Praxis-Check Medikationsanalyse |
22.05.2017 16:31 Uhr |
Von Eva Goebel / Mit strukturierten Medikationsanalysen leisten Apotheker einen wichtigen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit. In dem Projekt der Berliner Apothekerkammer »Evaluation der Medikationsanalyse als Prozess« identifizierten die teilnehmenden Apothekerinnen und Apotheker innerhalb von vier Monaten in insgesamt 39 Medikationsanalysen 124 arzneimittelbezogene Probleme. 80 Prozent davon konnten innerhalb des Untersuchungszeitraumes gelöst oder teilweise gelöst werden. Bei einem Viertel der ABP wurde ein behandelnder Arzt an der Lösung beteiligt.
Im zweiten Quartal 2016 rief die Apothekerkammer Berlin eine Projekt- gruppe ins Leben, die nach einer achtstündigen Basisschulung »Medikationsanalyse als Prozess« Erfahrungen in der Durchführung von Medikationsanalysen Typ 2a in ihren Apotheken sammeln und strukturiert zusammentragen sollte. An dem Projekt nahmen 19 Berliner Apotheker teil.
Medikationsanalysen in der Apotheke leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit sondern erhöhen auch die Berufszufriedenheit.
Foto: Fotolia/Syda Productions
Das Projekt umfasste drei Teile:
Ziele des Projektes waren:
In der Rubrik Originalia werden wissenschaftliche Untersuchungen und Studien veröffentlicht. Eingereichte Beiträge sollten in der Regel den Umfang von vier Druckseiten nicht überschreiten und per E-Mail geschickt werden. Die PZ behält sich vor, eingereichte Manuskripte abzulehnen. Die veröffentlichten Beiträge geben nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion wieder.
ABP im Fokus
Arzneimittelbezogene Probleme (ABP) sind Ereignisse oder Umstände bei der Arzneimitteltherapie, die tatsächlich oder potenziell das Erreichen angestrebter Therapieziele verhindern (2). Bei Medikationsanalysen Typ 2a in öffentlichen Apotheken stehen ABP aus diesen Bereichen im Fokus: (Pseudo)Doppelmedikation, Interaktionen, ungeeignetes Dosierungsintervall/ungeeigneter Anwendungszeitpunkt, ungeeignete Darreichungsform, Anwendungsprobleme, Nebenwirkung/Unverträglichkeit, mangelnde Therapietreue, nicht sachgerechte Lagerung sowie ungeeignete oder falsch dosierte Selbstmedikation. Datenquellen sind die von Patienten mitgebrachten Medikamente (»Brown Bag«), die Kundendatei (sofern vorhanden) und das Gespräch mit dem Patienten.
Die Projektteilnehmer sollten für jede Medikationsanalyse einen pseudonymisierten Fallbogen mit Fragen zum Zeitaufwand und zum Vorhandensein eines Medikationsplanes ausfüllen. Zudem sollten sie jedes identifizierte ABP in dem dafür vorgesehenen Arbeitsbogen der Bundesapothekerkammer in die oben genannten Kategorien einsortieren, beschreiben, einen Lösungsvorschlag skizzieren und ankreuzen, ob sie das ABP als gelöst, teilweise gelöst oder (noch) nicht gelöst einstufen und ob sie den behandelnden Arzt involviert haben.
Prozess-Seminar | Das Seminar »Medikationsanalyse als Prozess« bereitet gut und ausreichend auf den Prozess der Durchführung von Medikationsanalysen Typ 2a in öffentlichen Apotheken vor. |
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Fallorientiertes Lernen | Die Projektgruppe hält das Lernen anhand von Medikationsanalyse-Beispielfällen für sinnvoll und zielführend (eventuell integrierbar in Prozess-Seminar). |
Basiswissen | Zum Erwerb und Erhalt des erforderlichen pharmakologisch-klinischen Wissens wird ein umfangreiches Fortbildungsangebot gewünscht, aus dem – je nach individueller Identifizierung der Wissensdefizite – gewählt werden kann. Diese Themen sollten regelmäßig angeboten werden:
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Konsil | Ein Austausch zu Fällen und arzneimittelbezogenen Problemen wird gewünscht - gerne auf einer Online-Plattform. In der Übungsphase auch im persönlichen Austausch in Qualitätszirkeln oder moderierten Falldiskussionen/Fallkonferenzen sinnvoll, in die eigene Fälle eingebracht werden können. |
Interprofessionelle Zusammenarbeit | Zur Förderung der Arzt-Apotheker-Kooperation sollten gemeinsame Veranstaltungen zum Thema Arzneimittelinteraktionen/interprofessionelles Medikationsmanagement angeboten werden. |
Kompetenznachweis | Ein Zertifikat – Kompetenznachweis Medikationsmanagement – wäre als »Aushängeschild« schön. Dadurch würde die Apotheke auch für PhiP attraktiv, die sich in diesem Gebiet weiterentwickeln möchten. |
Medikationsanalysen: Auswertung der Fälle
Untersuchungszeitraum
Patienten
Zeitaufwand der Medikationsanalysen gemäß BAK-Leitlinie
(Erstgespräch + ABP-Prüfung + Zweitgespräch= Gesamtzeitaufwand)
Medikationsplan
Identifizierte arzneimittelbezogene Probleme (ABP)
BAK-Leitlinie und Prozess-Seminar sind zielführend
Nach der Durchführung von drei Medikationsanalysen sollten die Apotheker einen Fragebogen zu erforderlichen Seminaren, zu dem Prozess und den Materialien sowie zur Kommunikation mit Ärzten und Patienten beantworten. Die Ergebnisse der Fragebögen wurden bei dem Evaluationstreffen ausführlich diskutiert.
Die Gruppe ist sich einig, dass die Leitlinie der BAK gut strukturiert ist und die Arbeitsmaterialien hilfreich sind. Nach den Erfahrungen der Gruppe helfen Medikationsanalysen nicht nur den Patienten, sondern erhöhen auch Berufszufriedenheit. Allerdings seien Medikationsanalysen sehr zeitaufwändig, im Routinebetrieb definitiv nicht möglich und ohne extra Vergütung nicht zu leisten. Ein gutes Zeitmanagement sei essenziell, so die Gruppe. Die Tabelle fasst das Fazit der Projektgruppe zu Seminaren, Qualifikation und erforderlicher Unterstützung zusammen.
Fazit und Ausblick
Mit strukturierten Medikationsanalysen leisten Apotheker einen wichtigen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit. Medikationsanalysen sind reizvolle, fordernde fachliche Tätigkeiten, die nicht nur den Patienten helfen sondern auch die Berufszufriedenheit erhöhen.
Durch das Seminar »Medikationsanalyse als Prozess« gemäß BAK-Curriculum und regelmäßiger Fortbildung gemäß individuell identifizierten Wissensdefiziten sind Apotheker nach eigener Einschätzung für diese Dienstleistung sehr gut qualifiziert. Da die strukturierte Medikationsanalyse eine Dienstleistung ist, die weit über die Information und Beratung nach § 20 Apothekenbetriebsordnung hinausgeht, ist sie nicht über die Arzneimittelpreisverordnung abgegolten, sondern muss angemessen vergüten werden. Sowohl bezüglich der Vergütung als auch bezüglich der interprofessionellen Zusammenarbeit ist ARMIN (Arzneimittelinitiative Sachsen/Thüringen; www.arzneimittelinitiative.de) richtungsweisend. /
Literatur
Kontakt
Eva Goebel
Apothekerkammer Berlin
Littenstr. 10
10179 Berlin
E-Mail: goebel@AKBerlin.de