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Schilddrüse

Funktionsstörungen gezielt behandeln

04.06.2013  16:57 Uhr

Die Hormone der Schilddrüse beeinflussen Stoffwechsel, Wärmehaushalt, Wachstum und Reifung. Eine gestörte Funktion der Schilddrüse hat Folgen für den gesamten Organismus. Professor Dr. Gerhard Hintze, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin der Klinik in Bad Oldesloe, stellte die verschiedenen Erkrankungen der Schilddrüse und ihre Behandlungsmöglichkeiten vor.

Die Schilddrüse bildet unter der Steuerung der Hypophyse die Hormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3). Angeregt wird die Produktion von T4 und T3 durch das Thyreoidea Stimulierende Hormon TSH, das die Hirn­anhangdrüse in Abhängigkeit von der Menge an Schilddrüsenhormonen produziert. Zum größten Teil produziert die Schilddrüse T4, die Vorstufe des eigentlich wirksamen Hormons T3.

Häufigste Störung der Schilddrüse sei eine Struma, also eine Vergrößerung des Organs, berichtete Hintze. Das Symptom tritt bei zahlreichen Erkrankungen auf, hauptsächlich sei jedoch ein Iodmangel verantwortlich. Dieser Mangel führt zu einer verminderten Hormonproduktion und über einen Rückkopplungsmechanismus wiederum zu einer gesteigerten TSH-Produktion. Außerdem produziere die Schilddrüse aufgrund des Iodmangels Wachstumsfaktoren, die die Schilddrüsenzellen direkt zum Wachstum anregen, erklärte der Internist. In der Folge bildeten sich häufig Knoten: Sogenannte heiße Knoten sind autonom aktiv und produzieren TSH-unabhängig Schilddrüsenhormone. Kalte Knoten hingegen sind nicht stoffwechselaktiv.

 

Ein euthyreotes Iodmangelstruma, bei dem Hormone in ausreichender Menge produziert werden, bereite den Patienten in der Regel keine Beschwerden, so Hintze. Bei einer starken Vergrößerung des Organs können jedoch Enge- und Druckgefühl sowie eine Schwellung am Hals auftreten. Behandelt wird ein Iodmangelstruma mit Iodid oder Levothyroxin beziehungsweise einer Kombinationstherapie aus beiden. »Alle drei Behandlungsmöglichkeiten erzielen bei der Größenabnahme in etwa das gleiche maximale Ergebnis, das nach ein bis zwei Jahren erreicht ist«, erklärte Hintze. Je jünger die Patienten, desto effektiver sei die Therapie. Behandlungsalternativen sind Operation und Radioiod-Therapie.

 

In Deutschland sei die Bevölkerung noch immer nicht optimal mit Iod versorgt, so Hintze. Eine ausreichende Iodversorgung sei beispielsweise in der Schwangerschaft enorm wichtig. Werdende Mütter hätten aufgrund eines größeren Verteilungsraums sowie einer erhöhten Iodclearance einen gesteigerten Iodbedarf von 230 µg/Tag. Dieser sei über die Nahrung nicht zu decken. »Schwangere sollten daher Iod supplementieren«, empfahl der Mediziner.

 

Überfunktion kurbelt Stoffwechsel an

 

Bei einer Überfunktion der Schilddrüse bildet der Körper zu große Mengen an Schilddrüsenhormonen. Folge ist eine gesteigerte Funktion verschiedener Organe, es kommt zu Tachykardie, Schwitzen, Tremor und Heißhunger. Typisches Symptom einer immunogenen Hyperthyreose (Morbus Basedow), die vorwiegend bei jüngeren Erwachsenen auftritt, ist die endokrine Orbitopathie, das Hervortreten der Augäpfel. Bei älteren Pa­tienten sei die Symptomatik häufig nicht so ausgeprägt, sagte Hintze. Sie litten unter Gewichtsverlust und/oder Vorhofflimmern. In diesem Fall handele es sich meist um eine autonome Hyper­thyreose, bei der TSH-unabhängiges Gewebe selbstständig Hormone produziert.

 

Die Behandlung erfolgt mit Thyreo­statika wie Thiamazol und Carbimazol. Propylthiouracil verordneten Ärzte aufgrund potenzieller hepatotoxischer Nebenwirkungen nur noch selten, beispielsweise wenn die anderen Wirkstoffe nicht vertragen werden, erklärte Hintze. Die thyreostatische Dosis wird über ein Jahr stetig reduziert, danach sollte ein Auslassversuch folgen. Bei einem Rezidiv sei eine definitive Therapie durch Operation oder Radioiod- Behandlung zu empfehlen, so Hintze.

 

Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse schalteten die Organe durch den Hormonmangel eine Stufe herunter, erklärte der Internist. Die Betroffenen litten unter Müdigkeit, Gewichts­zunahme, Depression, Verstopfung und Frieren. Häufigste Ursache ist eine immunologisch bedingte Entzündung, die Autoimmunthyreoiditis.

 

»Die Hypothyreose ist die am einfachsten zu behandelnde Störung der Schilddrüse«, sagte Hintze. Ziel ist es, die durch Rückkopplung angestiegenen TSH-Spiegel in den unteren Norm­bereich zu senken. Die Behandlung besteht aus der lebenslangen Subs­titution des fehlenden Hormons Levothyroxin. Hintze riet dazu, die Dosis des Hormons langsam zu steigern. Ansonsten seien kardiale Nebenwirkungen möglich. Einen günstigen Einfluss habe möglicherweise auch die Einnahme von Selen.

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