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Podiumsdiskussion

Bloß nicht anecken

13.05.2015  14:24 Uhr

Eine politische Diskussionsrunde lebt normalerweise von den unterschiedlichen Standpunkten der Teilnehmer. Nicht so beim DAV-Wirtschaftsforum: Ob Fremd- und Mehrbesitzverbot, Rolle des Apothekers oder Nullretax: Die Vertreter von CDU, Grünen und Linkspartei waren sich in vielen Punkten einig und sprachen oftmals aus, was die Apotheker hören wollten. Auch die SPD eckte nicht an, da sie gar nicht erst teilnahm.

Zu Beginn der Diskussion präsentierte der DAV-Vorsitzende Fritz Becker sein Bild von der Apotheke 2030. »Sie wird noch näher am Patienten sein, ihn intensiver in der Arzneimitteltherapie begleiten und stärker mögliche Compliance-Probleme in Angriff nehmen«, sagte er.

Für Harald Weinberg, gesundheitspolitischer Sprecher der Linken, ist das genau der richtige Ansatz. Eine wesentliche Aufgabe der Apotheker sei es zudem, zwischen Arzt und Patient zu vermitteln. »Dazu gehört auch, Sorgen und Nöte der Patienten mitzuerleben und ein Stück weit Lebensberater zu sein«, sagte Weinberg. »Gesundheitsberatung ist immer Lebensberatung«, nahm Andrea­s Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, diesen Ball auf und betonte, dass die Apotheker bereits heute sehr nah am Patienten seien.

 

CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich sieht in Zukunft auch neue Aufgaben auf die Apotheker zukommen. Er könne sich etwa vorstellen, dass sie beim Medikationsmanagement die Rolle des Koordinators übernehmen, sagte er.

 

Kordula Schulz-Asche von den Grünen stellte ebenfalls klar, dass man auf die Apotheker auch zukünftig nicht verzichten könne. »Mit Blick auf den demografischen Wandel und die Situation im ländlichen Raum brauchen wir alles, was wir haben«, sagte sie.

 

Klare Absage an die Kassen

 

Einem Grundsatzpapier des GKV-Spitzenverbandes erteilten die Abgeordneten im Verlauf der Diskussion eine klare Absage. Darin bringen die Kassen unter anderem die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots bei Apotheken wieder ins Spiel. »Schlechte Aussagen werden durch mehrfache Wiederholung nicht besser«, sagte Hennrich. Er nehme das Papier nicht ernst und spreche da auch im Namen der Regierungskoalition.

 

Schulz-Asche und Weinberg können diesem Vorschlag der Krankenkassen ebenfalls nichts abgewinnen. Die Kassen würden sich zunehmend aus dem Versorgungssystem herausziehen, bemängelte Weinberg in diesem Zusammenhang. Stattdessen setzten sie zu sehr auf Wettbewerb und machten sich zu viele Gedanken darüber, wie sie Zusatzbeiträge vermeiden könnten.

 

Wenigstens das geplante E-Health-Gesetz brachte ein wenig Zündstoff in die Diskussion. Die Apotheker sind mit dem Entwurf der Novelle nicht zufrieden. Die Apotheker würden in die Erstellung des vorgesehenen Medikationsplans nicht einbezogen, kritisierte Becker. Die zentrale Rolle schreibe die Koalition stattdessen den Hausärzten zu. Diese verfügten jedoch nicht über Daten zur OTC-Medikation des Patienten, so Becker. Sein Fazit: Sowohl Ärzte als auch Apotheker müssen – mit Erlaubnis des Patienten – ein Zugriffsrecht auf den Medikationsplan haben.

Schulz-Asche kann die Kritik nachvollziehen. »Wir müssen ein Verfahren finden, wie verschiedene Medikationen zusammengefasst werden.« Mit Blick auf das Medikationsmanagement schreibt sie den Apothekern wegen ihres pharmazeutischen Wissens und der persönlichen Patientenberatung eine besondere Rolle zu. Auch Weinberg plädierte für gemeinsame Zugriffsrechte. »Wesentliche Verantwortung sollte bei den Apothekern liegen, weil sie den pharmakologischen Hintergrund haben, um Arzneimittelprobleme zu erkennen und zu lösen.«

 

Hennrich gab dagegen zu bedenken, dass nicht jeder Patient eine Hausapotheke habe und dies vermutlich der Hintergrund dafür sei, weshalb die Apotheker im Gesetzentwurf nicht genannt werden. Der Entwurf werde aber noch beraten, betonte Hennrich. Er könne sich vorstellen, dass man letztlich den Patienten selbst entscheiden lässt, wer für den individuellen Medikationsplan verantwortlich sein soll. »Das Wahlrecht sollte beim Patienten liegen.«

 

Neues Gesetz

 

Natürlich wurde auch über eine mögliche Anpassung der Apothekenvergütung diskutiert. Die Große Koalition könnte sich im Herbst mit diesem Thema befassen, sagte Hennrich. Zum Jahresende werden Union und SPD möglicherweise die Ergebnisse des sogenannten Pharmadialogs in einem Gesetz zusammenfassen. Dabei sollen Hennrich zufolge verschiedene Arzneimittelthemen auf der Agenda stehen, so etwa Rabattverträge, Lieferengpässe und Festbeträge. In diesem Zusammenhang könnten unter Umständen auch Vergütungsfragen der Apotheker in die Novelle einfließen, sagte der CDU-Politiker.

 

Die Apotheker drängen nach wie vor auf eine bessere Vergütung. Dabei fordern sie unter anderem eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Pauschale, die sie für jede abgegebene Rx-Packung bekommen. »Ich bin kein Anhänger von der Idee, in erster Linie das Fixum zu erhöhen«, machte Hennrich deutlich. Eine bessere Vergütung müsse es vielmehr für einzelne Beratungsleistungen der Apotheker geben, so etwa für die Abgabe von Betäubungsmitteln. DAV-Chef Becker sieht in beiden Punkten Handlungsbedarf. »Man muss das eine tun und darf das andere nicht lassen«, sagte er.

 

Breite Rückendeckung erhielten die Apotheker erneut beim Thema Nullretax. »Mit normalem Menschenverstand ist nicht nachvollziehbar, was da passiert«, sagte Schulz-Asche. Hintergrund ist die Praxis einiger Krankenkassen, bei kleinsten Formfehlern auf dem Rezept die Rechnungen der Apotheker um den gesamten Betrag zu kürzen.

Auch die Linkspartei sieht Handlungsbedarf in diesem Punkt. »Ich kann die Nullretaxerei nicht verstehen«, so Weinberg. Hennrich nannte das Vorgehen der Kassen grotesk. Die Große Koalition habe auf das Problem bereits reagiert, sagte er. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz will sie Apotheker und Krankenkassen zu einer Einigung in dem Streit verpflichten. Gibt es keine Lösung, soll eine Schiedsstelle entscheiden.

 

Auch den geplanten Innovationsfonds will die Bundesregierung über das Versorgungsstärkungsgesetz einführen. Der Fonds soll innovative sektorübergreifende Versorgungsprojekte mit jährlich 300 Millionen Euro unterstützen. Beim Wirtschaftsforum forderte DAV-Chef Becker erneut, auch Apothekern das Recht einzuräumen, entsprechende Förderanträge zu stellen. »Wir können nicht verstehen, warum Apotheker außen vor bleiben sollen«, sagte er.

 

Welche Projekte einen Zuschuss erhalten, soll eine neue Abteilung beim Gemeinsamen Bundesausschuss entscheiden (G-BA). Anträge auf Unterstützung können dem Gesetzentwurf zufolge bislang unter anderem Krankenkassen, Ärzte und sogar Pharmaunternehmen stellen, nicht aber die Apotheker. Dabei zählen gerade Projekte für mehr Arzneimitteltherapiesicherheit zu den Vorhaben, die der Fonds stärken soll.

 

Apotheker gehören dazu

 

Auch Schulz-Asche drängte auf Nachbesserungen. Es sei eine »absolute Fehlkonstruktion«, dass die im G-BA vertretenen Parteien beim Innovationsfonds eine überaus große Rolle spielten. Andere Anbieter wie Apotheker und Pflegekräfte seien dagegen gar nicht eingebunden. »Das ist kontraproduktiv«, so Schulz-Asche.

 

Offenbar sind Union und SPD inzwischen bereit, den Gesetzentwurf in diesem Punkt noch einmal zu überarbeiten. In einem gemeinsamen Papier von Gesundheitspolitikern der Koalition ist die Rede davon, die Beschänkrung der Antragsbefugnis auf bestimmte Gruppen zu streichen (lesen Sie dazu Innovationsfonds: Apotheker nicht mehr ausgeschlossen). Damit hätten theoretisch auch die Apotheker die Möglichkeit, Förderanträge zu stellen. /

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