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Zytostatika

Ermittlungen gegen Hersteller und Ärzte

10.04.2012  17:33 Uhr

PZ/dpa / Mehrere deutsche Staatsanwaltschaften ermitteln gegen Ärzte und Pharmafirmen wegen Bestechlichkeit. Allein in Erfurt soll ein Arzt mehrere Hunderttausend Euro für die Verschreibung bestimmter Krebs-Medikamente erhalten haben.

Bundesweit ermitteln Staatsanwälte gegen Krebsärzte wegen Bestechlichkeit. Wie das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« berichtet, sind auch mindestens drei Pharmafirmen im Visier der Ermittler, die systematisch bestochen haben sollen. Die Unternehmen sollen Kassenärzten Geld gezahlt haben, wenn sie deren Krebspräparate bevorzugen. Auch gegen Dutzende Ärzte und einige Apotheker wird demnach ermittelt.

Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat Anklage erhoben gegen einen Arzt und zwei Apotheker aus Thüringen. Der Arzt soll von den beiden Apothekern Vorteile und Zahlungen in einer Größenordnung von einigen 100 000 Euro erhalten haben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt, Hannes Grünseisen, am Freitag der Nachrichtenagentur dpa.

 

Der Thüringer Arzt soll dafür kassiert haben, dass er Zytostatika bei diesen Apothekern bezog. Die Vereinbarungen zwischen dem Arzt und den beiden Apothekern sollen nicht zeitgleich, sondern nacheinander getroffen worden sein. »Es gab aber die gleiche Vorgehensweise«, sagte Grünseisen. Nach seinen Angaben wurde die Anklage gegen das Trio wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Bestechung bereits vor einiger Zeit erhoben. Die Anklage sei dem Landgericht Mühlhausen zugeleitet worden. Zum Verhandlungstermin konnte Grünseisen nichts sagen.

 

»Der Spiegel« berichtet außerdem, dass die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage gegen Verantwortliche der Pharmafirma Oncosachs erheben wolle. Die Leipziger Firma soll den Krebsärzten mehrere hundert Euro pro Patient gezahlt haben, wenn die Mediziner ihre Präparate bevorzugten.

 

Mietzuschuss für Ärzte

 

Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, sagte dem Magazin, ermittelt werde wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit auch gegen 47 Krebsärzte aus mehreren Bundesländern. Sie sollen bis 2008 vor allem »Mietzuschüsse« von Oncosachs kassiert haben. Später soll das Geld über Scheinstudien geflossen sein. Ein Arzt soll dabei beispielsweise von 2005 bis 2011 mehr als eine halbe Million Euro erhalten haben.

 

In München hat die Staatsanwaltschaft laut »Spiegel« ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit gegen den Geschäftsführer von Ribosepharm eröffnet (Krebssparte der Pharmafirma Hikma). Ein Sprecher der AOK Niedersachsen bestätigte der dpa, dass man bereits im November eine entsprechende Meldung an die Staatsanwaltschaft München gemacht habe. In Hamburg ermittelt laut »Spiegel« die Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche des Krebsmittelherstellers Zyo Pharma wegen des Verdachts der Ärztebestechung.

 

In seinem Beitrag thematisiert der »Spiegel« auch die Gewinne der Zytostatika herstellenden Apotheker, zum einem über Einkaufskonditionen, zum anderen aber auch über Beraterverträge, die etwa der Zytostatika-Hersteller Zyo Pharma Apothekern angeboten hat. Gegenüber dem Spiegel sollen Außendienstler der Firma gegenüber der Polizei erklärt haben, so habe man nach dem AVWG wegbrechende Rabatte für die Apotheker ausgleichen wollen.

Keine echte Beratung

 

Von 400 Zytostatika herstellenden Apotheken sollen mindestens 65 einen Beratervertrag mit Zyo Pharma abgeschlossen haben, der ihnen fünfstellige Zusatzeinnahmen beschert haben soll. Das Unternehmen Zyo bestand gegenüber dem Spiegel darauf, es haben sich dabei um echte Beraterverträge gehandelt. Dem widersprach im Gespräch mit »Spiegel online« der Vorsitzende des Hamburger Apothekervereins, Dr. Jörn Graue. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sich dabei um echte Beratung gehandelt hat«, sagte er Spiegel-Online.

 

Solche Verträge seien ein beliebtes Mittel, um Rückvergütungen an Apotheker zu bezahlen. Der Verbandschef bezeichnete es als »Wurzel allen Übels«, dass eine Unterschreitung des Abgabepreises für den Hersteller zwar verboten, aber nicht strafbewehrt sei. Ärzte und Apotheker dürften sich bei der Auswahl von Arzneimitteln ausschließlich von medizinischen Gründen leiten lassen. /

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