Patienten-Bedürfnisse berücksichtigen |
28.06.2007 14:34 Uhr |
<typohead type="3">Patienten-Bedürfnisse berücksichtigen
Von Claudia Borchard-Tuch, Essen
Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass Lamotrigin bei fokaler Epilepsie und Valproat bei generalisierter oder nicht klassifizierbarer Epilepsie am besten wirksam und verträglich sind. Doch auch andere Faktoren sollten bei einer antiepileptischen Therapie nicht außer Acht gelassen werden.
»Die Therapie der Epilepsie muss unbedingt den individuellen Bedürfnissen des Patienten angepasst sein«, konstatierte Dr. Stefan Stodieck vom Krankenhaus Alsterdorf, Epilepsiezentrum Hamburg, auf einer Veranstaltung von GlaxoSmithKline. Neben der Anfallsform sollte der Arzt vor allem Alter und Geschlecht des Patienten, späteren Kinderwunsch und zusätzliche Erkrankungen berücksichtigen.
Bei der Epilepsie hat der Arzt die Qual der Wahl. Zwischen 1992 und 2005 wurden in Deutschland zehn neue Medikamente zugelassen wenn auch nicht alle zur Ersttherapie. Ist die Anfallsform der Epilepsie bekannt, können die Ergebnisse der britischen Doppelstudie Standard and New Antiepileptic Drugs (SANAD) bei der Auswahl des richtigen Antiepileptikums hilfreich sein (1). Die Studie bestand aus zwei Abschnitten. Ein Teil untersuchte die Wirksamkeit verschiedener Antiepileptika bei Patienten mit fokaler Epilepsie. Der andere Teil erfasste Patienten mit generalisierter oder unklarer Epilepsie.
Bei den Untersuchungen zur fokalen Epilepsie wurden insgesamt 1721 Patienten entweder mit Carbamazepin, einem älteren Wirkstoff, behandelt oder aber mit den neueren Arzneistoffen Gabapentin, Lamotrigin, Oxcarbazepin oder Topiramat. »Insgesamt zeigte die Studie, dass Lamotrigin dem Standardmedikament Carbamazepin überlegen war«, informierte Stodieck. Am schlechtesten schlossen Gabapentin und Topiramat ab. Die Daten zu Oxcarbazepin, das erst später in die Studie aufgenommen wurde, sind noch nicht eindeutig.
Auch andere Studien, die verschiedene Therapieformen der zumeist durch Gefäßveränderungen bedingten fokalen Epilepsien im höheren Lebensalter untersuchten, zeigten, dass Lamotrigin Carbamazepin klinisch überlegen waren: Lamotrigin erwies sich als weitaus verträglicher, sodass die Patienten die antiepileptische Therapie beibehielten (2).
Gewichtszunahme unter Valproat
Im zweiten Abschnitt der SANAD-Studie wurden 716 Patienten mit generalisierter oder unklassifizierter Epilepsie mit Valproat dem derzeitigen Therapiestandard oder mit Lamotrigin und Topiramat behandelt. Valproat schnitt am besten ab. In Einzelfällen, zum Beispiel wenn Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu befürchten sind oder im Fall eines Kinderwunsches, sollte aber auf andere Medikamente ausgewichen werden.
Dies weist daraufhin, dass Effektivität, also Anfallsfreiheit sowie kurzfristige Verträglichkeit, und Kosten nicht die einzigen Aspekte sind, die bei der Behandlung von Epileptikern eine Rolle spielen. Gegen Valproat als Mittel der ersten Wahl sprechen zum Beispiel die häufig zu beobachtende deutliche Gewichtszunahme, mögliche negative endokrine Effekte sowie das im Vergleich zu Lamotrigin signifikant erhöhte teratogene Risiko. »Aus diesem Grund ist es nicht unbedingt sinnvoll, ein Medikament pauschal zum Mittel der ersten Wahl zu erklären«, erklärte Stodieck.
Der ökonomische Druck im Gesundheitswesen sowie der Ablauf des Patentschutzes führte zur vermehrten Einführung von Generika. Hierdurch ergeben sich gerade bei bisher erfolgreich behandelten Epileptikern neue Probleme, wenn vom Gesetzgeber die Verschreibung des jeweils billigsten Präparates gefordert wird. »Bioäquivalenz bedeutet nicht immer therapeutische Äquivalenz«, erklärte Stodieck. So müssten auch Gefühle des Patienten wie Angst und Misstrauen gegenüber einem neuen Präparat, die zu einem Verlust der Compliance führen können, berücksichtigt werden. Umstellungen zwischen verschiedenen Arzneizubereitungen mit gleichem Wirkstoff können zu Durchbruchsanfällen führen. Die deutsche Sektion der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) empfiehlt, dass Umstellungen von anfallsfreien Patienten generell unterbleiben sollten.
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Marson A. G., Al-Kharusi A. M., Alwaidh M., Appleton R., et al., The SANAD study of effectiveness of valproate, lamotrigine, or topiramate for generalised and unclassifiable epilepsy: an unblinded randomised controlled trial. Lancet 369 (2007) 1000-1026.
Krämer, G., Epilepsien im höheren Lebensalter: Gibt es relevante Vorteile neuer Antiepileptika? NeuroGer 1 (1) (2004) 21-24.