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Datenklau-Prozess

Anonymer Anruf im Ministerium

21.02.2018  10:36 Uhr

Von Jennifer Evans, Berlin / Im Prozess gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und IT-Fachmann Christoph H. ging es vergangene Woche um einen anonymen Anrufer. Dieser gab einst dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Hinweis auf »Datendiebstahl«. Auch soll er gewusst haben, dass die Informationen an die Apotheker gehen.

Der am vergangenen Freitag geladene Zeuge arbeitete damals wie heute im Referat 211 im BMG, das unter anderem für Datenschutz im Gesundheitswesen zuständig ist, als er im September 2012 den anonymen Anruf entgegennahm. Die Vermittlung habe den Anrufer gleich zu ihm durchgestellt, weil das Wort »Datendiebstahl« gefallen sei und somit sein Referat zuständig war, so der Zeuge. Er habe den Anrufer für glaubwürdig gehalten, als dieser von entwendeten Daten aus E-Mail-Postfächern der Staatssekretäre sprach. Einen Namen oder seinen Beweggrund habe der Anrufer ihm jedoch nicht genannt. Dem BMG-Referenten zufolge wollte der Hinweisgeber seinen Informanten wohl vor einer möglichen »Bedrohung durch den Täter« schützen.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, zwischen 2009 und 2012 gemeinsam Daten aus E-Mail-Postfächern von Ministern und Staatssekretären im BMG ausgespäht zu haben. Bellartz soll H. beauftragt und später auch dafür bezahlt haben, diese Insider-Informationen zu kopieren. Laut Anklage versprach sich Bellartz dadurch Einblicke in geplante Gesetzgebungsverfahren. Auch soll er demnach die Daten zu seinem Vorteil genutzt haben.

 

An viele Details aus dem damaligen Telefonat erinnert sich der Zeuge nicht mehr. Der Richter verlas daher alte E-Mails, die der Referent selbst seinerzeit aufgrund des Vorfalls an Vorgesetzte geschrieben hatte. Daraus ging hervor, dass der anonyme Anrufer erwähnt haben musste, dass die entwendeten Daten »an den Apothekerverband verkauft« wurden und der mutmaßliche Täter schon öfter im Ministerium aufgefallen sei. Der Anrufer muss dann betont haben, dass das BMG nun selbst darauf kommen könne, wer dahinter steckt. Sicher ist der Zeuge heute, dass der Anrufer mit »einem Berliner Akzent« gesprochen habe.

 

Der Verteidiger von Bellartz betonte am Freitag erneut, dass er auf eine Erklärung der Staatsanwaltschaft warte. Was seinem Mandanten genau zur Last gelegt werde, sei ihm noch immer nicht klar. Er hält daher an seinem Standpunkt fest, dass ein Freispruch erfolgen müsse. Der Vorsitzende Richter wies abermals auf die Überlastung der Strafkammer hin. Bis eine genaue Prüfung aller vergangenen Zeugenaussagen erfolgt ist, wird der Prozess planmäßig am 23. Februar fortgesetzt. /

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