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Rabattverträge

Heftige Kritik zum Start

06.04.2010  16:55 Uhr

Von Daniel Rücker / Zum 1. April haben 38 Krankenkassen rund 35 Millionen gesetzlich Krankenversicherte mit neuen Rabattverträgen beglückt. Die Resonanz darauf ist wenig positiv und auch die AOK hat etwas zu mäkeln, freilich aus einem anderen Grund.

Die Ortskrankenkassen sind nicht nur Marktführer in der Gesetzlichen Krankenversicherung, auch bei den Rabattverträgen liegen sie ganz vorne. Das hat viel mit ihrem Verhandlungsführer Dr. Christopher Hermann zu tun. Der hat mit der Marktmacht aller AOKs im Rücken zum 1. April Verträge für weitere 80 Wirkstoffe ausgehandelt. Damit erhöht sich die Zahl der Wirkstoffe in der AOK-Welt auf 143 Substanzen. Im Herbst sollen Verträge für 13 weitere Wirkstoffe, deren Patent kürzlich abgelaufen ist, hinzukommen. Zwei von drei Generika-Verordnungen werden damit von Rabattpartnern der Kasse bedient. Laut Hermann spart die AOK mit ihren Rabattverträgen in diesem Jahr mehr als eine halbe Milliarde Euro.

Rabattverträge für 89 Wirkstoffe hat die Techniker Krankenkasse (TK) zum 1. April abgeschlossen. Wie bei der AOK erlischt damit für die rund 7 Millionen Versicherten die Auswahl bei diesen Substanzen, denn für jeden Wirkstoff gibt es nur einen Rabattpartner. Rund 100 Millionen Euro will die Kasse damit in den kommenden beiden Jahren einsparen.

 

Für insgesamt 36 Krankenkassen hat die GWQ Service Plus Rabattverträge abgeschlossen. Sie gelten für 44 Wirkstoffe und 4,2 Millionen Versicherte. Die GWQ Service Plus vertritt 17 kleinere Krankenkassen. Bereits zum 1. März waren die von Spektrum K für 80 Kassen mit 7 Millionen Versicherten ausgehandelten Rabattverträge zu 52 Wirkstoffen an den Start gegangen.

 

Während sich die Krankenkassen über erhebliche Preisnachlässe freuen – die GWQ hat nach eigenen Angaben Rabatte von durchschnittlich 70 Prozent erzielt – bleiben Apotheker und pharmazeutische Industrie skeptisch. Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), Fritz Becker, ärgert sich vor allem über die fehlende Transparenz der Kassen bei den Einsparungen. Diese lassen sich nicht gerne in die Karten schauen. Becker geht von Einsparungen aus, die über einer Milliarde Euro liegen. Dieser Wert müsse endlich auch bei der Angabe Arzneimittelausgaben berücksichtigt werden. Becker: »Wenn sich Millionen Patienten umstellen müssen und in den Apotheken mehr Aufwand entsteht, sollten die Kassen auch ihre Einsparungen offenlegen und gegenüber ihren Versicherten verantworten.«

 

Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) nimmt die aktuelle Rabattrunde zum Anlass, noch einmal auf die negativen Konsequenzen der mit den Verträgen verbundenen Präparatewechsel hinzuweisen. So habe sich bei Simvastatin die Zahl der Patienten, die auf ein neues Präparat umgestellt wurden, im Vergleich zur früher verfünffacht.

 

Unzufrieden ist der BAH auch mit der Auswahl der Rabattpartner. Hier wird die AOK zwar nicht müde, ihre Mittelstandsfreundlichkeit zu betonen, mit Zahlen kann sie dies aber nicht belegen. So entfallen bei der neuen Rabattrunde rund zwei Drittel der Zuschläge auf Ratiopharm und Generikatöchter von Novartis. Ähnlich sieht es bei GWQ aus. Auch hier holten Novartis und Ratiopharm mehr als die Hälfte der Zuschläge. Der BAH wirft den Kassen deshalb vor, mit den Rabattverträgen einen »ruinösen Verdrängungswettbewerb« unter den Generikaherstellern auszulösen. Am Ende führe dies zu einer »volkswirtschaftlich nicht gewünschten Oligopolbildung im Arzneimittelmarkt«.

 

Aufzahlungen zu bürokratisch

 

In die von der Bundesregierung geplanten Änderungen bei den Rabattverträgen setzen die Herstellerverbände wenig Hoffnung. Nach den Vorstellungen von Union und FDP sollen Versicherte in Zukunft gegen Aufzahlung ihr gewohntes Präparat weiter bekommen. Der BAH hält die Pläne für »untauglich«. Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) fürchtet, dass die Kassen das Vorhaben in der Praxis aushebeln könnten »Wir sehen die Gefahr, dass die Kassen das System extrem bürokratisch aufbauen«, sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Dies könne dazu führen, dass die Patienten die Möglichkeit nicht wahrnehmen. Zudem sei unklar, wie viel die Versicherten aufzahlen müssten, da die Kassen die Höhe des Rabattes auf ein Präparat nicht veröffentlichen und somit dessen tatsächlicher Preis unbekannt bleibe.

 

Tatsächlich ist nicht unwahrscheinlich, dass Krankenkassen verhindern wollen, dass die Patienten über Aufzahlungen die Rabattvereinbarungen umgehen. Je weniger Absatz sie den Pharmaunternehmen garantieren können, desto geringer dürfte deren Rabatt an die Kasse ausfallen. AOK-Verhandlungsführer Hermann hat deshalb bei der Präsentation der AOK-Rabattverträge vergangene Woche auch schon einmal deutlich gemacht, was er von Aufzahlungen hält: Gar nichts. Hermann: »Damit wird die Effizienz der Rabattverträge infrage gestellt.« Mit den geplanten Änderungen lege die Bundesregierung »die Axt an dieses erfolgreiche Modell«. / 

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