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Alzheimer

Genschalter bietet Stressschutz

01.04.2014  15:11 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / US-amerikanische Forscher haben möglicherweise ein wichtiges Puzzleteil in der Alzheimer-Pathologie entdeckt: den Genschalter REST. Er schützt im Gehirn von Älteren die Zellen vor der toxischen Wirkung falsch gefalteter oder verklumpter Proteine. Wenn dieser Stressschutz ausfällt, können Demenzen auftreten.

Der repressor element 1-silencing transcription factor (REST) spielt vor allem in der embryonalen Gehirnentwicklung eine Rolle, wird aber auch im Gehirn älterer Menschen wieder zunehmend exprimiert. Dort schaltet er Gene ab, die den Zelltod einleiten und in der Alzheimer-Pathologie eine Rolle spielen, und aktiviert dagegen solche, die das Neuron vor Stress schützen. Das konnten Tao Lu und Kollegen von der Harvard Medical School in Boston in Zellkultur-Untersuchungen zeigen.

 

Die Expression von REST wird ihren Ergebnissen zufolge über den Wnt-Signalweg aktiviert. Um die Funktion des Transkriptionsfaktors genauer zu untersuchen, entwickelte das Team um Lu Knock-out-Mäuse, die kein REST herstellen. »Diese Tiere waren im jungen Erwachsenenalter unauffällig, aber als sie älter wurden, begannen die Gehirnzellen in den Hirnregionen zu sterben, die auch bei Alzheimer betroffen sind: der Hippocampus und der Cortex«, sagt Seniorautor Professor Dr. Bruce Yankner in einer Pressemitteilung.

 

Diese Ergebnisse versuchten die Forscher auch beim Menschen zu bestätigen. Es zeigte sich, dass der Gehalt der Hirnzellen an REST eng mit den kog­nitiven Fähigkeiten der untersuchten Person korrelierte. Gesunde hatten eine hohe Konzentration, Personen mit milden kognitiven Defiziten eine geringere, während Demenzpatienten kaum noch REST aufwiesen. Das berichten die Forscher im Fachjournal »Nature« (doi: 10.1038/nature13163).

 

Die Autoren selektierten zudem Gehirn-Gewebeproben von Verstorbenen mit Alzheimer-Pathologie und teilten diese in zwei Gruppen ein: solche, die von Personen stammten, die zu Lebzeiten Demenzsymptome entwickelt hatten, und solche von Personen ohne Demenz. Die Analyse zeigte, dass Personen mit asymptomatischer Alzheimer-Pathologie eine dreifach höhere Konzentration an REST aufwiesen als Personen mit Demenz. Die Forscher vermuten daher, dass eine hohe REST-Konzentration im Zellkern der Neurone diese vor der schädlichen Wirkung von Amyloid-Ablagerungen oder τ-Fibrillen schützen könnte.

 

Im Zellmülleimer

 

Bei Patienten mit Alzheimer-Demenz scheint das Protein auf dem Weg vom Zytoplasma, wo es gebildet wird, in den Nucleus, wo es seine Aufgabe verrichten soll, verloren zu gehen. Die Wissenschaftler fanden es eingehüllt in Vesikel, in denen es abgebaut wird – eine Art Mülleimer der Zellen. Dasselbe Phänomen entdeckten sie auch in den Gehirnen von Patienten mit frontotemporaler Demenz (FTD) sowie Demenz mit Lewy-Körperchen. Auch hier landeten die REST-Moleküle statt im Zellkern im Zellmülleimer, zusammen mit den für die Erkrankungen charakteristischen fehlgebildeten Proteinen wie ß-Amyloid bei Alzheimer, τ bei FTD und α-Synuclein bei Lewy-Körperchen-Demenz. »Dass REST daran gehindert wird, in den Zellkern zu gelangen, könnte die früheste Phase des REST-Funktionsverlustes sein«, so Yankner.

 

Therapeutisches Potenzial

 

Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse irgendwann therapeutisch genutzt werden können. »Wenn wir das Stressresistenz-Gennetzwerk medikamentös hochregulieren könnten, wäre es möglich, früh in der Pathogenese einzugreifen«, sagt Yankner. Dabei sollte nach Möglichkeit nicht der Wnt-Signalweg aktiviert werden, da dieser mit der Entwicklung verschiedener Krebsarten in Verbindung gebracht wird. Hierfür müsse noch besser erforscht werden, wie REST aktiviert und warum es fehlgeleitet wird.

 

Obwohl ihre Entdeckung viele neue Möglichkeiten eröffnet, glauben die Forscher nicht, dass REST das Ende vom Lied ist. Yankner ist überzeugt, dass noch andere Moleküle, die bis jetzt noch nicht in den Fokus der Forschung gerückt sind, in der Pathologie eine Rolle spielen. /

Paracetamol und Ibuprofen nicht im Wechsel!

 

Paracetamol und Ibuprofen senken Fieber vergleichbar gut. Dafür gebe es eine »hervorragende Studienlage«, so Niehues. Die nicht verschreibungspflichtigen Medikamente sind wie alle Arzneimittel für Kinder bis zwölf Jahre verordnungsfähig und werden von den Krankenkassen erstattet.

 

Nicht evidenzbasiert ist dagegen die kombinierte oder abwechselnde Gabe der beiden Antipyretika, die einige Kinderärzte und manche Internetforen empfehlen. »Studien haben belegt, dass eine abwechselnde Gabe keinen Vorteil für das Kind hat, doch es treten mehr Nebenwirkungen auf«, betont Niehues. Das Risiko für Fehl- und Überdosierungen steigt. Der zeitliche Abstand und die passende Dosierung sind bei der Kombination nicht hinreichend untersucht. Daher sei von der alternierenden Gabe abzuraten.

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