Selbstmedikation stark eingeschränkt |
09.06.2015 14:47 Uhr |
Patienten mit Augenbeschwerden gehören in den meisten Fällen in die Hände des Arztes – ohne Wenn und Aber. Dieses nüchterne Fazit zog Dr. Eric Martin, Apotheker aus Marktheidenfeld. Dennoch kommen die meisten Betroffenen zunächst in die Apotheke. Die Indikation für eine Behandlung mit OTC-Präparaten muss streng gestellt und stets zeitlich befristet sein.
»Der Schnittstelle Apotheke kommt hier eine enorme Verantwortung zu«, sagte Martin. Denn hinter Symptomen wie tränenden oder roten Augen, Juckreiz, Sandkorngefühl oder entzündeten Lidrändern können sich harmlose Reizzustände ebenso wie den Sehnerv bedrohende Notfälle verbergen. Folgende Alarmsymptome sollten Apotheker hellhörig machen, denn sie schließen eine Selbstmedikation aus: einseitige oder plötzlich einsetzende Beschwerden inklusive Sehverlust, ausgeprägte Schmerzen, Verdacht auf Augenverletzung oder Verätzung und rote Augen mit Ausfluss bei Neugeborenen. »In diesen Fällen ist eine Selbstmedikation nicht statthaft«, betonte Martin.
Weißmacher kaschieren Symptome
Selbst ist der Mann! Was beim Heimwerken gilt, ist mitnichten auf die Behandlung von Augenkrankheiten übertragbar. Diese gehört meist in die Hand des Arztes.
Foto: Fotolia/Ingo Bartussek
Häufig werde in der Apotheke nach sogenannten Weißmacher-Augentropfen gefragt, da der Kunde mithilfe der topischen Dekongestiva eine störende Rötung der Augen zügig beseitigen möchte. Doch rote Augen können sowohl bei harmlosen Reizzuständen als auch bei schwerwiegenden Augenerkrankungen als unspezifisches Zeichen auftreten. »Klären Sie den Kunden darüber auf, dass eine Selbstmedikation mit Weißmachern die Symptome verschleiern und dadurch die ärztliche Diagnose erschweren kann« sagte Martin. Des Weiteren sei nicht jedes rote Auge Ausdruck einer Bindehautentzündung. So sei die Bindehautrötung zum Beispiel beim trockenen Auge eine Abwehrreaktion. »Weißmacher sind hier kontraindiziert, da sie die Austrocknung verstärken und zudem den Augeninnendruck steigern können«, erklärte der Apotheker.
Zahlreiche rezeptfreie Medikamente können bei trockenem Auge den Tränenfilm ersetzen. An erster Stelle seien hier Präparate mit Hyaluronsäure zu empfehlen, da sie für alle Formen von trocknen Augen geeignet sind, sagte Martin. Er nannte als Beispiele Artelac® Rebalance/-Splash, Biolan®/-Gel, Hyabak®, Thealoz® Duo oder Vismed®, wobei Präparate ohne Konservierungsmittel zu bevorzugen sind. Daneben stehen Polymere wie Polyvinylalkohol (Liquifilm®/-O.K.) und Povidon (Lac-Ophthal® MP/-sine, Oculotect fluid sine PVD®, Vidisept®) zur Verfügung. Sie sind relativ wenig viskos und können bei leichteren, nur selten auftretenden Beschwerden empfohlen werden.
Cellulose-Derivate wie Hypromellose (Artelac®/-EDO, Berberil® DryEye/ Sic-Ophthtal®) oder Carmellose (Cellufresh®, Celluvisc® 1 Prozent) sind höher viskos als Polyvinylalkohol und Povidon und wirken etwas länger als diese. Gleiches gilt für Carbomere (Lac-Ophthal® Gel, Liposic®, Vidisic®, Thilo-Tears®). Ebenfalls hochviskos sind Augengele mit Tamarindensamen-Polysaccharid (Visine® müde Augen sensitiv) oder Präparate mit Hydroxypropyl-Guar (Systane®). Letzteres wirkt wie Mucin; die Viskosität der Lösung erhöht sich nach dem Eintropfen ins Auge. Wird mit wässrigen Tränenersatzmitteln kein Erfolg erzielt oder liegt zugleich eine Reizsymptomatik vor, können Lipid-haltige Sicca-Produkte wie Artelac Lipids® oder Visine® Trockene Augen empfohlen werden. Darüber hinaus gibt es liposomale Lidsprays wie Omnitears® und Tears Again®.
Anwendung erklären
»Aufgabe des Apothekers ist es, die einzelnen Präparate zu erläutern, das Richtige auszuwählen und für eine korrekte Anwendung zu sorgen«, resümierte Martin. Grundsätzlich sollte die Behandlung in der Selbstmedikation aber immer befristet sein oder nur dann dauerhaft erfolgen, wenn der Augenarzt eine Diagnose gestellt und eine schwerwiegende Erkrankung ausgeschlossen hat.