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Krankenhausinfektionen

Prävention statt Reaktion

21.02.2012  17:55 Uhr

Von Conny Becker, Berlin / Nosokomiale Infektionen haben in letzter Zeit verstärkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf die Hygienesituation in Kliniken gelenkt. Eines der wichtigsten Mittel, um Cross-Kontaminationen zu vermeiden, ist und bleibt die Händedesinfektion. Jetzt gelten dafür neue Empfehlungen.

Pro Jahr erkranken in Deutschland rund 500 000 Patienten an nosokomialen, also im Krankenhaus erworbenen Infektionen. Circa 10 000 bis 15 000 von ihnen sterben daran, so wie unlängst mehrere Frühchen in Bremen und Stade, weshalb Politik und Medien vermehrt auf das Thema Krankenhaus­hygiene aufmerksam wurden.

»Nicht alle Krankenhausinfektionen sind vermeid­bar, aber auf etwa ein Drittel trifft dies zu«, sagte Professor Dr. Petra Gastmeier von der Berliner Charité auf einer von Hartmann unterstützten Pressekonferenz in Berlin. Es sei zu differen­zie­ren zwischen exogenen Infektionen, die immer vermeidbar sind, und endogenen Infektionen, die sich nur teilweise abwenden lassen.

 

Risikofaktor Intubation

 

Ein Beispiel für Letztere stellt etwa eine Infektion der unteren Atemwege dar, wohin Keime aus dem Nasen-Rachen-Raum bei einer Intubation gelangen können. »Invasive Maßnahmen sind der wichtigste Risikofaktor für das Eindringen von Bakterien«, so die Medizinerin. Und da invasive Behandlungen wie künstliches Beatmen, Gefäß- und Harnwegskatheterisierungen häufiger werden, steigt auch das Risiko für nosokomiale Infektionen. Diese sind zudem zunehmend schwieriger in den Griff zu bekommen, da mittlerweile etwa 10 Prozent aller in Krankenhaus erworbenen Infektionen auf multiresistente Keime zurückzuführen sind.

 

Die Strategie muss daher lauten, Infektionen soweit als möglich zu vermeiden, und genau dies hat sich das an der Charité angesiedelte Nationale Referenzzentrum für die Surveillance von nosokomialen Infektionen auf die Fahnen geschrieben. Gemeinsam mit mehreren Partnern hat es 2008 die « Aktion Saubere Hände« gestartet, an der mittlerweile mehr als 700 Krankenhäuser, rund 100 Alten- und Pflegeheime sowie ambulante Gesundheitseinrichtungen teilnehmen. Denn die patientennahen Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere die Händedesinfektion der Behandelnden, sind das A und O bei der Prophylaxe von nosokomialen Infektionen.

 

»Eine eigene Studie hatte im Jahr 2000 ergeben, dass die Compliance zur Händedesinfektion nur bei 50 Prozent lag«, so Gastmeier. Gründe für die Non-Compliance seien Zeitmangel, zu wenige Spender mit Desinfektionsmittel, ein geringer Stellenwert in der eigenen Abteilung aber auch die oftmals unbegründete Angst, die Haut damit zu schädigen.

 

Dass die Kampagne nicht nur die Aufmerksamkeit für das Thema Händehygiene erhöht hat, sondern auch messbare Resultate liefert, lässt sich am gestiegenen Desinfektionsmittel-Verbrauch pro Patiententag ablesen. »Krankenhäuser, die bereits seit mindestens drei Jahren an der Aktion teilnehmen, haben inzwischen einen Anstieg von 36 Prozent erreicht«, resümierte Gastmeier. Der Fokus liege nun auf Alten- und Pflegeheimen sowie ambulanten Praxen; gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung würden derzeit entsprechende Informationsmaterialien entwickelt.

 

Die Compliance der Heilberufler dürfte künftig auch aufgrund eines vereinfachten Einreibeverfahrens steigen. Denn eine Studie unter der Leitung von Professor Dr. Günter Kampf vom Bode Science Center in Hamburg ergab, dass die eigenverantwortliche Applikation des Händedesinfektionsmittels dem seit 30 Jahren empfohlenen sechsstufigen Schema nach DIN EN 1500 überlegen ist. Um herauszufinden, ob bereits 15 Sekunden für eine vollständige Benetzung der Hände ausreichen, testeten die Forscher in der Studie 16 Varianten der Applikation. Dabei wurden jeweils 3 Milliliter eines mit einem Fluoreszenzfarbstoff angereicherten alkoholhaltigen Händedesinfektionsmittels (Sterillium®) verwendet und anschließend die Benetzung unter einer UV-Lampe kontrolliert.

 

Lange genug und gründlich

 

Es zeigte sich, dass für eine vollständige Benetzung 15 Sekunden Einwirkzeit nicht ausreichen, sondern die Hände 30 Sekunden lang feucht gehalten werden müssen. Darüber hinaus entdeckten die Forscher, dass das DIN- Verfahren der eigenverantwortlichen Applikation unterlegen war. Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt der wissenschaftliche Beirat der »Aktion Saubere Hände« seit 2011 das eigenverantwort­liche Einreiben unter der besonderen Berücksichtigung von Hauptkontaktstellen und Erregerreservoiren. Im Einzelnen sind das die Fingerspitzen, der Daumen und der Nagelfalz. Gerade diese sensiblen Stellen waren nach Anwendung der alten Methode häufig nur unzureichend benetzt. / 

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