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Unterschätzte Nebenwirkung

Leberschäden häufiger als gedacht

26.07.2013  10:38 Uhr

Von Annette Mende / Beim Stichwort Leberschäden durch Arzneimittel wird meist als erstes Beispiel der Wirkstoff Paracetamol genannt. Doch auch viele andere Arzneistoffe haben ein leber­toxisches Potenzial. Dass dieses größer ist als bislang angenommen, zeigt eine aktuelle Untersuchung aus Island.

Der Studie zufolge kommt es bei 19 von 100 000 Personen zu einer Arzneimittel-induzierten Leberschädigung. Diese Quote errechneten Forscher der Universität Reykjavik anhand einer zweijährigen, prospektiven Untersuchung sämtlicher Einwohner Islands. In ihrer Studie, die aktuell im Fachblatt »Gastroenterology« erschien, berücksichtigten die Wissenschaftler alle Arzneimittel außer Paracetamol (doi: 10.1053/j.gastro. 2013.02.006).

Anders als man vielleicht vermuten könnte, waren die betroffenen Patienten in der Mehrzahl der Fälle nicht solche, die viele verschiedene Medikamente einnahmen. In drei von vier Fällen war für den Leberschaden ein einzelner Arzneistoff verantwortlich, in 16 Prozent der Fälle ein Nahrungsergänzungsmittel und in 9 Prozent der Fälle die Kombination aus mehreren Wirkstoffen.

 

Amoxicillin/Clavulansäure Spitzenreiter

 

Mit Abstand am häufigsten war Amoxi­cillin/Clavulansäure der Auslöser der Hepatotoxizität; 22 Prozent der beobachteten Leberschäden gingen auf das Konto dieser Kombination aus einem Penicillin-Antibiotikum und einem β-Lactamase-Hemmer. Weitere Wirkstoffe, die einen klinisch manifesten Leberschaden auslösten, waren das nicht steroidale Antirheumatikum Diclo­fenac, das Immunsuppressivum Azathioprin, der TNF-α-Hemmer Infliximab und das Antibiotikum Nitro­furantoin. Diese Arzneistoffe zeichneten für 6 beziehungs­weise jeweils 4 Prozent der Fälle verantwortlich.

 

Im Verhältnis zur Zahl der damit behandelten Patienten hatten Azathioprin und Infliximab die höchste Lebertoxizität. Da aber nur wenige Menschen an Krankheiten leiden, die eine Therapie mit diesen Arzneistoffen erfordern, war die absolute Zahl der von diesen Wirkstoffen ausgelösten Organschäden gering. Die häufig verwendete Fixkombi Amoxicillin/Clavulansäure sowie das gängige NSAR Diclofenac richteten trotz ihres vergleichsweise geringeren hepatotoxischen Potenzials mehr Schaden an, weil sie sehr viel häufiger zum Einsatz kamen.

 

Die einzige bisher publizierte populationsweite Untersuchung der Lebertoxizität von Arzneimitteln stammt aus Frankreich und datiert auf das Jahr 2000. Damals wurden 14 Fälle von Arzneimittel-bedingten Leberschäden pro 100 000 Personen gefunden. Inter­essanter als diese – relativ geringe – Abweichung zu den 19 Fällen pro 100 000 Personen, die die Isländer jetzt fanden, ist ein weiteres Ergebnis: Die französischen Forscher stellten fest, dass Leberschäden durch Arzneimittel 16-mal häufiger sind als entsprechende Spontanmeldungen an die Behörden. Das wahre Ausmaß der Lebertoxizität auch gängiger Arzneistoffe wird demnach vermutlich stark unterschätzt.

 

Keine Zahlen für Deutschland

 

Diese Meinung vertritt auch Professor Dr. Peter M. Galle, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, in einer Pressemitteilung. »Für Deutschland gibt es hierzu bislang zwar keine Zahlen, aber die Ergebnisse der isländischen Studie lassen vermuten, dass das Problem auch bei uns größer ist als bislang angenommen«, so der Gastroenterologe und Hepatologe.

 

Die Symptome eines Leberschadens seien unspezifisch und die Diagnose daher oft schwierig. Anzeichen können neben Appetit­losigkeit und Erbrechen, Fieber, Gelenk-, Muskel- und Bauchschmerzen auch Juckreiz, Veränderungen der Hautfarbe sowie Stuhl- und Urinverfärbungen sein. »Leberschäden treten häufig durch Überdosierungen oder Überschreitungen der vorgeschriebenen Therapiedauer auf«, sagt Galle. Die Angaben zu Höchst­dosis und maximaler Therapiedauer seien daher unbedingt zu beachten. Bestätige sich der Verdacht einer leberschädigenden Wirkung, sollten Patienten das entsprechende Präparat in Absprache mit dem Arzt möglichst rasch absetzen. / 

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