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Opioide

Oft nicht indiziert

01.06.2016  09:45 Uhr

Seit die Weltgesundheitsorganisation vor rund 30 Jahren Opioide in ihr Stufenschema zur Behandlung von Schmerzpatienten auf­genommen hat, sind die Verordnungszahlen drastisch gestiegen. Dass der Einsatz dieser nebenwirkungsreichen Medikamente immer sachgerecht erfolgt, stellt der Präsident der Deutschen Schmerzliga, Privatdozent Dr. Michael Überall, infrage.

»Opioide sind die potentesten Analgetika, die wir kennen«, sagte Überall. Fast jeder Schmerz ließe sich kurzfristig mithilfe dieser Wirkstoffe beheben. »Das Problem ist also nicht die Schmerzkontrolle, sondern die Frage, welchen Preis der Patient bereit ist, dafür zu zahlen.« Denn die dauerhafte Anwendung von Opioiden bei chronischen Schmerzen führe in der Regel nicht dazu, dass die Betroffenen wieder aktiv am Leben teilnehmen könnten. Durch die ausgeprägten Nebenwirkungen wie Sedierung und Obstipation entfernten sich die Patienten häufig immer weiter aus der Mitte der Gesellschaft.

Belastende Nebenwirkungen

 

Insbesondere die Obstipation mache vielen Behandelten zu schaffen. »Meist treten gleichzeitig auch andere Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, gastroösophagealer Reflux, Bauchschmerzen, Malabsorption und Appetitlosigkeit auf«, so Überall. Dieser Symptomkomplex beeinträchtige viele Patienten deutlich in ihrer Lebensqualität. Für die Wirksamkeit von Laxanzien bei Opioid-induzierter Obstipation gebe es bis heute keine Evidenz. »Weder Macrogole, noch Lactulose, Natrium­picosulfat oder andere gängige Abführmittel können dagegen etwas ausrichten. Opioide legen sämtliche Darmreflexe, Motilitäts- und Sekretionsprozesse lahm – das ist nicht so einfach zu beheben.« Lediglich die peripheren Rezeptorantagonisten wie Naloxegol schwächen laut Überall die unerwünschten Effekte der Opioide ab. Das helfe zwar gegen die Verstopfung, sei aber nicht ganz unproblematisch: »Wir beginnen gerade zu verstehen, dass Opioide auch erwünschte periphere Wirkungen haben. Daher besteht die Gefahr, dass durch die Gabe von Naloxegol der Therapieerfolg abnimmt.«

 

Besonders häufig verschreiben deutsche Ärzte Fentanylpflaster – gelegentlich in der Hoffnung, so das Auftreten einer Obstipation vermeiden zu können. Für Überall zeugt das von mangelnder Fachkenntnis. »Der Wirkstoff gelangt ins Blut und letztlich auch in den Darm. Die Obstipation lässt sich so nicht verhindern.«

 

Depot-Effekt von Fentanyl

 

Überall geht sogar noch einen Schritt weiter: »Fentanyl bietet im Vergleich zu anderen Opioiden keinerlei Wirksamkeits- oder Sicherheitsvorteil.« Im Gegenteil: Da sich unter der Haut ein Wirkstoff-Depot bilde, müssten bei Überdosierung die unerwünschten Effekte noch vier bis sieben Tage nach dem Entfernen des Pflasters mit Naloxon antagonisiert werden. »Das ist gefährlich und kostspielig.« Ein Pflaster zu verordnen, sei nur bei Patienten mit Schluckstörungen vertretbar. In solchen Fällen sollte allerdings aus seiner Sicht, wenn möglich Buprenorphin den Vorzug erhalten. Bei diesem partiellen Agonisten am Opioid-Rezeptor sei die Gefahr einer Überdosierung deutlich geringer als bei Fentanyl.

 

Dennoch sieht Überall einen Lichtblick in der Verordnungspraxis der Mediziner in Deutschland: Anders als etwa ihre US-amerikanischen Kollegen setzten sie in erster Linie auf retardierte Arzneiformen. Dadurch ließen sich einige Nebenwirkungen vermeiden oder abschwächen. »Studien haben gezeigt, dass es bei Patienten, die Opioide erhalten, durch eine kurzzeitige Benommenheit vermehrt zu Stürzen, Knochenbrüchen und Klinikeinweisungen kommt. Das gilt aber nur für die schnellfreisetzenden Mittel«, erklärte er. Das Auftreten von Müdigkeit und kognitiven Beeinträchtigungen ließe sich jedoch auch durch den Einsatz von Retardformen nicht vermeiden.

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