DNA-Origami bekämpft Tumoren |
21.02.2018 10:55 Uhr |
Von Christina Hohmann-Jeddi / Einen Nanoroboter aus gefalteter DNA, der Tumoren die Blutzufuhr abschneidet, hat ein internationales Forscherteam entwickelt. In Versuchen mit Mäusen konnte das Konstrukt das Tumorwachstum aufhalten.
Das Origami-Konstrukt bindet spezifisch an Tumor-assoziierte Endothelzellen und entlässt dort den Blutgerinnungsfaktor Thrombin, der die Blutgefäße verklebt. Bei Mäusen führte die Injektion des Systems zur Nekrose des Tumorgewebes und dessen Wachstumsstopp, berichten die Forscher um Suping Li vom chinesischen Nationalen Zentrum für Nanowissenschaft und Technik (NCNST) in Peking im Fachjournal »Nature Biotechnology« (DOI: 10.1038/nbt.4071).
Das DNA-Konstrukt besteht aus einer Röhre, die innen mit Thrombin besetzt ist (pink) und außen mit spezifischen Anker-Molekülen (grün).
Foto: Jason Drees/Arizona State University
Bei dem Nanoroboter handelt es sich um einen spezialisierten Arzneistoffboten. Er besteht aus einer rechteckigen Platte aus gefalteter DNA, die auf einer Seite mit dem Wirkstoff Thrombin beladen wird. Anschließend wird die Platte zu einem Röhrchen gefaltet, das Thrombin im Innern enthält. Auf der Außenseite befinden sich kurze DNA-Sequenzen, sogenannte Aptamere, die durch ihre dreidimensionale Struktur spezifisch an Nucleolin binden.
Dieses Protein befindet sich auf der Oberfläche von sich aktiv teilenden Endothelzellen, die Blutgefäße für Tumoren bilden. Die Nucleolin-bindenden Aptamere dienen somit als Anker für das Konstrukt, um das korrekte Ziel zu finden. Sie dienen gleichzeitig auch als Mechanismus, der das Röhrchen bei Kontakt mit der Zielstruktur öffnet und den Gerinnungsfaktor entlässt, schreiben die Forscher.
Ob ihr System wie gewünscht arbeitet, testeten sie an verschiedenen Mausmodellen von Krebserkrankungen. Zunächst verwendeten sie ein Modell, bei dem injizierte menschliche Krebszellen aggressive Tumoren hervorrufen. Bei diesen Tieren stellten die Nanoroboter innerhalb von 24 Stunden nach intravenöser Injektion die Blutzufuhr der Tumoren ab. Nach drei Tagen waren in allen Tumorgefäßen Thromben vorhanden und die Geschwulste schrumpften. Gesundes Gewebe wurde nicht angegriffen.
»Die Nanoroboter haben sich in Mäusen und Schweinen als sicher und immunologisch inert erwiesen«, sagt Seniorautor Professor Dr. Yuliang Zhao vom NCNST in einer Mitteilung der Arizona State University (ASU) in Tempe. Es seien keine Effekte auf die normale Blutgerinnung oder Zellmorphologie festzustellen gewesen. In das Gehirn der Tiere konnten die Konstrukte nicht eindringen.
»Wir haben das erste vollständig autonome DNA-Roboter-System für eine zielgerichtete Krebstherapie entwickelt«, sagt der an der Arbeit beteiligte ASU-Professor Dr. Hao Yan. Dieses System könnte bei vielen Krebsarten angewandt werden, da die Endothelzellen der Gefäße, die solide Tumoren versorgen, prinzipiell alle gleich sind. Die Forscher testeten das System auch an Mäusen mit Melanom: Bei drei der acht behandelten Tiere bildete sich der Tumor vollständig zurück. Aber die Nanoroboter griffen nicht nur den Primärtumor an, sie verhinderten auch eine Metastasierung. Auch bei einem Mausmodell mit Lungenkarzinom war ein Schrumpfen des Tumors zu beobachten. Das Team sucht nun nach Partnern für die Weiterentwicklung seines Systems. /