Fußball-Fieber |
12.06.2006 11:42 Uhr |
Seit Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft steht Deutschland Kopf. Millionen von Fans aus der ganzen Welt feiern in Stadien und auf den Party-Meilen, Tausende Fahnen hängen in den Fenstern und alles scheint sich nur noch um eines zu drehen: den Fußball. Selbst wissenschaftliche Medien lassen sich vom Fieber anstecken und berichten über Dinge, die normalerweise keiner Meldung wert wären. So zum Beispiel, dass die holländische Nationalmannschaft im FSME-Hochrisikogebiet untergebracht ist und die Spieler durch Zecken vermutlich stärker gefährdet sind als durch ihre Gegner. Und selbst der Dauerbrenner »Ärztestreik« verblasst gegen die Diskussion um Ballacks Wade. Auch die Redaktion der PZ hat sich von der Euphorie anstecken lassen und das Thema Sport in den Mittelpunkt dieser Ausgabe gestellt.
Sportverletzungen ganz anderer Art rücken immer wieder in den Fokus von Gesundheitspolitikern. In regelmäßigen Abständen schlagen sie vor, Verletzungen bei Risikosportarten aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen. Dieser Vorschlag kommt zwar gut an, ist aber unsinnig, wie offizielle Zahlen belegen (lesen Sie dazu hier). So macht die Behandlung von Sportverletzungen nur 0,8 Prozent der Gesamtkosten des Gesundheitssystems aus und davon geht nur der geringste Teil auf Risikosportarten zurück. Die meisten Unfälle passieren bei populären Sportarten wie Fußball. Diese auszugrenzen, dürfte aber kaum Wählerstimmen bringen.
Ein Dauerbrenner beim Leistungssport ist das Thema Doping. Nach dem Radrennfahren, Schwimmen und der Leichtathletik wurden nun auch beim Fußball strenge Kontrollen auf verbotene Substanzen eingeführt. So hat die FIFA in den Trainingslagern aller 32 teilnehmenden Nationen unangemeldete Tests durchgeführt. Alle Proben waren erfreulicherweise negativ. Im Breitensport sieht das dagegen ganz anders aus. Umfragen zufolge nehmen etwa 24 Prozent der männlichen Besucher von Fitnessstudios Anabolika (lesen Sie dazu hier).
Eine der ältesten Fragen zum Thema Fußball, ob das Köpfen die Denkleistung beeinflusst, haben nun Freiburger Sportmediziner untersucht. Das Ergebnis: Akut waren die kognitiven Leistungen nicht beeinträchtigt, nach Jahren des aktiven Spiels dagegen schon. Doch die durch das Köpfen zerstörten Hirnzellen können die Spieler selbst wieder regenerieren. Denn körperliche Aktivität stimuliert die Neubildung von Nervenzellen in bestimmten Teilen des ZNS (lesen Sie dazu hier). Sport erhöht somit die kognitive Leistungsfähigkeit und kann eventuell neurodegenerativen Erkrankungen vorbeugen.
Für die Sicherheit der Fußballfans in und außerhalb der Stadien sorgen etwa 35.000 Helfer des Deutschen Roten Kreuzes, die während der vier Wochen der Weltmeisterschaft im Einsatz sind (lesen Sie dazu hier). Während die Sicherheitsbedenken heute den Fans gelten, waren im Mittelalter in England noch die Fußballspieler selbst der Risikofaktor. Regeln gab es keine, erlaubt war, was gefiel, und selbst Waffen mussten nicht abgelegt werden (lesen Sie dazu hier). Auf Grund der vielen Toten und Verletzten wurde das Spiel mehrfach verboten, was sich allerdings nicht langfristig durchsetzen ließ. Zum Glück wurde es, um ein Regelwerk ergänzt, wieder zugelassen. Denn sonst hätten wir keine Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland.
Christina Hohmann
Ressortleitung Medizin