Tipps zur Pharmakotherapie im Alter |
27.05.2008 16:42 Uhr |
<typohead type="3">Tipps zur Pharmakotherapie im Alter
Ältere Menschen sind die größte Patientengruppe in der Apotheke. Bei ihnen treten unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) zwei- bis dreimal häufiger auf als bei jüngeren Patienten, erklärte Dr. Nina Griese vom Zentrum für Arzneimittelforschung und Pharmazeutische Praxis (ZAPP) der ABDA.
Im Seminar »Möglichkeiten zur Optimierung der Arzneimitteltherapie geriatrischer Patienten« gab sie Tipps für den Apothekenalltag, um UAW und Interaktionen bei älteren Menschen zu erkennen und zu verhindern. Viele Hinweise für eine rationale Arzneimitteltherapie seien in der Leitlinie »Pharmakotherapie im Alter« der Leitliniengruppe Hessen enthalten. Diese ist unter www.leitlinien.de/leitlinienanbieter/deutsch/pdf/hessenalter herunterzuladen.
Ein Faktor, der das Risiko für UAW in dieser Altersgruppe erhöht, ist die Polymedikation. »Über 60-Jährige nehmen im Schnitt drei verordnete Arzneimittel pro Tag, die Selbstmedikation kommt noch hinzu«, sagte Griese. Erhöht wird das Risiko noch durch die eingeschränkte Nierenfunktion, verringerte metabolische Kapazität und erhöhte Sensitivität der Zielorgane bei älteren Patienten.
Vier durch Arzneimittel verursachte Probleme sind im Alter besonders häufig: das anticholinerge Syndrom, orthostatische Dysregulation, Verwirrtheit und Stürze. Wenn Patienten entsprechende Symptome berichten, sollte der Apotheker hellhörig werden und die Medikation überprüfen, riet Griese. Für viele Medikamente bestehe eine Anwendungsbeschränkung oder Kontraindikation im Alter. Informationen hierzu seien in der Apothekensoftware zum Beispiel dem Cave-Modul der ABDA-Datenbank enthalten. Aufgrund der Vielzahl an Warnhinweisen sei es schwierig, im Apothekenalltag die relevanten zu erkennen. Hilfreich hierfür wäre eine Negativliste, entsprechend der US-amerikanischen »Beers-Liste«, für Deutschland. An einer solchen Bewertung zur Arzneimitteltherapie im Alter arbeitet derzeit die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, berichtete Griese. Der Konsensus der AkdÄ könnte dann in die Software eingearbeitet werden und den Apothekern die Arbeit erleichtern.
Auch die Gefahr für Interaktionen ist bei älteren Patienten aufgrund der Polymedikation sehr hoch. Kritisch seien vor allem Digitalglykoside, Antihypertensiva (Diuretika und Betablocker), die häufig eingenommenen NSAR und Phenprocoumon. Letzteres kann zu gefährlichen Nebenwirkungen führen, wenn es mit anderen Medikamenten kombiniert wird, welche die gerinnungshemmende Wirkung verstärken oder schwächen. Problematisch sei auch die Kombination von Insulin und Betablockern, die zu Hypoglykämien und damit auch zu Stürzen führen kann. »Diese Kombination ist ein häufiger Grund für Krankenhauseinweisungen bei älteren Patienten«, sagte Griese. Zu Krankenhauseinweisungen kommt es häufig auch, wenn Digitalis mit Betablockern oder Diuretika zur Behandlung von Herzinsuffizienz kombiniert werden. Dabei handele es sich um eine leitliningerechte Therapie, erklärte die Referentin.
»Potenzielle Interaktionen sind nur zu erkennen, wenn die Medikations- und Personendaten gespeichert sind«, sagte Griese. Ältere und vor allem multimorbide Patienten sollten daher Hausapothekenkunden sein und eine Kundenkarte besitzen. Der Einsatz der Pharmazeuten lohnt sich: Eine niederländische Studie zeigte, dass bei einem Viertel der Patienten, die mehr als ein Arzneimittel bekamen, klinisch relevante Interaktionen auftraten. 80 Prozent von ihnen profitierten von einer Intervention.