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Methyldopa

Blutdruckmittel gegen ­Typ-1-Diabetes

20.02.2018  16:22 Uhr

Von Annette Mende / Die synthetische Aminosäure Methyldopa kann möglicherweise Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes (T1D) verhindern oder abschwächen.

 

Wie US-amerikanische Forscher in einem großen Screening zugelassener Wirkstoffe feststellten, passt der momentan als Blutdrucksenker eingesetzte Wirkstoff genau in die Bindungstasche des HLA-DQ8-Moleküls, das bei der Entstehung von T1D eine Rolle spielt. Bei Patienten mit gerade erst aufgetretenem T1D drosselte die Gabe von Methyldopa die gegen die Insulin-produzierenden Beta­zellen des Pankreas gerichtete Auto­immunreaktion, schreiben die Forscher um Professor Dr. David A. Ostrov von der University of Florida in Gainesville im »Journal of Clinical Investiga­tion« (DOI: 10.1172/JCI97739).

 

Das DQ8-Molekül, eine zum sogenannten HLA-System gehörende Eiweißstruktur auf der Oberfläche von Antigen-präsentierenden Zellen des Immunsystems, ist bei etwa 60 Prozent der Typ-1-Diabetiker bereits vor Krankheitsbeginn nachweisbar. DQ8 gehört zu den MHC-Klasse-II-Prote­inen, die das Immunsystem für die Unterscheidung zwischen körpereigenen und -fremden Strukturen benötigt. Die Forscher hatten die Hypothese, dass die medikamentöse Blockade von DQ8 die gegen körpereigene Peptide gerichtete Attacke von pathogenen T-Zellen verhindern kann. Deshalb suchten sie mithilfe des Computers gezielt nach – bereits zugelassenen – Substanzen, die diese Anforderung erfüllen.

 

Fündig wurden sie bei Methyldopa, einem Wirkstoff, der unter anderem bei Schwangerschaftshypertonie angewendet wird und in dieser Indika­tion sogar auf der Liste der unentbehrlichen Medikamente der Weltgesundheitsorganisation steht. Dass ihre Hypo­these stimmte, demonstrierten die Forscher an genmanipulierten Mäusen: Bei diesen verzögerte die Gabe von Methyl­dopa die Entstehung eines T1D; bei der Hälfte der Tiere konnte eine ­Erkrankung sogar ganz verhindert werden. Bei 20 frisch diagnostizierten Typ-1-Diabetikern blockierte die dreimal tägliche orale Gabe von Methyl­dopa DQ8 und reduzierte die entzündliche T-Zell-Antwort gegen Insulin.

 

Ostrov sieht in der DQ8-Blockade eine mögliche therapeutische Option auch bei anderen Autoimmunerkrankungen. »Derselbe Ansatz könnte etwa bei rheumatoider Arthritis, Zöliakie, Multipler Sklerose und systemischem Lupus erythematodes angewendet werden«, so Ostrov in einer Mitteilung der auch an der Studie beteiligten University of Colorado. Bis dahin ist jedoch noch eine Menge Forschungsarbeit notwendig. Den Anfang soll im kommenden Jahr eine von der amerikanischen Gesundheitsbehörde NIH geförderte klinische Studie machen. /

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