Prüfung auf pharmazeutische Bedenken |
30.03.2010 10:44 Uhr |
Von Nina Griese, Ralf Goebel und Martin Schulz, Berlin / Zum 1. April treten weitere Arznei-Rabattverträge der AOK in Kraft. Diese Verträge laufen bis Ende März 2012 und umfassen 80 Substanzen. Welche dieser Arzneistoffe sollten besonders auf pharmazeutische Bedenken geprüft werden?
Aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 129 SGB V sind Arzneimittel mit Rabattvertrag nach § 130a Absatz 8 SGB V im Aut-Idem-Bereich vorrangig abzugeben. Dies gilt sowohl bei namentlicher Verordnung eines Arzneimittels als auch bei Wirkstoffverordnungen. Nicht jeder Austausch eines verordneten Arzneimittels durch ein Rabattarzneimittel, der von der Apothekensoftware vorgeschlagen wird, ist allerdings unproblematisch und ohne Risiken. Risiken beim Austausch können zum Beispiel dadurch entstehen, dass der Patient eine Arzneiform geteilt einnehmen muss, das Rabattarzneimittel aber nicht teilbar ist. Durch die Möglichkeit, pharmazeutische Bedenken geltend zu machen, können diese arzneimittelbezogenen Probleme allerdings verhindert werden.
Für die Apotheken besteht aufgrund des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V explizit die Möglichkeit, von der Verpflichtung zur Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel abzusehen, wenn der Abgabe aus Sicht des Apothekers im konkreten Einzelfall pharmazeutische Bedenken entgegenstehen. Pharmazeutische Bedenken bestehen, wenn durch den Präparateaustausch trotz zusätzlicher Beratung des Patienten der Therapieerfolg oder die Arzneimitteltherapiesicherheit im konkreten Einzelfall gefährdet sind.
In bestimmten Situationen sollte der Austausch mit einem rabattbegünstigten Arzneimittel vor dem Hintergrund pharmazeutischer Bedenken kritisch überprüft werden. Eine Nicht-Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels kann aus einem schwerwiegenden Problem oder – häufiger – aus einer Kombination mehrerer Probleme aus verschiedenen Problemkategorien resultieren. Daher stellt sich die Frage, bei welchen der Arzneistoffe in den neuen AOK-Rabattverträgen ein erhöhtes Risiko dafür besteht, dass durch einen Austausch gegen ein Rabattarzneimittel ein arzneimittelbezogenes Problem resultiert. Die Tabelle gibt eine Übersicht über diese Arzneistoffe, Hauptindikationsgebiete und bisherige und geplante Publikationen zu diesen Arzneistoffgruppen im Zusammenhang mit pharmazeutischen Bedenken in der Pharmazeutischen Zeitung (PZ). Bei der Zusammenstellung wurden eine Gefährdung des Therapieerfolgs oder der Arzneimitteltherapiesicherheit durch Non-Compliance, Unverträglichkeitsreaktionen gegen bestimmte Hilfs- und Zusatzstoffe, Anwendungsproblem bei bestimmten Patientengruppen (unter anderem Sondengängigkeit, Handhabungsschwierigkeiten durch motorische Schwierigkeiten) und Aspekte der Teilbarkeit nicht gesondert berücksichtigt, da diese Arzneistoff-unabhängig auftreten können. /
Arzneistoff | Indikationsgebiet (Beispiele) | Mögliche Problemkategorie | Publikation in der PZ* |
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Beclometason | Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) | Problematisches Applikationssystem | PZ 38 (2008) S. 26 |
Carbamazepin | Epilepsie | Problematische Erkrankung, problematischer Arzneistoff | PZ 09 (2010) S. 26 |
Fentanyl(-Pflaster) | Starke und stärkste Schmerzen (BTM) | Problematischer Arzneistoff, problematische Applikationsform | PZ 33 (2009) S. 24 |
Lorazepam | Angst-, Spannungs- und Erregungszustände | Problematische Applikationsform | - |
Morphin | Starke und stärkste Schmerzen | Problematischer Arzneistoff, problematische Darreichungsform | PZ 33 (2009) S. 24 |
Oxcarbazepin | Epilepsie | Problematische Erkrankung, problematischer Arzneistoff | PZ 09 (2010) S. 26 |
Oxycodon | Starke und stärkste Schmerzen (BTM) | Problematischer Arzneistoff | PZ 33 (2009) S. 24 |
Phenprocoumon | Behandlung und Prophylaxe von Thrombose und Embolie | Problematischer Arzneistoff | PZ 15 (2010) |
Salbutamol | Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) | Problematisches Applikationssystem | PZ 38 (2008) S. 26 |
Beclometason und Salbutamol
Pharmazeutische Bedenken: Tipps für die Praxis, PZ 38/2008
Carbamazepin und Oxcarbazepin
Rabattverträge: Pharmazeutische Bedenken bei Antiepileptika, PZ 09/2010
Fentanyl(-Pflaster), Morphin und Oxycodon
Betäubungsmittel: Aut idem und Rabattverträge, PZ 33/2009
Anschrift der Verfasser:
Geschäftsbereich Arzneimittel der ABDA
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