte Studienleiter Michael Carl das Konzept. Zu den befragten Experten zählten unter anderem ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery. Neben weiteren Personen aus dem klassischen Gesundheitssektor kamen auch Fachleute aus anderen für die Medizin relevanten Branchen zu Wort. Nach Analyse der Aussagen entwickelten die Studienautoren Strategie-Empfehlungen für Heilberufler und Unternehmen in der Gesundheitsbranche.

 

»Daten nehmen zu, Quellen werden vielfältiger und die Möglichkeiten der Auswertung wachsen«, sagte der Trendforscher. Das Resultat dieser Entwicklung könnten mehr individuelle Gesundheitsangebote für Patienten sein. Allerdings führten Komplexität und Menge der Daten dazu, dass der Einzelne damit überfordert sei. Daraus resultiere die Frage, wer mit wem zusammenarbeitet und wer das Zusammenspiel der verschiedenen Player koordiniert.

 

In der personalisierten Medizin der Zukunft haben Daten eine Steuerungsfunktion für medizinische Prozesse, so Carl. »Apotheker und Ärzte müssen sich darauf einstellen, dass sowohl sie als auch die Patienten den Service des Internets permanent und überall verfügbar haben«, heißt es dazu in der Studie. Ebenso kommen deren Autoren zu dem Schluss, dass aus Patienten zukünftig Gesundheitskunden werden. Menschen könnten sich überall und zu jeder Zeit über den eigenen Gesundheitsstatus informieren. Hier entstünden neue Marktchancen, die nicht nur für die klassische Gesundheitsbranche interessant sind.

 

Neue Versorgungsformen

 

Carl ist zudem davon überzeugt, dass die personalisierte Medizin die Wertschöpfungsketten verändern wird. Als Beispiel nannte er den 3-D-Druck. »Dieser hat das Potenzial, in der gesamten medizinischen Wertschöpfungskette innovative Versorgungsformen bereitzustellen«, schreiben die Studienautoren. Es sei denkbar, dass die Drucker auch in Apotheken als Außenstelle zum Einsatz kommen, in denen das Endprodukt ausgedruckt wird.

 

Insgesamt fünf Strategie-Empfehlungen für Heilberufler haben die Trendforscher, um den Anforderungen der personalisierten Medizin gerecht zu werden. »Werden Sie zum Gesundheitskoordinator Ihrer Gesundheitskunden«, nannte Carl den ersten Ratschlag. Der Heilberufler der Zukunft komme nicht umhin, sich mit Daten zu beschäftigen. Eine zweite Empfehlung der Studienautoren ist, vertikale Netzwerke aufzubauen. »Nehmen Sie jede Funktion in Ihre Netzwerke auf, die aus Sicht der Gesundheitskunden relevant ist«, schrei­ben sie. Weiterhin sei es ratsam, in IT-Ausstattung und IT-Kompetenz zu investieren. »Richten Sie die IT so aus, dass sie mit möglichst vielen Schnittstellen umgehen kann«, präzisierte Carl. Ferner kommt es den Trendforschern zufolge darauf an, sich neue Gesundheitsorte zu erschließen, zum Beispiel über Apps oder indem Heilberufler in Online-Portalen präsent sind. Und nicht zuletzt raten die Forscher, die Unternehmensprozesse den Anforderungen der personalisierten Medizin anzupassen. Auf dem Markt wird Carl zufolge eine erhebliche Wettbewerbs-Situation entstehen. Darauf sollten sich die Heilberufler vorbereiten. /

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