Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign
Harnstoff-haltige Cremes

Puffer sorgt für Stabilität

Datum 17.05.2017  10:17 Uhr

Von Hanna Bröckelmann, Iska Krüger, Holger Latsch und Mona Tawab / Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % ist eine standardisierte Rezeptur des Neuen Rezeptur Formulariums (NRF), die im Rahmen der Ringversuche des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) hinsichtlich ihrer Wirkstoffstabilität untersucht wurde. Dabei ging das ZL auch der Fragestellung nach, ob die Pufferung zwingend nötig ist.

Harnstoff gehört zu den Top Ten der am häufigsten in der Apothekenrezeptur eingesetzten Substanzen. Anwendung finden Harnstoff-haltige Dermatika bei trockener, juckender Haut, chronischen Ekzemen, Neuro­dermitis, Ichthyosis, Psoriasis vulgaris und Exsikkationsdermatosen. Bei der Herstellung Harnstoff-haltiger Rezepturen tauchen stets die gleichen Fragestellungen auf: die der galenischen Verarbeitung und die der chemischen Stabilität.

 

Temperatur und pH-Wert bestimmen Stabilität

 

In Abhängigkeit des pH-Werts und der Temperatur steht Harnstoff im Gleichgewicht mit dem durch Hydrolyse entstehenden Ammoniumcyanat, welches zu Ammoniak und Kohlendioxid weiter zersetzt wird. Bei niedriger Temperatur liegt das Gleichgewicht aufseiten des Harnstoffs; bezüglich der pH-Abhängigkeit existieren widersprüchliche Angaben. Als rezeptierbaren Bereich des Harnstoffs gibt das DAC/NRF in der Tabelle »Wirkstoffprofile« pH 1 bis 12 an. Das Wirkstoffdossier der Gesellschaft für Dermopharmazie fasst den rezeptierbaren Bereich des Harnstoffs enger (pH 4 bis 8).

 

Durch die Harnstoff-Hydrolyse und die Ammoniak-Bildung steigt der pH-Wert der Zubereitung, sodass unphysiologische Werte über pH 9 resultieren können. Allerdings sind die Zersetzungsprodukte untoxisch und der pH-Wert-Anstieg geht nicht mit einer nicht zu tolerierenden Gehaltsminderung des Harnstoffs einher. Problematisch wird der pH-Anstieg allerdings, wenn in der Zubereitung basenempfindliche Stoffe enthalten sind, zum Beispiel Konservierungsmittel und Externsteroide.

Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % (NRF 11.71.)

  • Harnstoff5,0 g
  • Milchsäure (90 %)1,0 g
  • Natriumlactat-Lösung (50 %)4,0 g
  • Anionische hydrophile Creme DAB (konserviert mit 0,1 % Sorbinsäure) ad 100,0 g

Gemäß der NRF-Monographie wird der pH-Wert der Hydrophilen Harnstoff-Creme 5 % (NRF 11.71.) mit dem Lactat-Puffer auf etwa 4,2 eingestellt. Laut dem DAC/NRF-Rezepturhinweis »Harnstoff« lässt sich der pH-Wert- Anstieg durch Pufferung jedoch nicht verhindern, nur verlangsamen.

 

Die Herstellung der Creme erfolgte für die Untersuchung mittels Fantaschale und Pistill. Dabei wurde der Harnstoff vorgelegt und mit dem Milchsäure-Natriumlactat-Puffer oder mit einer kleinen Menge Grund­lage angerieben. Anschließend wurde der Anreibevorgang durch anteilige Zugabe der Grundlage fortgesetzt.

 

Als Grundlage wurde die Anionische hydrophile Creme DAB der Firma Caelo (konserviert mit 0,07 Prozent Kaliumsorbat und 0,05 Prozent Sorbinsäure) und der Bombastus-Werke (konserviert mit 0,1 Prozent Sorbinsäure) sowie eine selbst hergestellte Anionische hydrophile Creme DAB verwendet. Letztere wurde folgendermaßen hergestellt: Hydrophile Salbe DAB der Firma Caelo wurde auf dem Wasserbad bei etwa 70 °C geschmolzen. In die Schmelze wurde auf gleiche Temperatur abgekühltes frisch aufgekochtes Wasser in kleinen Teilen eingearbeitet. Die Creme wurde bis zum Erkalten gerührt und das verdampfte Wasser ergänzt.

Tabelle 1: pH-Werte der zehn untersuchten Zubereitungen unmittelbar nach der Herstellung

Zubereitung pH-Wert
1 Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % nach NRF 11.71. (Caelo-Grundlage, mit Puffer) 4,2
2 Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB (Caelo-Grundlage, ohne Puffer) 4,7
3 Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB (Caelo-Grundlage, mit Trometamol) 9,0
4 Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB (Caelo-Grundlage, mit Citronensäure) 2,1
5 Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % nach NRF 11.71. (selbst hergestellte Grundlage, unkonserviert, mit Puffer) 4,2
6 Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB (Bombastus-Grundlage, ohne Puffer) 3,5
7 Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB (selbst hergestellte Grundlage, konserviert mit 0,1 % Sorbinsäure, ohne Puffer) 3,8
8 Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB (selbst hergestellte Grundlage, unkonserviert, ohne Puffer) 7,5
9 Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % nach NRF 11.71. (Bombastus-Grundlage, mit Puffer) 4,1
10 Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % nach NRF 11.71. (selbst hergestellte Grundlage, konserviert mit 0,1 % Sorbinsäure, mit Puffer) 4,1

Verschiedene pH-Werte untersucht

 

Zusätzlich zu den Variationen beim Einsatz des Konservierungsmittels und des Puffers (kein Puffer, Lactat-Puffer) wurden auch eine durch Zusatz von Trometamol alkalisierte Variante sowie eine mit Citronensäure angesäuerte Variante hergestellt, um die Stabilität auch bei extremen pH-Werten zu überprüfen. Nach der Herstellung wurde von jeder Zubereitung der pH-Wert ermittelt (Tabelle 1).

 

Die Zubereitungen wurden im Klimaschrank bei Raumtemperatur (25 °C, 60 Prozent relative Feuchte) sowie im Kühlschrank (2 bis 8 °C) über einen Zeitraum von sechs Monaten in Aluminiumtuben, Topitec-Drehdosierkruken und Unguator-Spenderdosen gelagert. Die analytische Untersuchung erfolgte mittels ZL-validierter HPLC-UV-Ana­lytik. Wirkstoffgehalt und pH-Wert der bei Raumtemperatur gelagerten Proben wurden nach 14 und 28 Tagen sowie nach drei und sechs Monaten bestimmt, Wirkstoffgehalt und pH-Wert der im Kühlschrank gelagerten Proben nach sechs Monaten.

 

Zur Untersuchung des Wirkstoff­gehalts wurde von jedem Ansatz jeweils eine Probe an einer tiefen und einer oberflächlichen Stelle entnommen. Die Homogenität der Zubereitungen wurde sichergestellt, indem direkt nach der Herstellung sechs Proben an unterschiedlichen Stellen der Fantaschale entnommen, getrennt aufgearbeitet und untersucht wurden. Die Wirkstoffgehalte der sechs Proben durften nicht mehr als ± 5 Prozent vom gemeinsamen Mittelwert abweichen. An einem Teil der Zubereitungen (1, 2 und 5 bis 10) wurden die Anwendung durch den Patienten simuliert undarbeitstäglich über 14 Tage ein 1 cm langer Cremestrang entnommen (In-Use-Stabilität) und der pH-Wert gemessen.

 

Untersuchung der Zubereitungen in Tuben

Zunächst wurden nur die Ergebnisse der in Aluminiumtuben gelagerten Zubereitungen bewertet. Sie zeigten unabhängig von der Lagerung über den geprüften Zeitraum keine Gehaltsminderung des Harnstoffs. Der Gehalt lag innerhalb der für in Apotheken hergestellten Arzneimittel üblichen Spezifikationsgrenzen von 90,0 bis 110,0 Prozent. Die gepufferten Zubereitungen waren über den Untersuchungszeitraum von sechs Monaten auch hinsichtlich des pH-Werts stabil, wobei die Zubereitungen 9 und 10 nur hinsichtlich ihrer In-Use-Stabilität über 14 Tage untersucht wurden. Außer den gepufferten Zubereitungen zeigte auch die alkalisierte Variante keine signifikante pH-Wert-Veränderung. Daraus lässt sich schließen, dass in die Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % gegebenenfalls basenaktive Stoffe eingearbeitet werden können, da Harnstoff auch im basischen Milieu eine ausreichende Stabilität aufweist.

 

Anders sah es bei den Zubereitungen mit einem anfänglichen pH-Wert unter 4 aus (Abbildung 1). Vergleicht man die Werte der Zubereitung 4, die durch den Zusatz von Citronensäure einen anfänglich stark sauren pH-Wert aufwies, mit denen der Zubereitungen 6 und 7, die durch die sauren Konservierungsmittel einen pH-Wert knapp kleiner 4 aufwiesen, fällt auf, dass der pH-Wert auch nach sechsmonatiger Lagerung bei Raumtemperatur noch im sauren und nicht wie bei den anderen Zubereitungen im leicht alkalischen Bereich liegt. Dies lässt sich durch die Pufferwirkung der Citronensäure erklären. Auch der pH-Wert der Zubereitung 8, die neben Harnstoff keine pH-aktive Substanz enthielt, stieg wie erwartet durch die Ammoniak-Bildung an.

 

Im Kühlschrank stabil

Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, veränderte sich der pH-Wert aller untersuchten Zubereitungen bei Lagerung im Kühlschrank nicht signifikant. Dies bestätigt die Aussage, dass das Gleichgewicht zwischen Harnstoff und Ammonium­cyanat bei niedriger Temperatur aufseiten des Harnstoffs liegt.

 

Bei der Stabilitätsuntersuchung fiel auf, dass der Wirkstoffgehalt der in Unguator- und Topitec-Spenderdosen abgefüllten Zubereitungen innerhalb des Untersuchungszeitraums anstieg, bis er außerhalb der Spezifikations­obergrenze von 110 Prozent lag. In Abhängigkeit der abgefüllten Zubereitung trat das Phänomen der Aufkonzentrierung bereits nach drei Monaten auf. Auch die Lagerung im Kühlschrank verhinderte nicht bei allen untersuchten Zubereitungen den Konzentrationsanstieg.

 

Die Aufkonzentrierung ist bei der Verwendung von Kunststoffkruken wahrscheinlich auf die Verdunstung von Wasser durch das nicht völlig gasdicht schließende Deckelgewinde und durch den Kunststoff hindurch zurückzuführen. Neben der Aufkonzentrierung ist die möglicherweise eintretende Auskristallisation des Harnstoffs kritisch zu betrachten, die zur Folge hat, dass es zum ungewünschten sogenannten Sandeffekt kommt. In einer zukünftigen Stabilitätsuntersuchung soll die Wasserpermeabilität von Kunststoffdosen näher betrachtet werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lagerung im Kühlschrank den pH-Wert-Anstieg verhindert. Aufgrund vielfältiger möglicher Störfaktoren, etwa Compliance des Patienten, Ort der Lagerung im Kühlschrank, Häufigkeit des Öffnens, ist die sichere Lagerung bei 2 bis 8 °C jedoch nicht gewährleistet. Somit sollte nicht auf die Pufferung verzichtet werden. Ohne Pufferung steigt der pH-Wert deutlich über den pH-Bereich der Konservierungsmittel an, sodass die mikro­biologische Stabilität nicht gewährleistet ist.

 

Aufgrund der vorliegenden Stabilitätsuntersuchung empfiehlt das ZL die Abfüllung einer 5-prozentigen Harnstoff-Zubereitung in Anionischer hydrophiler Creme DAB in Aluminium­tuben (Verdunstungsschutz) und auf jeden Fall eine Pufferung der Zubereitung, um die Stabilität zu gewährleisten. Falls die Zubereitung nicht gepuffert wird, sollte die Aufbrauchsfrist deutlich verkürzt werden (Tabelle 2). Die Haltbarkeitsempfehlung von sechs Monaten beziehungsweise zwei Wochen liegt darin begründet, dass nur für diese Zeiträume Untersuchungsergebnisse vorliegen, die die ausreichende Stabilität der Zubereitung belegen. /

Tabelle 2: Empfohlene Aufbrauchsfristen

Zubereitung Empfohlene Aufbrauchsfrist (Aluminiumtube)
Lagerung bei Raumtemperatur Lagerung im Kühlschrank
Hydrophile Harnstoff-Creme 5 % (NRF 11.71.), mit Puffer
  • Konserviert mit Sorbinsäure
  • Konserviert mit Sorbinsäure und Kaliumsorbat
6 Monate 6 Monate
Harnstoff 5 % in Anionischer hydrophiler Creme DAB, ohne Puffer
  • Konserviert mit Sorbinsäure
  • Konserviert mit Sorbinsäure und Kaliumsorbat
2 Wochen (Herstellung nicht empfehlenswert) 6 Monate (Herstellung nicht empfehlenswert)
Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa