Vitamin K für starke Knochen |
08.04.2008 17:37 Uhr |
Vitamin K für starke Knochen
Von Joachim Richter
Vitamin K ist wichtig für die Knochen. Umso verwunderlicher ist es, dass es in der Therapie der Osteoporose in Deutschland eher stiefmütterlich behandelt wird. Dabei gibt es vielversprechende Daten zur Wirksamkeit.
In Deutschland sind etwa 7,8 Millionen Menschen von Osteoporose betroffen. Jährlich werden ungefähr 300.000 osteoporosebedingte Oberschenkelhalsbrüche registriert. Das Interesse an der Erkennung, Vorbeugung und Behandlung der Osteoporose ist daher groß. Eine mögliche Behandlungsoption ist Vitamin K. Ihm wird bisher jedoch kaum Beachtung geschenkt. Dabei ist es essenziell für die γ-Carboxylierung des in Osteoblasten gebildeten Proteins Osteocalcins. Dies wiederum leistet einen wesentlichen Beitrag zur Calciumakkumulation im Knochen.
Zur Verfügung stehen drei nicht verschreibungspflichtige Monopräparate, die Vitamin-K1 (Phytomenadion oder Phyllochinon) enthalten (Kanavit® Tropfen, Konakion® MM 2 mg und 10 mg Lösung). Allerdings sind sie für die Indikation Osteoporose nicht explizit zugelassen, wohl aber zur Behandlung von Vitamin-K-Mangelzuständen. In diesem Zusammenhang sind die Aussagen einer Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2005 aus den USA hilfreich, die die Rolle des Vitamin K bezüglich der Osteoporose beleuchten und auf die nachstehend auszugsweise eingegangen wird.
In einem Übersichtsartikel aus dem Jahr 2005 (Alternative Medicine Review, Jahrgang 10, Seiten 24-35) beschäftigen sich die US-amerikanischen Forscher Steven M. Plaza und Davis W. Lamson vorwiegend mit Vitamin K2 (Menachinon). Diesem Vitamin wird eine analoge, aber etwas stärkere Wirkung auf den Knochen als Vitamin K1 zugeordnet; die Umwandlung von Vitamin K1 in Vitamin K2 im Organismus wird diskutiert.
In Japan zählt Vitamin K zu den meistverordneten Arzneimitteln bei Osteoporose. Die Behandlung ist »mit einer typischen Tagesdosis von 45 mg außerhalb der USA schon allgemein üblich«. Im Artikel wird dargelegt, dass die hohe Dosierung keine nachteiligen Nebenwirkungen auslöst. Insbesondere beeinflusst sie die Blutgerinnung nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung nennt einen Tagesbedarf von 60 bis 80 µg für Erwachsene.
Streng zu beachten ist, dass Vitamin K bei unter Behandlung mit Antikoagulanzien vom Cumarintyp stehenden Patienten kontraindiziert ist. Mehrere Studien belegen zudem, dass bei einer Medikation mit diesen Antikoagulanzien und der dadurch bedingten Ausschaltung des Vitamin K die Frakturquote eindeutig ansteigt, was ein Beleg für die knochenstabilisierenden Eigenschaften dieses Vitamins ist.
Bei der Untersuchung des Serums von 219 US-Amerikanern, die sich normal ernährten, wurde festgestellt, dass ein erheblicher Anteil des Osteocalcins nicht γ-carboxyliert war. Dennoch entsprach die Prothrombinzeit der Norm. Der Anteil an nicht γ-carboxyliertem Osteocalcin im Serum ist ein Indikator für Vitamin-K-Defizite mit der Folge reduzierter Knochendichte und erhöhtem Frakturrisiko.
Zum Nachweis der nebenwirkungsfreien Verabreichung hoher Dosen von Vitamin K erhielten 29 osteoporotische Personen über zwölf Wochen dreimal täglich 15 mg Vitamin K2. Dabei blieben alle hämostatischen Marker im Normalbereich. Aus den Ergebnissen dieser und weiterer Untersuchungen wurde der Schluss gezogen, dass die normale Zufuhr von Vitamin K über die Nahrung zwar zur Sicherung des hämostatischen Gleichgewichts ausreicht, nicht aber zur ausreichenden Bildung von γ-carboxyliertem Osteocalcin.
Studien an 120 osteoporotischen Personen zeigten, dass die Frakturinzidenz der Lendenwirbel bei alleiniger Gabe von täglich 150 mg Calcium über zwei Jahre bei etwa 30 Prozent lag, in Kombination mit 45 mg Vitamin K aber bei 10 Prozent. In einer Doppelblindstudie erhielten 80 Personen über 24 Wochen täglich 90 mg Vitamin K2 oder Placebo. Die Knochendichte, gemessen am Mittelhandknochen, betrug danach plus 2,2 beziehungsweise minus 7,31 Prozent. Gute Erfolge zeigte auch die Kombination Vitamin K2 mit Vitamin D3 (1-α-Hydroxycholecalciferol): Nach 24 Monaten stieg die Knochendichte bei 172 postmenopausalen Frauen nach täglich 45 mg Vitamin K2 um 0,135 Prozent; in Kombination mit 1 µg Vitamin D3 um 4,92 Prozent. Bei 17 postmenopausalen Frauen, die ein Jahr lang täglich 45 mg Vitamin K2 erhielten, wurde die spinale Knochendichte um 0,23 Prozent erhöht; eine Kontrollgruppe mit 19 Frauen ohne Vitamin-K2-Medikation zeigte einen Rückgang der Knochendichte um 2,87 Prozent.
Hinsichtlich Vergleichen zu Bisphosphonaten wird über Studien an jeweils 25 postmenopausalen osteoporotischen Frauen berichtet. Bei alleiniger Gabe von Calciumlactat (2 g/Tag) traten sechs Frakturen auf, bei Gabe von Bisphosphonaten oder Vitamin K2 (45 mg/Tag) je zwei Frakturen und bei Verabreichung von Bisphosphonaten und Vitamin K2 eine Fraktur.
Schließlich sei noch eine Studie an zwei Gruppen von je 54 osteoporotischen Patientinnen mit Parkinson erwähnt. Diese erhielten über 12 Monate täglich 45 mg Vitamin K2 oder Placebo. Die Zahl der Frakturen in der Verumgruppe lag bei 1, in der Placebogruppe bei 10.
Die Studien zeigen, dass Vitamin K die Frakturquoten reduzieren kann. Beim prophylaktischen Einsatz des Vitamin K zur Gewährleistung der vollständigen γ-Carboxylierung des Osteocalcins ist nach den Untersuchungen aus dem Jahr 2002 von Binkley und Kollgen 1 mg Vitamin K pro Tag ausreichend. Zur Optimierung der Wirkung ist die gleichzeitige Zufuhr von Calcium und Vitamin D3 zu empfehlen. Nicht zuletzt gilt es die weitverbreitete Meinung zu zerstreuen, dass die Einnahme von Vitamin K Störungen der Blutgerinnung verursacht, wobei jedoch die Kontraindikation Cumarinderivate beachtet werden muss.
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