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Beratung

Auch starke Marken müssen erklärt werden

04.05.2010  16:26 Uhr

Apotheker sind verpflichtet, ihre Patienten und Kunden angemessen zu beraten. Doch nicht alle wollen tatsächlich beraten werden. Die Apotheker müssen deshalb mit viel Fingerspitzengefühl ihrer Aufgabe nachkommen.

Müssen Apotheken jeden Kunden beraten? Nein, sagt mit Professor Dr. Theo Dingermann einer, der ziemlich unverdächtig ist, den Apotheker zum Kaufmann machen zu wollen. Es habe keinen Zweck, jemanden zu beraten, der dies explizit nicht wünsche, stellte der Hochschulprofessor bei einer Podiumsdiskussion zum Thema »Was wollen die Kunden?« fest.

Es sei aber selbstverständlich, dass Apotheker und PTA grundsätzlich abklären müssten, ob der Kunde eine Beratung wünsche und er sich mit den Arzneimitteln auskenne. Dass sie in einzelnen Fällen unnötig und manchmal auch unerwünscht sei, ändere aber nichts da­ran, dass die Informierung der Patienten., die wichtigste Aufgabe der Apotheken sei. Dingermann: »Die Apotheke ist zuerst ein Ort der Kommunikation. Die Produkte kommen erst an zweiter Stelle.«

Dingermanns Einschätzung wurde von den anderen Diskutanten geteilt. Siiri Ann Doka von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Selbsthilfeorganisationen, Dr. Frank Wartenberg von IMS Health und Robert Follmer von Infas waren sich einig, dass die Beratung eine zentrale Rolle in den Apotheken spielen muss. Follmer wies allerdings darauf hin, dass nach der auf dem Wirtschaftsforum vorgestellten Befragung nur etwa die Hälfte aller OTC-Kunden tatsächlich von sich aus eine Beratung wünsche. Deshalb forderte er wie Dingermann, die Apotheker müssten Beratung noch offensiver anbieten. Auch Doka wünscht sich, dass die Apotheker grundsätzlich nachfragen. Gute Beratung müsse das Markenzeichen der Apotheken sein.

 

Auch Wartenberg hält diese Profilierung für extrem wichtig. Die Produkte in den Apotheken seien weitgehend identisch. Vom Wettbewerber abheben könnten sich Apotheker nur über ihre Dienstleistungen. Nur so könne die eigene Apotheke zu einer Marke werden, der die Kunden vertrauen.

 

Neben der eigenen Apotheke als Marke spielen laut Wartenberg auch die Marken der Pharmahersteller in den Apotheken eine immer größere Rolle. Starke Marken im Sortiment hätten klare Vorteile für die Apotheken, sie dürften aber nicht allein­stehen, sondern müssten von Dienstleistungen ergänzt werden. Wartenberg: »Starke Marken und starke Beratung schließen sich nicht aus.«

 

Tatsächlich müssen die Apotheker die starke Bewerbung von OTC-Arzneimitteln mit gemischten Gefühlen sehen. Einerseits verkaufen sich starke Marken gut, auch weil sie oft von guter Qualität sind. Andererseits können starke Marken den Apothekern auch die Arbeit erschweren, weil der Kunde die Werbeaussagen kennt und sich dieses Wissen nicht immer mit den Botschaften einer seriösen Beratung in der Apotheke verträgt.

 

Dingermann hält aber gerade deshalb die Beratung bei Markenprodukten für wichtig. Die Apotheker seien die Fachleute für die Arzneimitteltherapie, sie dürften es nicht der Industrie überlassen, die Patienten über den Nutzen eines Arzneimittels zu informieren. Dingermann: »Apotheker müssen hier als Filter funktionieren. Sie müssen den Patienten erklären, welche Aussagen der Industrie stimmen und welche nicht.« Die Wirksamkeit eines Medikaments sei wichtiger als die Marke. Das bekannteste Arzneimittel sei eben nicht zwingend auch das beste. Dies müssten die Apotheker mit dem starken Selbstbewusstsein eines Heilberuflers kommunizieren.

 

Unterstützt wurde Dingermann von ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf. Dieser rechnet auch damit, dass die Bedeutung starker OTC-Marken in der Apotheke steigen wird. Dies bedeute aber keinesfalls, dass die Apotheker die Aufklärung der Patienten an die Industrie abgeben dürften. Im Gegenteil habe der Apotheker gerade bei aus der Werbung bekannten Marken die Aufgabe, die Informationen der Industrie zu bewerten und gegebenenfalls zurechtzurücken.

 

Grundsätzlich spielte die Untersuchung der Stiftung Warentest in dieser Diskussionsrunde keine große Rolle. Einen Punkt griff Doka dann aber doch auf. Sie bat die Apotheker dringend, bessere Möglichkeiten für eine diskrete Beratung zu schaffen. Hier hätten viele Apotheken noch Nachholbedarf.

Kommentar: Halbwissen

Manche Apothekenkunde wissen sehr genau, warum sie welches Medikament nehmen und was dabei zu beachten ist. Andere kennen sich nicht so gut aus. Fragen sie in der Apotheke nach, dann ist die Wissenslücke kein Problem. Einige Kunden trügt jedoch die Selbsteinschätzung. Mit einem Halbwissen aus Werbebotschaften und Informationen aus dem Freundeskreis ausgestattet, vermuten sie in sich profunde Fachkenntnisse. Sie Fragen deshalb auch nicht den Apotheker. Dies ist die Risikogruppe für die fehlerhafte Einnahme von Arzneimitteln. Sie zu identifizieren, ist Aufgabe der Apotheker. Jedem Kunden muss eine Beratung angeboten werden. Er muss sie nicht annehmen, aber muss die Chance dazu haben.

 

Daniel Rücker

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