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Medikationsplan

»Am Selbstbild muss sich etwas ändern«

17.02.2016  09:34 Uhr

Von Cornelia Dölger, Bonn / Die Apotheker sind verärgert. Sie fühlen sich in das E-Health-Gesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, nicht ausreichend eingebunden. Entsprechend hitzig diskutierten sie beim Zukunftskongress des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) am vergangenen Wochenende in Bonn.

Kern der Auseinandersetzung zwischen Vertretern der Ärzte und der Apothekerschaft war die Rolle des Apothekers beim Medikationsmanagement. »Das E-Health-Gesetz ist nicht so, wie wir es uns gewünscht haben«, sagte der AVNR-Vorstandsvorsitzende Thomas Preis bei der Podiumsdiskussion. Diese stand unter dem Titel »Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung vor Ort: Wo stehen wir und was ist zu tun«.

Preis plädierte für eine stärkere Einbindung der Apotheker in das Medikationsmanagement. Darüber hinaus kritisierte er scharf, dass die Apotheker die von Ärzten erstellten Medikationspläne zwar gegebenenfalls ergänzen müssten, dafür aber nicht honoriert würden.

 

Mehr Verantwortung

 

Er forderte die Politik auf, den Apothekern mehr Verantwortung zu übertragen. Das könnte aus seiner Sicht auch die Ärzte entlasten. Dem Gesetz zufolge ist bislang ausschließlich der Arzt berechtigt, einen entsprechenden Plan zu erstellen. Falls der Patient es wünscht, darf der Apotheker den Plan jedoch aktualisieren.

 

Viele Ärzte lehnen eine größere Beteiligung der Apotheker am Medikationsmanagement ab. Das machte Peter Potthoff, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, deutlich. Der dafür erforderlichen Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern fehle es an Struktur.

 

Potthoff betonte: »Wir können uns gegenseitig konsultieren, doch die Arbeit am Patienten muss der Arzt machen.« Letztlich wisse nur der Arzt, welche Arzneimittel ein Patient tatsächlich eingenommen hat, stellte er unter Protesten aus dem Plenum fest.

 

Für eine intensivere Kommunikation zwischen Ärzten und Apothekern warb der Patientenbeauftragte der NRW-Landesregierung, Dirk Meyer. »Apotheker wissen oft Details, die in der ärztlichen Praxis nicht bekannt sind«, sagte er und widersprach damit seinem Vorredner.

 

Zudem verhielten sich die Patienten im Umgang mit Arzneimitteln oft ambivalent und »teils unvernünftig«. Es sei daher erforderlich, ein Kommunikationsnetz zu knüpfen, das dies auffangen könne.

 

Aus Meyers Sicht muss sich auch am Selbstbild der Apotheker etwas ändern. Sie sollten in der alltäglichen Praxis ihre Beratungskompetenz deutlich stärker hervorheben, regte er an. Hier sei Eigeninitiative nötig. »Es nützt nichts, darauf zu warten, dass sich Gesetze ändern.«

 

Ähnlich hatte zuvor der Gesundheitsökonom Professor Gerd Glaeske von der Universität Bremen argumentiert. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr junge Pharmazeuten statt in der Apotheke lieber in wissenschaftlichen Institutionen oder in der Industrie arbeiten wollen, forderte er ein Umdenken. »Wir müssen das Heilberufliche wieder stärker in den Fokus rücken.«

 

Enttäuschender Alltag

 

Mehr als 30 Prozent der Pharmazieabsolventen kehrten der Offizin den Rücken, weil sie vom Berufsalltag enttäuscht seien und das im Studium Erlernte in der Praxis kaum umsetzen könnten. Zu oft stehe der Verkauf im Vordergrund, bemängelte Glaeske.

 

Er drängte darauf, die Probleme der Nachwuchskräfte häufiger und nachhaltiger öffentlich zu diskutieren. Der Mangel an Fachkräften sei besorgniserregend, da inzwischen mehr als die Hälfte der Apothekenleiter in Nordrhein älter als 50 Jahre sei, warnte er. /

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