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Psychopharmaka

Augen auf beim Kombinieren

04.06.2014  09:42 Uhr

Rund drei Viertel der Patienten, die mit Psychopharmaka behandelt werden, bekommen zwei oder mehr Wirkstoffe gleichzeitig. Neben vielen sinnvollen Kombinationen müssen einige Wirkstoffe mit Vorsicht kombiniert werden, da potenziell gefährliche Interaktionen möglich sind.

Polypharmazie in der Psychiatrie ist häufig. »Das liegt vor allem an der hohen Non-Responder-Rate«, sagte Dr. Otto Dietmaier, leitender Apotheker im Klinikum am Weissenhof in Weinsberg. Viele Patienten sprächen auf eine Monotherapie nur schlecht an. Hinzu kämen hohe Rezidivquoten sowie ein großes Maß an Non-Compliance, da den Patienten häufig die Krankheitseinsicht fehle. Mehr als die Hälfte der Patienten nimmt außerdem zusätzlich zur psychiatrischen Therapie noch weitere Arzneimittel ein.

 

»Dabei gibt es viele etablierte und durchaus sinnvolle Kombinationen«, betonte Dietmaier. Man könne bei der Kombinationstherapie synergistische Effekte nutzen, Dosierungen verringern oder Begleitsymptome mitbehandeln. Als Beispiel nannte er die gleichzeitige Gabe eines Antidepressivums und eines Benzodiazepins. Das Antidepressivum entfaltete seine volle Wirkung meist erst nach zwei bis drei Wochen. Diese Wirklatenz könne mit der Sedierung durch das Benzodiazepin überbrückt werden.

 

Unter Clozapin regelmäßig Blutbild kontrollieren

 

Bei bestimmten Psychopharmaka-Kombinationen können allerdings einige potenziell gefährliche Interaktionen auftreten. Unter der Kombination von Clozapin mit einem trizyklischen Antidepressivum seien beispielsweise hämatopoetische Störungen wie eine Leukopenie oder eine lebensbedrohliche Agranulozytose möglich, warnte der Apotheker. »Während der Therapie mit Clozapin sind deshalb regelmäßige monatliche Blutbildkontrollen enorm wichtig«, so Dietmaier.

 

Ein »No-Go« sei die Kombination mehrerer Substanzen mit deutlich serotonerger Wirkung. So darf der irreversible MAO-Hemmer Tranylcypromin nicht zusammen mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) gegeben werden. Möglich sind Blutdrucksteigerungen sowie das gefürchtete Serotonin-Syndrom, das lebensbedrohlich verlaufen kann. Es tritt bereits innerhalb weniger Stunden nach Ansetzen oder Ändern der Medikation auf. Typische Symptome sind Verhaltens- und Bewusstseinsstörungen, Reflexsteigerung, Tremor und Ataxie. Beim Absetzen klingen die Beschwerden innerhalb von 24 Stunden wieder ab. SSRI verhindern auch die Wiederaufnahme von Serotonin aus dem synaptischen Spalt in Thrombozyten und erhöhen so das Blutungsrisiko. Sie sollten daher nur mit Vorsicht mit Arzneistoffen wie Acetylsalicylsäure kombiniert werden, die die Thrombozytenaggregation hemmen.

 

Häufig haben Psychopharmaka auch anticholinerge Effekte. Das zeigt sich in der Praxis vor allem durch Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit, Obstipation, Miktions- und Sehstörungen. Besonders bei älteren Patienten könnten anticholinerge Effekte auch zu kognitiven Störungen bis hin zum Delirium führen, so Dietmaier. Bei der Kombination mit anderen anticholinerg wirkenden Substanzen ist besondere Vorsicht geboten.

 

Einige Psychopharmaka können – wie andere Arzneistoffgruppen auch – die QT-Zeit im EKG verlängern. »Bei der Monotherapie ist das meist kein Problem. Werden jedoch mehrere dieser Arzneistoffe kombiniert, kann es gefährlich werden«, sagte Dietmaier. In der Folge sind kardiale Komplikationen möglich, zum Beispiel polymorphe Kammertachykardien vom »Torsades de pointes«-Typ. Im schlimmsten Fall kann es zum Herzstillstand kommen.

 

Interaktionen über Cytochrom-P450-Enzyme

 

Neben pharmakodynamischen können auch pharmakokinetische Interaktionen auftreten. Dies ist der Fall, wenn sich zwei Wirkstoffe als Substrat, Inhibitor oder Induktor über dasselbe Enzymsystem beeinflussen. Besonders vorsichtig müsse man Substanzen mit geringer therapeutischer Breite und damit hohem Toxizitätspotenzial wie Lithium, Carbamazepin und Clozapin kombinieren, so Dietmaier. Cytochrom-P450-Inhibitoren wie Fluvox­amin, Fluoxetin, Paroxetin und Bupropion hemmen den Abbau, starke Induktoren wie Johanniskraut und Carbamazepin beschleunigen ihn hingegen. Auch Zigarettenrauch zählt zu den Induktoren und schwächt die Wirkung der Psychopharmaka ab. /

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