Diabetes verändert Herzstoffwechsel |
13.05.2015 10:12 Uhr |
Von Maria Pues, Mannheim / Eine häufige Ursache von Herzinsuffizienz ist der Verlust von Herzmuskelgewebe durch Myokardinfarkte. Bei Typ-2-Diabetikern scheinen in der Pathogenese der Herzschwäche auch Veränderungen im Energiestoffwechsel des Herzens eine Rolle spielen. Sie waren Thema auf dem Kardiologenkongress.
Hohe Blutglucosewerte steigern das Risiko für Atherosklerose und dadurch auch für eine koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt und chronische Herzinsuffizienz. Letzteres ist für Typ-2-Diabetiker etwa drei- bis vierfach erhöht, berichtete Professor Dr. Christoph Maack, Uniklinik Homburg/Saar, auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim. Ihm zufolge kann es auch ohne Infarkt zu einem Verlust und Umbau des Herzgewebes und zu einer chronischen Herzschwäche kommen. Maack: »Auch wenn man die Herzinfarkte herausrechnet, verbleibt für Diabetiker ein 50-prozentig erhöhtes Risiko, eine Herzinsuffizienz zu entwickeln.« Man bezeichnet dies als diabetische Kardiomyopathie. Sie ist definiert als diabetesbedingte Erkrankung des Herzmuskels, ohne dass eine koronare Herzkrankheit oder ein Bluthochdruck vorliegt.
Viele Typ-2-Diabetiker entwickeln auch eine Herzschwäche.
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Bei der Herzinsuffizienz sind zwei Formen zu unterscheiden, die jeweils isoliert, aber auch zusammen auftreten können. Während es sich bei der systolischen Herzinsuffizienz um eine Pumpschwäche handelt, ist bei der diastolischen Herzinsuffizienz die Füllung des Herzens in der Entspannungsphase vermindert.
Zu einer solchen diastolischen Herzinsuffizienz können Änderungen im Energiestoffwechsel des Herzens bei Typ-2-Diabetikern führen. Sie nehmen häufig bereits in einer frühen Phase einer dann oft noch unerkannten Erkrankung ihren Anfang. Der Grund ist eine Umstellung der Energieversorgung in der Herzmuskulatur. Bei anhaltendem Überangebot an Fetten und Kohlenhydraten im Blut lege das Herz seinen »Fettsäureschalter« anhaltend um, berichtete Maack, und greift ausschließlich auf Fettsäuren und nicht mehr auf Glucose als Energiequelle zurück. Die Glykolyse wird quasi eingestellt.
Flexibilität geht verloren
Das gesunde Herz sei dagegen sehr flexibel, auf welche Quellen es zurückgreift, erläuterte Maack. Denn es muss seine Funktion während Hungerphasen ebenso zuverlässig erfüllen wie in Zeiten reichlicher Nahrungszufuhr. »Diese Flexibilität geht dem diabetischen Herzen verloren«, so Maack. Im Tierversuch an Ratten zeigte sich: Egal womit man Tiere mit manifestem Diabetes fütterte, es wurden stets freie Fettsäuren als Energiequelle favorisiert, und der Stoffwechselweg der Glykolyse blieb abgeschaltet. Grund ist die Induktion des Peroxisom-Proliferator-aktivierten Rezeptors (PPAR)-α. Dieser intrazelluläre Rezeptor aktiviert die myokardiale Fettakkumulation und reguliert entsprechende Gene so, dass der Fettsäureweg dem Glucoseweg vorgezogen wird.
Dies führt zu einer ganzen Reihe nachgeschalteter Veränderungen: Zum einen müssen freie Fettsäuren nun in den Vakuolen der Herzmuskelzellen zwischengespeichert werden, bis sie benötigt werden. Die Folge ist eine Herzverfettung, die direkt mit der bei vielen Patienten mit Typ-2-Diabetes ebenfalls vorliegenden Adipositas korreliert ist. Sie kann bereits in einer frühen Phase metabolischer Veränderungen zu funktionellen Veränderungen des Herzmuskels führen. Zum anderen steigt der Sauerstoffverbrauch in den Herzmuskelzellen – allerdings ohne dass dabei die Kontraktionsfähigkeit und die Arbeitsleistung des Herzens steigen. »Es kommt zu einer Sauerstoff-Verschwendung«, so Maack. Darüber hinaus reduziert sich die Aktivität der endothelialen Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS). Diese führt zu einer verminderten Bildung des gefäßentspannenden endothelialen Stickstoffmonoxids (NO), wodurch sich der Blutdruck nicht mehr wie gewohnt an verschiedene Belastungssituationen anpassen kann. Statt NO wird nun vermehrt Superoxid gebildet, das Blutgefäße schädigen kann. Nicht zuletzt können in den Herzmuskelzellen auch Zelltodmechanismen angestoßen werden.
Die komplexen Abläufe lassen plausibel erscheinen, warum eine reine pharmakotherapeutisch bedingte Blutzuckersenkung das kardiovaskuläre Risiko nicht automatisch sinken lässt. Neben verzweigten Strukturveränderungen im Herzmuskel kommt es zu Veränderungen verschiedener Signale. Auch wie wichtig möglichst frühe Lebensstilinterventionen sind, um den »Fettsäureschalter« nicht dauerhaft einrasten zu lassen, lässt sich mit diesem Modell gut nachvollziehen. /