Pharmazeutische Zeitung online
Gehörlos

Welt ohne Worte

22.02.2011  14:51 Uhr

Von Ulrike Abel-Wanek, Frankfurt am Main / Ohrenbetäubend im wahrsten Sinn des Wortes sind die schalldichten Kopfhörer, die zu Beginn der Ausstellung »Dialog im Stillen« an die Besucher verteilt werden. Während eines 50-minütigen Rundgangs hören die Teilnehmer nichts, und es wird auch kein Wort gesprochen.

Die blonde Mediendesignerin Andrea ist von Geburt an gehörlos und eine von rund einem Dutzend »Guides«, die im Frankfurter Museum für Kommunikation Besucher durch die Ausstellung führen. Lächelnd, mit einer schwungvollen Körperdrehung zeigt sie auf den Eingang und bedeutet der kleinen Gruppe, ihr zu folgen. »Sprich mit den Händen und höre mit den Augen« heißt es von nun an beim Parcours durch die absolute Stille – und das ist gar nicht so leicht.

Fünf Stationen umfasst der Erlebnispar­cours. Den Anfang macht der »Tanz der Hände«, bei dem sich die rund zehn teilnehmenden Männer und Frauen um einen großen weißen Tisch verteilen, der von oben beleuchtet wird: Hier sollen sie ihre Ausdrucksmöglichkeiten mit Fingern und Händen erproben. Unter Andreas Anleitung formen sie ihre Finger zu Tierfiguren und Rechtecken oder Herzen, Handflächen werden zu schwingenden Flügeln, die sich als Schattenspiele auf dem Tisch zeigen und sich untereinan­der berühren. Erste Kontakte der sich fremden Teilnehmer werden so geknüpft, und nach diesen »Lockerungsübungen« geht es weiter zur »Galerie der Gesichter«, wo Bilder mit Nina Hagens Schmollmund oder Oliver Kahns zornigem Blick auf einer großen runden Leinwand zu sehen sind. Mimik und Ausdruck sind gefragt, um Gefühle wie Freude, Wut oder Schreck nonverbal zu zeigen. Die Stirn in Falten legen, die Augen aufreißen und lächeln – der Blick in die Runde zeigt: Es funktioniert, und man versteht sich auch ganz ohne Worte.

 

Nach dem Training für Gesicht und Hände folgt schließlich ganzer Körpereinsatz. Im »Forum der Figuren« geht es um Spiel und Pantomime – und eine gute Portion Selbstbewusstsein. Hier werden komplexe kleine Sätze in Körpersprache »übersetzt«. Wer sich traut, tritt vor die Gruppe und spielt, was ihm Andrea auf einer Karte zuvor zu lesen gab, beispielsweise »die Vase ist zerbrochen« oder »das Baby weint«. Das erfordert nicht nur schauspielerisches Talent, sondern auch Mut und macht deutlich: Als Museumsbesucher hat man die Wahl, ob man vor der Gruppe gestenreich Begriffe erklären möchte. Gehörlose haben diese Wahl häufig nicht. Wollen sie kommunizieren, bleibt ihnen nichts anderes übrig, als sich auch auf diese Weise mit Nachdruck verständlich zu machen.

 

Auf Teamgeist schließlich setzt das »Spiel der Zeichen«, bei dem zwei gegnerische Teams um richtige Lösungen bei einem Memoryspiel ringen – natürlich nonverbal. Kurz vor Ende des Rundgangs funktioniert das schon ganz gut, und die gelernten Gesten und Zeichen werden nun in der »Spür-Bar« weiter erprobt. Einfache Wörter und kurze Sätze wie »Ja« und »Nein« oder »Ich heiße...« hängen hier in Gebärdensprache auf Tafeln an den Wänden und helfen den Teilnehmern, den nonverbalen Dialog zu üben. Aber auch »Einkaufshilfen« gibt es, beispielsweise für den Kauf einer Tüte Gummibärchen, von Schokoriegeln oder Softgetränken.

 

Augen, Mimik und Körpersprache sind die tragenden Säulen der Kommunikation, nur etwa 30 Prozent des Gesprochenen lesen Gehörlose über die Lippen ihres Gegenübers ab. »Rund 40 000 Wörter können ›gebärdet‹ werden«, weiß Dolmetscher Stefan, der nach dem Rundgang die Fragen der Besucher an Andrea in Gebärdensprache übersetzt. Wie in jeder anderen Sprache kämen auch hier ständig neue Begriffe dazu, beispielsweise für neue Medien wie »Facebook«. Sogar Dialekte machten vor der Gebärdensprache nicht Halt.

»Dialog im Stillen« ist eine stark interaktiv und auf Sinneserfahrung ausgelegte Ausstellung. Sie gestattet nicht nur einen beeindruckenden Blick in eine ungewohnte Welt ohne Worte. Der Besucher verändert seinen Blick auf die Welt, nimmt eine andere Perspektive ein und schult Aufmerksamkeit und Wahrnehmung. Zumindest vorübergehend hetzt er nach der Ausstellung etwas weniger achtlos durch den Alltag und weiß sogar beim Aussteigen aus der S-Bahn, wer in der letzten halben Stunde neben ihm gesessen hat. /

Die Ausstellung »Dialog im Stillen« wurde wegen großer Nachfrage jetzt bis zum 24. Juli 2011 verlängert: Museum für Kommunikation Frankfurt, Schaumainkai 53, 60596 Frankfurt am Main. Telefon: 069 6060-0, www.museumsstiftung.de

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