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Geringer Zuwachs

28.04.2006  13:05 Uhr

Geringer Zuwachs

Wie jedes Jahr zum DAV-Wirtschaftsforum veröffentlicht die ABDA in dieser Woche ihren Bericht zur wirtschaftlichen Situation der Apotheken (lesen Sie dazu den Titelbeitrag). Dieses Mal lohnt es sich ganz besonders, genau darauf zu schauen. Aus dem Bericht geht ganz klar hervor: Die höheren Arzneimittelausgaben 2005 haben den Ertrag der Apotheken nicht wesentlich steigen lassen. Es kam zwar im vergangenen Jahr zu einer leichten Konsolidierung, die Steigerungen sind aber gering.

 

Die Diskrepanz ist überdeutlich. Während die Gesetzliche Krankenversicherung im Vergleich zur 2004 rund 16 Prozent mehr für Arzneimittel ausgab, stieg das Vorsteuereinkommen der Apothekenleiter um weniger als 5 Prozent auf nunmehr 85.000 Euro. Der Apothekenleiter kommt damit auf einen Stundenlohn von 39 Euro. Ausufernder Wohlstand klingt anders.

 

Gewinner der vergangenen Jahre ist eindeutig die Industrie. Sie konnte ihren Anteil an den Arzneimittelkosten kontinuierlich steigern. Fast zwei Drittel, exakt 65,3 Prozent, entfallen heute auf sie. 2002 waren es noch 59,3 Prozent. Im selben Zeitraum sank der Apothekenanteil von 18,4 Prozent auf heute 16,8.

 

Wenn die Koalition in diesen Tagen wieder einmal darüber spricht, wo man im Gesundheitswesen noch sparen kann, dann sollte sie diese Zahlen vor Augen haben und erkennen: Die Apotheken haben die Mehrausgaben nicht zu verantworten. Die geringe Ertragssteigerung bietet auch keinen Anlass, in der Arzneimittelditribution weiteres Einsparpotenzial zu vermuten.

 

Generell sollte man bei den Arzneimittelausgaben genau hinschauen. Sie sind 2005 um beachtliche 16 Prozent gestiegen. Betrachtet man jedoch den Zeitraum seit 2002, errechnet sich eine magere Steigerung von 2 Prozent jährlich. Auch die Preise bewegen sich immer weiter nach unten. Bei bestimmten Medikamenten ist Deutschland auf dem Weg zum Niedrigpreisland.

 

Wenn die Gesundheitspolitiker sich in Ermangelung eines Konsenses zur GKV-Finanzierung nun wieder den Leistungserbringern zuwenden wollen, dann sollten sie einen weiteren Aspekt im Apothekenmarkt ebenfalls bedenken. Als eine der wenigen Branchen haben die Apotheken im vergangenen Jahr neue Arbeitsplätze geschaffen. Mit fast 140.000 liegt die Zahl der Arbeitsplätze in Apotheken auf Rekordniveau. Welche andere Branche kann dies für sich reklamieren?

 

Obwohl die Datenlage also eindeutig ist, hat die Koalition bereits angekündigt, man wolle zuerst über die Strukturen, also die Seite der Leistungserbringer sprechen, und dann darüber, wie man diese finanzieren will. In den vergangenen Wochen hat die Regierung damit ihre Prioritätenliste auf den Kopf gestellt. Plötzlich stehen die Ausgaben wieder ganz oben auf der Agenda. Die Einnahmenreform ist kompliziert, deshalb soll sie erst im zweiten Schritt diskutiert werden.

 

Mehr Wettbewerb, eine Entbürokratisierung und Änderungen bei der Honorierung der Ärzte sind im Gespräch. Inwieweit die Apotheken unmittelbar von Reformen getroffen werden, ist offen. Zu unterschiedlich sind die Signale aus der Politik. Hoffentlich kommen die Zahlen der ABDA gerade recht, die Euphorie von Union und SPD etwas zu bremsen und wieder nur an der Ausgabenseite herumzudoktern. Zumindest bei der Arzneimitteldistribution ist die Luft einfach raus.

 

Daniel Rücker

Stellvertretender Chefredakteur

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